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„Arsch huh“-MitbegründerKarl Heinz Pütz ist tot

Lesezeit 5 Minuten
Karl-Heinz Pütz starb im Alter von 58 Jahren in einem Ehrenfelder Krankenhaus.

Karl-Heinz Pütz starb im Alter von 58 Jahren in einem Ehrenfelder Krankenhaus.

Köln – Karl Heinz Pütz ist tot. Der Musikverleger, Produzent und Organisator der Musikerinitiative "Arsch huh" ist im Alter von 58 Jahren im Franziskus-Krankenhaus in Ehrenfeld gestorben. Geschwächt von den Folgen einer Krebserkrankung war der zweifache Familienvater zur Behandlung einer bakteriellen Infektion ins Krankenhaus gegangen. Dort hat sich sein Gesundheitszustand in den letzten Tagen immer weiter verschlechtert. Nach fünf Tagen im Koma starb er am Freitagabend.

„Arsch huh, Zäng ussenander“. Das Motto der Musikerinitiative sollte nicht nur eine knackige Überschrift für Konzerte mit kölscher Musik sein. Karl Heinz Pütz wollte sich einmischen, nicht nur einfach Flagge gegen Fremdenfeindlichkeit zeigen. Wer eine soziale Stadt will, darf nicht bei Projekten der Jugendhilfe oder im Sozialen sparen. Nächsten Samstag sollte im Bürgerhaus Stollwerck ein Symposium zur aktuellen Finanzpolitik der Stadt Köln stattfinden. Als der umtriebige Antreiber krank wurde, beschlossen seine Mitstreiter die Verlegung der Veranstalter in den Mai. Dass Karl Heinz Pütz nicht aus dem Krankenhaus zurückkehren könnte, hatte dabei kaum einer im Sinn.

„Ich bin richtig geschockt. Er war einer der besten Freunde, die ich in den vergangenen 25 Jahren hatte. Er hat die Gruppe Brings mit erfunden, und wir haben so viele Sachen zusammen gemacht. Zum ersten Mal in meinem Leben spüre ich, dass ich einen Menschen verloren habe, der mir ganz nahe war.“

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„Mit großer Betroffenheit habe ich vom Tod von Karl Heinz Pütz erfahren. Mit Karl Heinz Pütz verliert Köln einen Mann, der das Kulturleben der Stadt über viele Jahre geprägt hat wie wenige andere. Karl Heinz Pütz war ein Manager im besten Sinne des Wortes, jemand, der Dinge bewegt und Menschen zusammen gebracht hat – mit Leidenschaft und unter großem persönlichen Einsatz. Wir werden ihn vermissen.“

„Die Trauer ist groß. Ich kenne ihn, seit ich 16 bin, er war eine wichtige Persönlichkeit in der Stadt. Wie kein anderer hat er Kunst und Kultur mit Politik verbunden. Er hat aber auch den Musikstandort Köln bundesweit bekanntgemacht mit der Popkomm und „Arsch huh“ sowie den Clubstandort Köln mit dem Luxor für viele international bekannte Bands etabliert. Wir werden ihn vermissen.“

Im vergangenen Jahr war die Sorge größer. Der gelernte Kaufmann, Ex-Szenewirt und Musikverleger war an Krebs erkrankt. Pütz kämpfte, beschloss, sich nicht unter kriegen zu lassen. Er ging auch in den Wochen, wo er zur kräftezehrenden Bestrahlung musste, zur Arbeit. Und es galt, zum 20. Jahrestag des legendären Konzerts auf dem Chlodwigplatz eine Neuauflage von „Arsch huh, Zäng ussenander“ vorzubereiten. Selbst als Krebskranker drehte er noch einmal das ganz große Rad. Mancher hatte geunkt und gestänkert vor dem „Arsch huh“-Revival. Doch am 11. November sollte es Karl Heinz Pütz zusammen mit seinen Mitstreiter allen noch einmal zeigen: Fast 80.000 Menschen kamen zur Deutzer Werft, um gegen Fremdenfeindlichkeit, Ausgrenzung und das Auseinanderdriften der Stadt in Arm und Reich zu demonstrieren. Auf der Bühne standen hunderte Musiker, Schauspieler, Autoren und andere Künstler. Pütz hatte nicht nur das geschafft. Einen Tag zuvor postete er über Facebook: „Ich bin vorläufig krebsfrei. Hurra!“

Gegen alle Wände gelaufen

Pütz war ein Macher, ein Geschäftsmann und ein politisch links stehender Querkopf. Ein ehemaliger CDU-Parteichef hat ihn mal als „sozialistischen Gewinnmaximierer“ bezeichnet. Der so Angesprochene empfand das nicht als Beleidigung, sondern als „Ehrentitel“. Warum sollten Sozialisten nicht auch geschäftstüchtig sein und mit Geld umgehen können, fragte er. Er scheute weder Risiko noch Gegner, geschäftlich wie politisch. Mit 21 Jahren war er Wirt im „Chlodwig Eck“, mit 25 Besitzer des Musikclubs „Luxor“. Er gründete das Kölner Plattenlabel „Chlodwig Musik“, bei dem eine Zeit lang nicht nur Größen der Kölner Musikszene veröffentlichten. Richtig reich soll er mit dem Ringfest geworden sein, das mal als größtes Musikfest der Welt galt. Zuletzt arbeitete er als Verlagsleiter des Hörbuchlabels Random House Audio.

1999 zog Karl Heinz Pütz in den Rat der Stadt Köln ein – mit großen Zielen. „Wenn ich in die Politik einsteige, dann nicht, um auf den hinteren Bänken Platz zu nehmen“, sagte er den Journalisten und Wählern. Eine Boulevard Zeitung titelte: „Feten-König als SPD-Messias?“ Pütz als Oberbürgermeister? Das war für viele vorstellbar – doch seine Partei ließ ihn gegen alle Wände laufen, die sie damals – trotz tiefer Krise nach dem Skandal und Rücktritt ihres Spitzenmanns Klaus Heugel – Reformern in den Weg stellen konnte. Hinzu kamen seine Ungeduld, fehlendes diplomatisches Geschick im ausbalancierten Macht-Gefüge einer Ratsfraktion und kaum überbrückbare politische Differenzen zur Linie der damaligen SPD-Fraktion unter ihrem Chef Norbert Rüther. Pütz wollte zu schnell zu viel, seine Partei erschien ihm zu angepasst und zu brav. Entnervt gab er bereits 2001 sein Mandat wieder auf. Ein großer Teil seiner Energie sei hier einfach verpufft, stellte er hinterher fest.

„Im Ernstfall eher links eröm“

Pütz blieb politisch aktiv, nicht nur in der Musikerinitiative „Arsch huh“. Er engagierte sich am Runden Tisch für Integration, stritt für ein konsequentes Integrationskonzept der Stadt und war immer wieder mit Tatkraft und besten Beziehungen dabei, wenn es galt öffentlichkeitswirksam gegen Rechtsradikalismus und Fremdenfeindlichkeit mobil zu machen. Anfang Februar schloss er sich dem Protest gegen den teuren Museumsneubau für die Archäologische Zone am Rathaus an.

1200 Kilometer von Köln entfernt stemmte er zusammen mit Freunden ein weiteres eher sehr privates Projekt:  Auf einer kroatischen Insel  verwirklichten sie in Nerezine den Traum von einem eigenen kleinen Hotel am Meer. Im Oktober vergangenen Jahres war er zum letzten Mal an diesem schönen Ort, um sich von der Krebsbehandlung zu erholen. Dort schrieb er unter anderem seinen Aufsatz für das Buch zum „Arsch huh“-Konzert. Die Überschrift passt nicht nur zu seinem Text über „Kölner Volksmusik als Parteinahme für die kleinen Leute“: „Im Ernstfall eher links eröm“, ist sein Beitrag überschrieben. Seine letzter Wille ist, dass seine Asche hier in der Bucht vor Nerezine im Mittelmeer verstreut wird. Freunde und Bekannte wollen sich zuvor in einer Trauerfeier in Köln von ihm verabschieden.

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