„Cölner Club“Einstiger Ruderverein hat den Sport schon vor vielen Jahren aufgegeben

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Im Vereinslokal in der Innenstadt: Vereinspräsident Helmut Westhelle

Köln – Helmut Westhelle führt durch die oberen beiden Etagen des Hauses an der Richartzstraße 12. Die Räume des „Cölner Clubs“, der hier zu Hause ist, sind gediegen und geschmackvoll eingerichtet. Historische Stadtansichten künden von ausgeprägtem Traditionsbewusstsein. Der Dom, der auf einer der alten Zeichnungen noch unvollendet ist, kann auf der Dachterrasse auch in natura bewundert werden: Von hier aus ist er fast zum Greifen nahe.

Helmut Westhelle ist Präsident des Cölner Clubs. Die Sportart, der der einstige „Cölner Ruder Club“ seine Gründung vor 150 Jahren zu verdanken hat, ist heute nur noch in Form eines hölzernen Riemens an der Wand präsent. Ansonsten bestimmen längst andere Aktivitäten die Zusammenkünfte der rund 100 Mitglieder.

„Crème der Gesellschaft“

Die Gründerväter fanden 1872 allerdings durch das Rudern zusammen, das geeignet war, ihrem Standesbewusstsein in angemessener Weise Ausdruck zu verleihen. Ludwig DuMont hatte den Rudersport in England kennengelernt und damit auch die Tradition englischer und hanseatischer Herrenclubs, die sportliche Betätigung und die Pflege eines niveauvollen Clublebens miteinander zu verbinden verstanden. Ludwig DuMont aus der Leitung des Verlags „M. DuMont Schauberg“ wurde Präsident des „Cölner Ruder Clubs“ und stand damit dem ersten Kölner Ruderverein überhaupt vor. Zu den Mitgründern zählten Unternehmer Julius F. Vorster, Bankier Wilhelm Deichmann und Kunstsammler Sulpiz Boisserée – in den Worten von Helmut Westhelle „die Crème der Gesellschaft“.

Bis heute ein Herrenclub

Vor allem Herren der aufstrebenden Wirtschaft im rechtsrheinischen protestantischen Herzogtum Berg legten sich in ihrer Freizeit in die Riemen. Frauen durften nicht Mitglied werden, was sich bis heute nicht geändert hat: „Wir sind nach wie vor ein Herrenclub“, so Helmut Westhelle. Einer, der neue Mitglieder sorgsam auswählt. „Wir achten darauf, wer vom Niveau passt“, sagt der 78-jährige Präsident und Unternehmer.

Beitrittskandidaten müssen durch Mitglieder vorgeschlagen werden und durchlaufen anschließend nach althergebrachtem Verfahren eine geheime Abstimmung. Ist die Hürde gemeistert, stehen Vorträge, Konzerte und gemeinsame Reisen auf dem Programm. Viele Mitglieder unterstützen zudem Museen, soziale Einrichtungen und Stiftungen. Gerudert wird schon seit den 1930er Jahren nicht mehr.

Aktives Vereinsleben

Die Mitwirkung an der Organisation der ersten „Kaiserregatta“ in Bad Ems gehörte 1875 zu den frühen Höhepunkten des Vereinslebens. Ein Jahr darauf siegte das Viererboot aus Köln bei diesem Wettbewerb, was den Ruderern den silbernen Kaiser-Pokal aus der Hand Kaiser Wilhelms I. persönlich bescherte. Obwohl die Teilnahme an weiteren Regatten in Hamburg, Berlin und natürlich Köln belegt ist: Unterm Strich blieb die sportliche Bilanz stets überschaubar. Ruderpionier Dr. W. R. Patton, der den Verein von Anfang an unterstützt hatte, kehrte dem Club für einige Jahre den Rücken, weil er nicht auf die erhoffte Begeisterung für den sportlichen Wettkampf stieß.

Aktiv und finanziell potent war der Club dennoch. Das erste Bootshaus von 1872 wurde schon sechs Jahre später durch ein großes Boots- und Clubhaus mit wechselnden Standorten am Rheinufer ersetzt. 1905 folgte das feste Clubhaus mit vier Stockwerken an der Richartzstraße. Namhafte Industrielle wie Paul Andreae, Paul Charlier und Carl Julius Leverkus gehörten zu den insgesamt 40 Mitgliedern, die dafür ein Stammkapital von umgerechnet 300.000 Euro aufbrachten.

Das Vereinsleben blühte auf im neuen, aufwendig ausgestatteten Zuhause mit den beiden Weinkellern und dem Billardzimmer. „Hier fanden Gesellschaften statt, Hochzeiten, Bälle oder Karnevalsveranstaltungen“, sagt Helmut Westhelle. Zu Gast waren Persönlichkeiten wie Kronprinz Wilhelm von Preußen, Sänger Willi Ostermann oder Kapitän und Schriftsteller Graf Luckner. Auf die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg folgte ein Neubau an derselben Stelle. Beliebt sind hier nicht nur die beiden Etagen mit der schönen Aussicht auf die Innenstadt. Gern trifft sich der Cölner Club auch im Keller, wo sich die vereinseigene Kegelbahn befindet.

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