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Tourismus22 Millionen Menschen besuchen jährlich NRW – wir zeigen wo sie hinfahren

Lesezeit 4 Minuten

Köln – Es sind Herbstferien in Nordrhein-Westfalen (NRW). Viele nutzen die Zeit, um dem Schmuddelwetter zu entfliehen und fahren Richtung Süden in den Urlaub. Doch es zieht nicht alle in weite Ferne. Denn NRW ist selbst ein beliebtes Reiseziel.

Über 22 Millionen Gäste reisten 2016 in das Bundesland, zwei Prozent mehr als im Jahr davor. Rund 17 Millionen davon kommen aus Deutschland, mehr als eine Million reisen aus den Niederlanden an und am dritthäufigsten besuchen die Briten NRW (knapp 425.000).

Das Datenjournalismus-Team des „Kölner Stadt-Anzeiger“ hat sich die Beherbergungsstatistik des Tourismusverbandes NRW genau angeschaut. Wer ist wann wohin gefahren und wie lange geblieben? Auf der Suche nach interessanten Fakten und Geschichten hat unser Team den unübersichtlichen Zahlenwust durchforstet, um die Daten auf unserer Internetseite in interaktiven Karten zu erklären. Als Leser können Sie auf Entdeckungstour gehen und jede einzelne NRW-Kommune selber unter die Lupe zu nehmen. Ähnlich gearbeitet haben wir beispielsweise auch schon mit den Ergebnissen der 800 Kölner Stimmbezirke zur Bundestagswahl 2017 oder mit den über eine Million jährlichen Parkknöllchen in Köln.

Große Städte und Ski-Region sind beliebte Ziele

Was den Tourismus in NRW betrifft: Die meisten Gäste zieht es in die großen Städte. Spitzenreiter ist Köln mit mehr als drei Millionen Besuchern und über 14 Millionen Übernachtungen. Doch auch das Sauerland erfreut sich großer Beliebtheit: Der Ski-Ort Winterberg verzeichnet rund 365.000 Ankünfte und mehr als eine Millionen Übernachtungen.

Fünf besondere Zahlen

Mit mehr als 3 Millionen

Gästen ist Köln beliebtestes Ziel in NRW.

Um 600 Prozent

stieg die Zahl der Übernachtungen in Bedburg.

Mit knapp 16 Tagen

erreicht Löhne die höchste Übernachtungsdauer deutscher und ausländischer Gäste zusammen.

Fast 30 Tage

bleiben ausländische Gäste in Wülfrath - im Durchschnitt am längsten.

Um 38,8 Prozent

gingen in Finnentrop im Sauerland die Gästezahlen im Jahr 2016 zurück – größter Rückgang in NRW.

So manchen Gast verschlägt es auch in touristisch eher unbekanntere Gegenden. In Bedburg zum Beispiel stieg die Zahl der Ankünfte im Vergleich zum Vorjahr um 155 Prozent auf 2106, Übernachtungen nahmen um mehr als 600 Prozent zu. Mit 6,3 Tagen blieben die Gäste dort auch deutlich länger, als der NRW-Durchschnitt. Aber warum? Gabi Leibel vom Fremdenverkehrsamt in Bedburg hat dafür eine einfache Erklärung. 2016 sei im Industriegebiet ein neues Hotel für Lkw-Fahrer und Gastarbeiter eröffnet worden. „Das hat einen enormen Boom an ausländischen Gästen verursacht.“ Es sind also nicht immer nur Urlauber, die in der Statistik erfasst werden. „Der Reisegrund wird amtlich leider nicht abgefragt“, sagt Christian Stühring vom Tourismusverband NRW. Dennoch können einige Vermutungen zu den Zahlen angestellt werden.

So fällt zum Beispiel der Wert für die durchschnittliche Aufenthaltsdauer ausländischer Gäste im niederbergischen Wülfrath auf. Insgesamt verzeichnet die Stadt nur 94 Ankünfte ausländischer Gäste. Im Durchschnitt bleiben sie allerdings fast 30 Tage. Zum Vergleich: Im gesamten Bundesland bleiben ausländische Gäste durchschnittlich 2,1 Tage. Anja Haas ist in Wülfrath für den Tourismus zuständig. Sie kann sich die hohe Zahl nur durch Monteure erklären. „Wir haben hier einige Ferienwohnungen, die regelmäßig belegt sind“, sagt sie. Wülfrath habe zwar auch schöne Rad- und Wanderwege, doch 30 Tage blieben Ausflügler sicher nicht in der Stadt.

Längste Übernachtungszeit in Löhne

Die Gemeinden Bönen (Kreis Unna), Enger (Kreis Herford), Schalksmühle (Märkischer Kreis), Titz und Vettweiß (beide Kreis Düren) haben laut Statistik überhaupt keine Gäste. Christian Stühring vom Tourismusverband glaubt, dass dies vermutlich daran liegt, dass es dort keine meldepflichtigen Beherbergungsbetriebe gibt. Denn nur diese werden erfasst. „Zu den meldepflichtigen Betrieben gehören alle Hotels, Ferienwohnungen, Campingplätze und Gaststätten, aber auch Reha-Kliniken und Schulungszentren“, erklärt Stühring. Sie müssen monatlich angeben, wie viele Gäste und Übernachtungen es gab, woher die Reisenden gekommen und wie lange sie geblieben sind. Kleinere Ferienwohnungen und private Unterkünfte wie Airbnb-Mitglieder werden dadurch nicht in der NRW-Statistik erfasst. Zudem dürfen die Zahlen von Gemeinden mit weniger als drei Betrieben nicht veröffentlicht werden, weil sonst jeder Rückschlüsse auf die einzelnen Unternehmen ziehen könnte.

Die höchste Übernachtungsdauer deutscher und ausländischer Gäste erreicht Löhne mit knapp 16 Tagen. Claudia Heitkamp sieht den Grund dafür in der Randlage der Kleinstadt zum Kurort Bad Oeynhausen. „Die Orte gehen sozusagen räumlich ineinander über und wir haben auch noch einige Kliniken auf Löhner Stadtgebiet“, sagt die städtische Pressesprecherin. Am kürzesten halten sich Gäste dagegen in Weeze auf: Durchschnittlich bleiben sie dort nur 1,3 Tage. Und den größten Rückgang an Gästen verzeichnete das im Sauerland liegende Finnentrop. Die Zahlen sanken um 38,8 Prozent. Der Grund dafür ist profan: Eine Jugendherberge wurde geschlossen und zu einer Flüchtlingsunterkunft umfunktioniert.

Insgesamt feierte NRW 2016 den siebten Rekordwert für Gäste-Ankünfte hintereinander und liegt damit deutschlandweit auf Platz zwei. Lediglich Bayern konnte mehr Ankünfte verzeichnen. Auch bei den Übernachtungszahlen legte Nordrhein-Westfalen weiter zu, nur Bayern und Baden-Württemberg waren erfolgreicher.

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