In Gedanken bei Freunden in New Orleans

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Gerhard "Doggy" Hund (l.) spielte mit seiner Maryland-Jazz-Band in New Orleans.

Gerhard "Doggy" Hund (l.) spielte mit seiner Maryland-Jazz-Band in New Orleans.

Um Unterstützung für die Musikerfreunde in New Orleans kümmern sich der Horremer Gerhard „Doggy“ Hund und seine Bandkollegen.

Kerpen-Horrem - Gedankenverloren sitzt Gerhard Hund an seinem Computer. Der 62-Jährige klickt ein digitales Foto nach dem anderen an, um es zu vergrößern. Für einen Moment gerät er ins Schwärmen: „Hier diese Straße, das ist die Bourbon Street. Ich liebe es, morgens durch diese Straße zu laufen, wenn die Menschen das Pflaster mit Wasser abspritzen. Jeden Abend verwandelt sich diese Straße in einen Sündenpfuhl. Leicht bekleidete Frauen stehen auf den Balkons und rufen, man solle ihnen etwas hochwerfen. . .“

Dann verstummt der Horremer. Sein Blick wandert zu dem kleinen Fernseher über seinem Schreibtisch. Ein amerikanischer Nachrichtensender berichtet gerade wieder über die Hurrikan-Katastrophe in New Orleans und die dramatischen Folgen. Hunds Augen verengen sich, dann schüttelt er traurig den Kopf: „Die Bourbon Street, überhaupt das French Quarter, die ganze Stadt: Alles steht metertief unter Wasser. Und all die armen Menschen, die auf Hilfe warten, die alles verloren haben.“ Gerhard Hund will den amerikanischen Hurrikan-Opfern helfen, vor allem den Musikern der Stadt, die er so schätzt. Den Schulleiter der Grundschule in Kerpen-Sindorf verbindet viel mit der Mississippi- Metropole. Seit 1979 fährt er regelmäßig nach New Orleans. Seine Vorliebe für Jazz und Dixieland-Musik hat den begeisterten Posaunenspieler damals dorthin getrieben, zur „Wiege des Jazz'“. Seit dem ist Hund, genannt „Doggy“, und auch die Mitglieder und Freunde der „Maryland Jazzband of Cologne“ regelmäßig in der Stadt. Die deutschen Musiker, sie sind Ehrenbürger von New Orleans, haben Kontakt zu vielen Musikern der Szene, vielfach bekannte Jazz-Größen. Sie besuchen sich gegenseitig, spielen zusammen. Erst Ostern war Hund dort, bereits zum 27. Mal. Um jetzt den Musikern zu helfen, will er mit der „Maryland Jazz Band of Cologne“ bei der baldigen Tournee Geld sammeln. „New Orleans ist doch meine zweite Heimat, und die Menschen dort meine Freunde. Ich könnte heulen, wenn ich dieses Leid sehe, das momentan herrscht.“ Hund gehen die Bilder, die er seit Tagen im Fernsehen sieht, nicht aus dem Kopf. In Straßen, auf Gebäudetreppen, in Gebäuden, wo er selber so häufig war, hat er verzweifelte Menschen gesehen, sogar Leichen.

Und der Kerpener macht sich vor allem Sorgen um seine Musikerfreunde. Er hat schon versucht in New Orleans anzurufen, aber die Telefone sind tot. Per E-Mail aber erreichten ihn jetzt Neuigkeiten. „Doggy, ich habe nur noch eine Klarinette, ein Saxophon und einen schwarzen Anzug, aber ich werde wieder arbeiten können“, übersetzt er die Mail des Musikers Evan Christopher. Ein anderer Freund hat sich ebenfalls gemeldet, Craig Klein: Seine Familie konnte die Stadt vor dem Hurrikan verlassen, aber sein Haus stehe mehr als sechs Meter unter Wasser. Bei einem weiteren Satz atmet Gerhard Hund auf. In der Mail steht, dass es einem anderen Freund, Lucian Barbarin, gut gehe. Hund hatte von dem Posaunist und fünffachem Vater nichts gehört und sich große Sorgen gemacht. Vergangene Ostern hat Hund mit Barbarin zusammen in der Preservation Hall in New Orleans gespielt - ein windschiefes Steinhaus, ausgekleidet mit Holzwänden und urigen Bildern, in dem legendäre Jazz-Formationen auftreten. „Und auch das ist jetzt völlig überflutet.“ Neben der Trauer um die Menschen und um „sein“ geliebtes New Orleans äußert Gerhard „Doggy“ Hund aber auch Zuversicht. „Ich bin sicher, dass die Stadt bald wieder aufgebaut sein wird. Die Menschen werden es schaffen.“

Zuversichtlich ist Hund jetzt auch, dass sein Freund Lucien Barabrin bald bei ihm in Kerpen sein wird. Die E-Mail hat ihm Mut gemacht. Der amerikanische Posaunist ist auch fest eingeplant bei der Tournee der „Maryland Jazz Band of Cologne“. Alle zehn Konzerte während der Tour will Barbarin mitspielen. Und bei jedem Auftritt werden Spenden gesammelt, die dem Fonds der Preservation Hall zukommen: von Musiker für Musiker.

Die Tournee der Jazzband startet am 22. September in Duisburg. Im Rhein-Erft-Kreis treten Gerhard Hund und seine Freunde an drei Tagen während des Jazz-Weekends in Kerpen auf (23. bis 25. September). Und am Mittwoch, 28. September sind die Jazzer ab 20 Uhr beim Jazzkonzert in Schloss Gracht in Erftstadt-Liblar zu sehen.

 www.marylandjazzband.de

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