JunkermühleHoffnung für die bröckelnde Romantik

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Kürten – Ein Spaziergang im Garten ist bei den meisten schnell erledigt: vorbei an Blumenbeeten, der Grillstelle und vielleicht noch am Gartenteich; und die Tour ist beendet. Bei Harald Führer lauten die Stationen: Junkerburg, alter Hohlweg, Pulverbunker und Wegekreuz - und auch die Zeit für den Rundgang sollte etwas großzügiger bemessen sein.

Auf mehreren Hektar Grund und Boden oberhalb der Junkermühle findet man Relikte vergangener Zeiten. Die möchte Führer, der wenige Meter unterhalb in einer malerischen Villa aus dem Jahr 1889 wohnt, nicht nur erhalten und vor weiterem Verfall bewahren, sondern auch der Öffentlichkeit zugänglich machen.

Gemeinsam mit der Gemeinde und einigen Experten will er ein Konzept entwickeln, um das Gelände für Besucher interessant zu machen. Dabei könnte die Regionale 2010 wichtige Hilfestellung leisten. Die Pläne zur Junkermühle sollen eingebunden werden in das Großprojekt der Dhünnhochfläche.

Obwohl nicht unmittelbar an der Dhünn, sondern an der Kürtener Sülz gelegen, ist das Gebiet durch die Große Sülzüberleitung mit der Dhünntalsperre verbunden. „Hier, an einem der ältesten Siedlungsplätze im Gemeindegebiet, kann exemplarisch die Bedeutung des Wassers und die frühe Nutzung der Wasserkraft im Bergischen gezeigt werden“, meint Ludger Breick vom Planungsamt der Gemeinde. Das Einvernehmen der Eigentümer vorausgesetzt, sei die Anlage eines Rundweges mit Infotafeln denkbar, die über Entstehung und kulturgeschichtliche Bedeutung der Zeugnisse Aufschluss geben könnten, die einem hier auf Schritt und Tritt begegnen.

Nahe der Landstraße in Richtung Wipperfürth steht gegenüber der alten Bürgermeisterei von 1810 die Junkermühle, die der Ortslage ihren Namen gegeben hat. Hier wurde wohl schon um das Jahr 1000, urkundlich erwähnt aber erst ab 1565, das von der Sülz abgeleitete Wasser des Mühlenteichs zum Mahlen genutzt, wobei sich das Ausgangsmaterial mehrfach änderte: Die Junkermühle war mal Getreide, mal Knochen- und auch Pulvermühle. Von der Produktion letzterer zeugt der alte Pulverbunker, den man aus gutem Grund abseits im Wald baute: Bei einer möglichen Explosion sollten nicht Haus und Hof in die Luft fliegen.

Unweit des alten Hohlweges, über den früher Kutschen und Karren in Richtung Olpe rumpelten, steht ein Wegekreuz von 1813. Auf einer Anhöhe, einem Bergsporn über der Kürtener Sülz, erhob sich einst die Junkerburg, eine Burg, die Anfang des 19. Jahrhunderts abgebrochen wurde und heute ein eingetragenes Bodendenkmal ist. „Steine des alten Gemäuers haben meine Vorfahren benutzt, um 1889 die Villa der Familie Breidenbach zu bauen“, erzählt Führer, der sich als Eigentümer großer Teile des Areals an der Junkermühle mit der Geschichte der Gegend und seiner damit eng verknüpften Familiengeschichte beschäftigt hat. Nördlich der Junkerburg erstreckte sich einst die Vorburg, Reste vom Gewölbekeller und vom Brunnen sind noch erhalten.

Rund 50 000 Euro soll es kosten, das Gelände mit seinen „Bodenschätzen“ durch einen historischen Rundgang zu erschließen. „Wir haben die Hoffnung, dass wir 90 Prozent über Fördermittel bekommen, für die restlichen zehn Prozent suchen wir Sponsoren“, sagt Breick.

Dass man Unterstützer findet, hofft auch Harald Führer, der mit ganzem Herz an dieser Gegend hängt. Er wohnt in der Villa, die sein Urgroßvater, der Pulverfabrikant Constantin Breidenbach, errichten ließ. „Das Gebäude ist schön“, schwärmt er, um gleich hinzuzusetzen: „aber unwirtschaftlich“. Und das gelte auch für den geschichtsträchtigen Boden ringsherum, erklärt der Kürtener.

In heutiger Zeit könne man als Privatperson ein historisches Erbe, das auf mehreren Hektar verstreut sei, kaum noch erhalten. Wenn das Wegekreuz bröckelt und für mehrere tausend Euro restauriert werden müsse, der Pulverbunker oder die großen Steinquader der Vorburg ein schützendes Dach benötigten, dann überfordere das einen Einzelnen. Gleichzeitig wäre der Verfall der kulturgeschichtlichen Zeugnisse an der Junkermühle, die so viele Jahrhunderte überdauert haben, nicht nur bitter für alle historisch Interessierten, sondern ein Verlust für die ganze Gemeinde.

Der Preis für die Rettung der geschichtlichen Zeugnisse sei die Öffnung des Areals, glaubt Führer, der auch eine Fläche für einen Parkplatz zur Verfügung stellen würde. „Wenn man es erhalten will, muss man Öffentlichkeit zulassen“, sagt er und ahnt, dass es dagegen auch Vorbehalte geben könnte: „Aber wir wollen hier ja schließlich keinen Freizeitpark errichten, sondern einen gewachsenen, kulturgeschichtlichen Raum zeigen.“ Dafür sei die Regionale ein Glücksfall.

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