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„Der Garten ist unser zweites Zuhause“Pächter hoffen nach Kündigung auf den Stadtrat

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Kleingärtner wehren sich gegen Kündigung

Köln-Raderthal – „Ich war so geschockt, als ich die Nachricht hörte. Ich wollte zuerst gar keine Blumen und gar nichts mehr anpflanzen, weil ich dachte, das lohnt sich nicht“, erzählt Monique Schneider. Die 71-Jährige und ihr Mann gehören zu den elf Pächtern in der Kleingartenanlage Faßbenderkaul in Raderthal, deren Parzelle die Stadt gekündigt hat.

Der Grund: Ein Investor will auf dem benachbarten Grundstück Bonner Straße 536 und einen Teil der Gartenanlage Wohnungen und Studentenappartements bauen. Der Kleingartenverein Köln Süd e.V., zu dem die Gärten gehören, hält die Kündigungen für nicht rechtens und will sich dagegen wehren.

„Die Temperaturen steigen. Köln braucht jeden Quadratmeter Grün“

In seinem Widerstand wird er vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland ( BUND) Köln und vom Kölner Ernährungsrat und Umgebung unterstützt. Gemeinsam gaben sie nun eine Pressekonferenz in der Anlage. „Die Schaffung von neuem Wohnraum darf nicht zu Lasten von Kleingärten gehen, die als Teil des Kölner Grünsystems wichtige ökologische, klimatische und soziale Aufgaben erfüllen“, erläuterte Helmut Röscheisen, vom BUND. Der Naturschutzverband kämpfe seit Jahren dafür, dass nicht auf Grünflächen, sondern mehr in die Höhe gebaut werde, so Röscheisen. „Die Temperaturen steigen. Köln braucht jeden Quadratmeter Grün“, betonte er. Zudem seien den gekündigten Pächtern keine Ersatzflächen angeboten worden, fügt er hinzu.

Wichtiger Beitrag zum Stadtklima

Die Stadt dürfe die Gartenflächen nicht verkaufen, erklärte Jörn Hamacher vom Ernährungsrat Köln. Sie seien immens wichtig, sozial wie klimatisch, und leisteten einen Beitrag zur Essbaren Stadt. „Dazu hat die Stadt im letzten Jahre einen Aktionsplan entwickelt. Vor einem Jahr hat sie den Klimanotstand ausgerufen. Es ist völlig widersinnig“, kritisierte er.

Röscheisen wie Hamacher verwiesen auf eine gemeinsame Mitteilung des Kölner Mietervereins, des Kreisverbandes Kölner Gartenfreunde, des Ernährungsrates Köln und Umgebung und des Amtes für Landschaftspflege der Stadt Köln von Oktober 2020, in der sie erklären, dass Kleingartenflächen nicht in Bauland umgewandelt werden dürfen. „Die Stadt muss sich an diese Zusagen halten“, so Röscheisen.

Bürger bezweifelt die Rechtmäßigkeit der Kündigungen

Bereits im Juni 2020 beschloss der Rat jedoch, benachbarte städtische Teilflächen an den Investor zu veräußern, damit diese in das Bauprojekt einbezogen werden können. Der Wunsch nach Kleingärten sei gestiegen, die Vereine hätten lange Wartelisten, sagte Simon Burger, Sprecher des KGV Köln Süd. „Es ist nicht vertretbar, in dieser Situation Gärten zu überbauen“, meint er. Burger bezweifelt die Rechtmäßigkeit der Kündigungen. Laut Bundeskleingartengesetz seien die Bedingungen für eine Kündigung nicht gegeben, ist er sicher. „Dazu kommt das intransparente Vorgehen der Stadt. Man kommt kaum an Hintergrundinformationen, alles geschieht hinter verschlossenen Türen“, beanstandet er. Der Kreisverband Kölner Gartenfreunde e.V. werde die Rechtslage durch einen Juristen prüfen lassen, so Burger. Die Stadt richtete die Kündigungen an den Verein, weil der als Zwischenpächter auftritt.

Neuer Investor auf dem Plan

Zweimal sei ein Investor von einem Bauvorhaben zurückgetreten, jetzt gebe es einen neuen Kapitalgeber, weiß Röscheisen. Über den Verkauf an diesen soll der Rat am kommenden Montag im nicht öffentlichen Teil abstimmen. „Der Rat muss in dieser Sitzung seinen bisherigen Beschluss abändern und darf die Flächen nicht wie vorgesehen veräußern,“ verlangte Röscheisen. Auch die Schneiders hoffen inständig, dass sie ihren kleinen Garten behalten können, den sie schon seit über 30 Jahren bewirtschaften  „Der Garten ist unser zweites Zuhause“, sagt Monique Schneider.

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