„Airpaq” in NeuehrenfeldWie aus der Bäckerei am Lenauplatz ein Rucksack-Laden wurde

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Adrian Goosses (l.) und Michael Widmann in ihrem neuen Laden in Neuehrenfeld

Adrian Goosses (l.) und Michael Widmann in ihrem neuen Laden in Neuehrenfeld

  • Adrian Gosses und Michael Widmann aus Köln haben die Firma Airpaq gegründet.
  • Sie produzieren Rucksäcke aus Abfall der Auto-Industrie. Geld für das Start-up brachte eine Crowdfunding-Kampagne.
  • Wir haben sie in ihrem neuen Laden besucht.

Neuehrenfeld – Nicht nur die Produktidee zählt für ein erfolgreiches Startup, das zugehörige Vermarktungskonzept ist mindestens genauso wichtig. Und darin sind Adrian Goosses und Michael Widmann als Absolventen des Strategic Entrepreneurship-Studienganges an der Rotterdamer Managementschule bestens ausgebildet.

Mit ihrem „Airpaq“-Konzept haben sie schon eine Menge erreicht. Kürzlich erhielt die pfiffige Idee, Airbags aus Schrottfahrzeugen zusammen mit ausgedienten Sicherheitsgurten zu Rucksäcken und Taschen zu verarbeiten, die Auszeichnung zum „Produkt des Jahres“ des Verbands der Papier-, Büro- und Schreibwarenbranche.

Das vielbeachtete Produkt hat einen eigenen „Showroom“ verdient. Den richteten die beiden Jungunternehmer zwar in einer ehemaligen Bäckerei in Neuehrenfeld ein, aber „kleine Brötchen“ wollen sie ganz und gar nicht backen. „Es läuft schon ganz gut, wir können von der Idee leben, wollen aber weiter durchstarten“, sagt Adrian Goosses. Dabei soll die Lage des neuen Ladenlokals inmitten eines Stadtteils mit aufgeschlossener, interessierter Käuferschicht helfen.

Showroom am Lenauplatz

In der Iltisstraße, direkt am Lenauplatz gelegen, werden Rucksäcke und Taschen präsentiert und auch verkauft. Die Produkte sind inzwischen aber auch bei mittlerweile mehr als 100 weiteren Händlern zu haben. Von Neuehrenfeld aus soll das Geschäft weiter ausgebaut werden. Die Geschichte des Startups „Airpaq“ begann 2015 in Rotterdam, berichten beide auf ihrer Homepage.

Der Zufall, der beide in einer Wohngemeinschaft zusammenbrachte, die Geschäftsidee, die betagte Singer-Nähmaschine, auf der die ersten Prototypen genäht wurden, markieren die Anfänge. Eine Crowdfunding-Kampagne brachte schließlich das Startkapital zur Unternehmensgründung ein. So entstand eine Produktlinie, die dem Träger ein Gefühl vermittelt, nachhaltig eingekauft zu haben. Zum einen, weil der überwiegende Teil des verwendeten Materials upgecycelt, also wiederverwertet ist.

Jedes Stück ein Unikat

Zum anderen, weil ein überaus langlebiges Produkt erworben wurde. Ein Airbag und Sicherheitsgurte müssen schließlich extreme Belastungen aushalten können. Da liegt es auf der Hand, dass der „etwas andere Rucksack“ ebenfalls ziemlich strapazierfähig ist. Und ein Unikat ist jeder ohnehin, weil der zuvor als Airbag verwendete Polyamidstoff minimale Abnutzungsspuren aufweist. Gefertigt wird übrigens innerhalb der Europäischen Union in Rumänien. Und der Rohstoff-Nachschub scheint unerschöpflich zu sein: Er stammt teilweise von Schrottplätzen und teilweise aus der Ausschussware eines großen Herstellers automotiver Sicherheitssysteme.

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Der eigentliche Airbag-Stoff ist in der Regel weiß. Bevor daraus ein „Airpaq“ wird, kommt er ins Farbbad. Die Palette ist dabei überschaubar: Gelb, Rot, Schwarz, Blau und Grün. Für Rückenteil, und Träger wird Gurtmaterial verwendet. Ein durchdachtes Innenleben erlaubt die Mitnahme des Laptops, für den es ein separates Fach gibt. Und der Verschluss besteht aus einem Gurtschloss, was spätestens zu einem gewissen Wiedererkennungseffekt führt.

Bauchtasche ohne Gurtschloss

Ohne Gurtschloss, dafür mit Reißverschluss kommen der Turnbeutel und die Bauchtasche aus dem Hause Airpaq aus. Das Produkt und seine Macher fanden in der neuen Umgebung schon viel Interesse bei der Nachbarschaft, sowohl bei Gewerbetreibenden als auch bei Passanten. „Viele erkundigten sich natürlich nach der Bäckerei, die hier einmal war“, berichtet Adrian Goosses. Die ist aber Geschichte. Kaum noch etwas erinnert daran, dass hier jahrzehntelang Bienenstich, Streusel, Oberländerbrot und Dinkel-Vollkorn über die Ladentheke gingen.

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