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Interview mit Roland Emmerich„Eine Moschee war uns doch zu riskant“

Lesezeit 5 Minuten
Nichts für Menschen mit Flugangst - Himmelfahrtskommando in Roland Emmerichs unterhaltsamem Schocker „2012“. (Bild: Verleih)

Nichts für Menschen mit Flugangst - Himmelfahrtskommando in Roland Emmerichs unterhaltsamem Schocker „2012“. (Bild: Verleih)

Herr Emmerich, wo werden Sie am 21. Dezember 2012, dem Tag des von den Mayas vor 2700 Jahren berechneten Weltendes, sein?

ROLAND EMMERICH: Wenn das wirklich passiert, werde ich mich bestimmt nicht so verhalten wie der von John Cusack verkörperte Jackson Curtis, der so mutig dagegen anhält. Ich würde versuchen, mit meiner Familie und meinen Freunden zusammen zu sein, so dass wir wenigstens zusammen untergehen.

Aber das Ende wird anders sein, als in ihrem Film?

Alles zum Thema Angela Merkel

Oh, ja, absolut. Wenn es zum Ende kommen sollte, wird es wohl ein Szenario sein wie bei „The Day After Tomorrow“. Oder irgendein Verrückter wirft eine Atombombe ab. Manchmal denke ich: Ist es nicht jetzt schon zu spät? Ich habe drei Katastrophenfilme gemacht, wobei nur zwei reine Katastrophenfilme sind. „Independence Day“ war ja eher ein Kampf gut gegen böse. Wer ist Noah und wer ist Gott dieser Tage? Gott ist auch die Natur. Zuerst dachten wir an Noah als Bill-Gates-Figur. Doch dann war die logische Schlussforderung: Es müssen die Regierungen der Welt sein. Wir fanden den Gedanken interessant, wenn Noah eine ganze Gruppe von Menschen ist. Politiker entscheiden über alles. Der Rest, zu dem ich gehöre, wird nicht gefragt, wenn es darum geht, wer ausgewählt wird, auf einer Arche zu überleben.

Schließt sich also mit „2012“ nun der Kreis, der 1984 mit Ihrem Debüt-Spielfilm „Das Arche-Noah-Prinzip“ begonnen hat?

Ja, richtig. Ich habe die Rettungsschiffe, welche die Flutkatastrophe überdauern sollen, bewusst „Archen“ genannt.

In „2012“ gibt es viele Anspielungen auf reale Politiker: Der US-Präsident ist farbig. Auch ein Arnold Schwarzenegger-Verschnitt geistert durch die Szenerie. Warum hat er eigentlich nicht selbst mitgespielt?

Wir wollten ihn fragen, haben uns aber nicht getraut.

Das glaube ich nicht.

Doch. Wenn du jemand fragst und er sagt nein, dann ist es mehr oder weniger gegessen. Wenn man aber jemand benützt, der nicht Arnold Schwarzenegger ist, sondern nur einem, der ihm sehr ähnlich aussieht und sehr ähnlich wie er redet, kannst du dir das erlauben. Schwarzenegger und seine Familie haben den Film gestern gesehen. Ich kenne noch nicht ihre Reaktion.

Bei all den Katastrophen streuen sie immer kleine Späße ein. Angela Merkel wird so dargestellt, als ob sie zunächst keine Meinung hat und sich dann später erst der Meinung der anderen Staatsoberhäupter anschließt. War das Absicht?

Wir haben uns gefragt: Welche Politiker, wollen wir featuren? Beim italienischen Premierminister haben wir uns bewusst gegen Berlusconi entschieden. Der würde es gar nicht abwarten, was die anderen Staatsoberhäupter mitentscheiden, sondern der wäre garantiert in seinem eigenen Jet schon unterwegs zur Station der Rettungsschiffe in China. Auf der einen Seite will man als Filmemacher Anleihen machen, auf der anderen Seite aber auch nicht zu sehr. Es gab eine Szene, bei der die ganzen „look-alikes“ über die Brücke zu den Archen gehen, doch dann haben wir es bei der Queen belassen. Zu Frau Merkel: Ich kenne sie nicht persönlich. Ich muss auch sagen, ich verfolge in den USA nicht unbedingt die deutsche Politik. Ich habe zwar noch einen deutschen Pass, doch nun will ich nach 20 Jahren in Amerika einen amerikanischen Pass haben. Einfach um dort mitzureden. In Deutschland werde ich nicht mehr mitwählen, ich bin da nicht genug hier.

Wie häufig sind Sie noch da?

Unabhängig von Premieren und Promotion vielleicht zwei, drei Tage im Jahr bei meiner Mutter zu Weihnachten.

Warum delektiert sich Ihrer Meinung nach das Publikum so an Untergangsfilmen?

Es hat verschiedene Gründe. Jeder weiß, was Desaster sind. Zweitens haben aber die meisten zum Glück ein Desaster noch nicht gesehen. Warum wohl war 9 / 11 so ein unglaublich großer dramatischer Moment? Man konnte zum ersten Mal live verfolgen wie ein Desaster anfängt. Das erzählt ein bisschen, was die Faszination von solchen Filmen ist. Und im Film kann man es noch genauer sehen. Und man hat auch noch die Geschichten von den Menschen, die dieses Desaster erleben. Das sind nicht irgendwelche Leute mit spezialen Fähigkeiten, das sind ganz normale Menschen wie du und ich, die auch Fehler haben. Doch im Angesicht von Desastern kann man auch das Gefühl von Einigkeit untereinander erkennen. Nach dem Motto: „We all have the same problem!“

Es gehen in dem Film ziemlich viele Symbolbauten kaputt, nationale wie internationale. Die Ka'bah in Mekka wird auch kurz gezeigt, aber sie wird nicht atomisiert. War das zu riskant?

Ja. Wir hatten auch eine Szene im Hintergrund, bei der Leute vor einer Moschee nach Mekka beten. Und dann kommt die Welle. Es war uns doch zu riskant. Das ist es auch nicht wert für einen Unterhaltungsfilm. So beließen wir es bei der Szene in Rom, wo der Vatikan von der Flutwelle ergriffen wird. Auf der anderen Seite muss ich sagen, das ist der Zustand unserer heutigen Welt. Da gibt es ein paar fanatische Moslems, die schaffen es, dass man als westlicher Mensch irgendetwas nicht zeigen kann, was für uns natürlich ist. Jeder versteht es im Westen, dass wenn die Christusstatue in Rio zusammenfällt, es durch ein Erdbeben verursacht wird und nicht wegen einem Mangel des Glaubens.

Würden Sie etwas bewusst politisch Unkorrektes inszenieren?

Man muss immer sagen, das ist ein Hollywood-Unterhaltungsfilm, der für 200 Millionen Dollar gedreht wird von einer Firma, die weltweit Filme verleiht. Wer was Politisches machen will, muss man was Kleines machen.

Das Gespräch führte Marc Hairapetian

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