Abo

Brings über Karneval und Krieg„Vielleicht sollten wir einen Strich drunter machen“

Lesezeit 2 Minuten
Stephan Brings Musiker

Stephan Brings

Köln – Am Mittwochnachmittag sah Stephan Brings den Karnevalstagen noch relativ gelassen entgegen: Die Pandemie, die Klimakatastrophe, die Kriegsgefahr in der Ukraine, es gebe so viele Katastrophen gerade, dass man vor Sorgen kaum noch weiterwisse. Vielleicht sei es da ganz gut, ein bisschen Karneval zu feiern, „um auf andere Gedanken zu kommen“. Die Band war ohnehin im Wartestand und musste vorläufig alle Veranstaltungen absagen: Gitarrist Harry Alfter und Schlagzeuger Christian Blüm haben Corona und können sich frühestens Ende der Woche freitesten.

„Karneval wird komplett überschattet vom Krieg“

Eine Nacht später haben Wladimir Putins Truppen verschiedene Städte in der Ukraine angegriffen, um die militärische Infrastruktur lahmzulegen – die Welt steht vor einem Krieg, dessen Ausmaße nicht zu erahnen sind. Vor Stephan Brings‘ Wohnung in Nippes fährt am Donnerstagmorgen der Wagen des Dreigestirns vorbei, auf der Straßen laufen verkleidete Jecken vorbei. Jedes Bild sei plötzlich grotesk. „Der Karneval wird jetzt komplett überschattet vom Krieg“, sagt der Mitgründer und Bassist der Band, „vielleicht sollte man jetzt unter den offiziellen Teil des Karnevals sofort einen Strich machen“.

Einen für Weiberfastnacht geplanten Auftritt in der WDR-Lokalzeit sagen die gesunden Mitglieder der Band ab. 

Er sei gespannt, was die Stadt und die Gesellschaften in den nächsten Stunden entscheiden würden: „Solange keine Zivilisten getötet werden, kann man Veranstaltungen aus meiner Sicht noch vertreten. Aber was ist, wenn eine Rakete in ein bewohntes Hochhaus einschlägt? Dann wäre für mich spätestens der Punkt erreicht, alles abzusagen. Und das kann ja jederzeit passieren.“

„In die Kölner Kneipe gehen nicht verwerflich“

Es sei wichtig, jetzt zwei Ebenen zu unterscheiden: „Zum einen sind da die Menschen, die vielleicht trotzdem in die Kneipe gehen wollen, ein paar Bier trinken, schunkeln, sich ablenken. Das finde ich absolut nicht verwerflich. Warum sollte sich jetzt jeder zu Hause einschließen und zittern?“ Das andere sei die offizielle Seite - die Stadt, die Gesellschaften, die Bands, die mit dem Karneval auch Geld verdienen und sich Mühe gegeben haben, der Corona-Lage entsprechend ein bisschen Normalität zurückkehren zu lassen: „Das ist ganz schwierig jetzt. Weil alle Bilder aus Köln jetzt auch wieder nach dem Motto interpretiert werden: Die blöden Kölner, die merken wieder gar nichts.“

Harry Alfter und Christian Blüm in Quarantäne

Er sei in gewisser Weise froh, dass der Band die Entscheidung wegen der Quarantäne von Harry Alfter und Christian Blüm abgenommen werde, sagt Stephan Brings. „Die Frage, ob man jetzt offiziell was stattfinden lässt oder nicht, ist total schwierig. Weil niemand weiß, was in den nächsten Stunden und Tagen passiert.“ 

KStA abonnieren