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„Dat is ne jode Lade he!“Van der Meyden ist Kölns ältestes Elektronik-Fachgeschäft

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Elektronik van der Meyden drinnen 1

Martinus von der Meyden in seiner typischen Haltung an der Verkaufstheke. 

Köln – So trostlos die Kölner Innenstadt derzeit wirken mag, es gibt durchaus auch eine tröstliche Nachricht aus der City: Kölns ältestes Elektronik-Fachgeschäft ist und bleibt geöffnet. Nur dass die Feier anlässlich des 60-jährigen Bestehens von „Van der Meyden" an der Breite Straße an diesem Dienstag kleiner und distanzierter ausfallen muss.

Es gibt mehrere Dinge, die für Martinus van der Meyden typisch sind: Sein leicht niederländischer Akzent; die Art, wie er – immer Anzug tragend – mit flach aufgelegten Händen hinter seiner Theke steht und der Kundschaft mit einem fragenden Lächeln ihren Wunsch entlockt. Wie er sich umdreht und eine der unzähligen Schubladen aufzieht, um dieser wiederum ein Glühbirnchen, eine winzige Batterie oder eine Sicherung zu entnehmen. Oder wie er Lautsprecherkabel von der Rolle zieht. Noch typischer als die Gesten des nunmehr 86-Jährigen, ist jedoch ein Satz, den Kunden in den vergangenen Jahren auffallend häufig vorbrachten: „Bitte hören Sie nicht auf!" 

Enkel Kim verkörpert die dritte Generation

Die darin mitschwingende Befürchtung ist kaum zu überhören aber unnötig: Auch wenn sich der Senior in letzter Zeit zurückgezogen hat, gibt es da noch immer Ehefrau Maria (84), Sohn René, Tochter Katja und Enkel Kim, die den Laden schmeißen sowie – als einziges Nicht-Familienmitglied – Antonio Murillo, der aber auch schon seit über dreißig Jahren zum Betrieb gehört und somit den Status „längst adoptiert“ erhalten hat.

Alles zum Thema Henning Krautmacher

Martinus von der Meyden und seine Frau Maria stammen aus dem grenznahen Städtchen Kerkrade in den Niederlanden und lernten sich dort bei einer Tanzveranstaltung kennen. Als ihr Onkel, der am Friesenplatz einen Elektronikladen betrieb, starb, bat die Tante um Unterstützung. So kam es, dass das Ehepaar Ende der 1950er Jahre nach Köln zog und vor genau sechzig Jahren am zweiten Februar 1961 ein winziges Geschäft für Elektronik-Einzelteile eröffnete.

Die Einnahmen am ersten Tag: 30 Mark

Damals gab es zwar schon "Gummi Grün", das Lampenhaus Remagen oder "Printen Schmitz". Aber Karstadt war noch das Kaufhaus Carl Peters, und vor dem Eingang in der Hämergasse gab es keinen Bürgersteig, aber „jede Menge Sand“. Diese Bilder sieht der 86-jährige gelernte Elektronik-Spezialist noch genauso deutlich vor sich wie die Einnahmen des ersten Tages: 30 Mark.

Tochter Katja van der Meyden weiß indes noch gut, dass sie „als Kind immer mit Steckern spielen oder Kabel aufrollen“ musste. Während Mütter von heute angesichts eines aus vielen tausend Kleinteilen bestehendes Sortiments schon beim Gedanken an ein dort herumwuselndes Kind Schnappatmung bekämen, schaffte Maria den Spagat zwischen Buchhaltung, Bedienen, Bestellungen und Nachwuchsbeaufsichtigung ziemlich gelassen.

Das Sortiment hat sich kaum verändert

Als die Räumlichkeiten des benachbarten Juweliers frei wurden, verdoppelte das Familienunternehmen seine Ladenfläche auf knapp 50 Quadratmeter. Dass Sohn René während des ersten Lockdowns im vergangenen Frühjahr die braune Theke weiß lackierte, kommt einem schweren operativen Eingriff gleich, wo doch sonst nicht nur das Mobiliar, sondern auch das Sortiment jahrzehntelang von Veränderungen verschont blieb. Mit anderen Worten: Sämtliche Teile, die man braucht, um ein Radio, einen Fernseher, eine Lampe oder einen Lautsprecher zu bauen, gibt es noch immer.

Es gibt nach wie vor die gute alte Glühbirne, die nach Angaben von Maria van der Meyden „früher aber viel länger haltbar“ war. Es gibt Lichtorgeln, Disco-Kugeln, oder Lichterketten aber auch sämtliche Komponenten für Kamera- und Überwachungstechnik. Früher, als Nokia nach Einschätzung von Antonio Murillo „noch gefühlt alle paar Wochen einen neuen Stecker herausbrachte“, wurde das Geschäft zur letzten Hoffnung für manchen Handy-Besitzer. Das ist es aus Sicht mancher Kunden auch noch in anderer Hinsicht: Das kleine Geschäft in der Hämergasse gehört zu den wenigen Betrieben, die noch gebrachte Leuchten reparieren. Und die Gründer freuen sich über die wieder steigende Zahl an Kunden – „vor allem junge Leute – die „nicht wegwerfen, sondern selber den Fehler beheben möchten“.

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Berühmte Kunden wie Karl-Heinz Böhm

„Das Schöne ist, dass es nie Stillstand gibt“, betont Maria van der Meyden, die es ein bisschen bedauert, nicht beizeiten eine Art Gästebuch begonnen und berühmte Kundennamen wie den „von Karl-Heinz Böhm oder der Frau von Jopi Heesters“ verewigt zu haben. Henning Krautmacher von den Höhnern sage stets beim Hereinkommen: „Dat is ne jode Lade he!“ Und Elke Heidenreich betone jedes Mal: „Das ist mein Lieblingsladen!“

Die gute Nachricht in nicht so guten Zeiten: Er wird bleiben.

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