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„Menschen stornieren seit Wochen“Kölner Hotels erwägen zeitweise Schließung

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Auch in der sonst so beliebten Alstadt bleiben die Touristen aus.

  • Nach Lichtblicken im Sommer klagen selbst Betriebe in der Kölner Altstadt über wieder steigende Umsatzrückgänge in der Coronakrise.
  • Die Touristen kommen nicht, die Zimmer bleiben leer. Besonders deutsche Touristen reisen derzeit nicht nach Köln.
  • Manche Hotelbetreiber erwägen deshalb drastische Schritte.

Köln – Für Gäste aus dem In- und Ausland gibt es gute Gründe für einen Abstecher nach Köln – wäre da nicht Corona. Kein Karneval am 11.11., keine Weihnachtsmärkte im Dezember – die Touristenströme im Herbst und Winter bleiben vermutlich aus. Das trifft insbesondere die Altstadt-Hotels, die zentrale Anlaufstellen für viele Besucher sind. Ihre Lage hat sich seit den Lockerungen im Mai nicht nennenswert verbessert. Ihre Bücher sind vor allem unter der Woche leer. Für Verstimmung sorgen gerade auch die jüngsten Schlagzeilen: Manche Bundesländer haben das umstrittene „Beherbungsverbot“ ausgerufen, da immer mehr Kommunen zu Risikogebieten deklariert werden – in diesen liegt die Inzidenzzahl jeweils bei mehr als 50 Corona-Infizierten pro 100.000 Menschen, gemessen in einem Sieben-Tage-Zeitraum. Das Land Nordrhein-Westfahlen lehnt zwar bisher ein pauschales Verbot ab, doch die Unsicherheit bleibt.

Kölner Hotels klagen über Stornierungen

Vladimir Pashchenko vom Hotel Hayk an der Frankenwerft kann die ständig neuen Corona-Regelungen nicht verstehen. „Die Sterblichkeit in Deutschland ist derzeit nicht überdurchschnittlich. Im Februar und März wird es vermutlich zu einer weiteren Welle kommen. Das Virus ist gekommen, und es wird bleiben. Wir müssen damit leben“, sagt er. „Der 11.11 ist der schlimmste Ausfall, den wir haben. Die Menschen stornieren seit Wochen, es ist eine schwierige Situation“, fasst der 71-Jährige zusammen. Pashchenko ist Rentner. Das Hotel gehört seiner Tochter, der er seit Juni aushilft – sie habe das Personal runterfahren müssen. „Wir sind ein Familienunternehmen geworden. Ich muss hier sein“, sagt Pashchenko, der aus der ehemaligen Sowjetunion stammt.

Das Hotel ist mit seinen sieben Zimmern und drei Appartements ein kleines Haus. Die Belegung liege derzeit bei 20 Prozent. „Wir in der Altstadt leben normalerweise von ausländischen Touristen aus USA, Südamerika, China. Die kommen gerade gar nicht. Während der Sommerferien war es besser. Da dachte ich schon, es geht gut. Seit September aber ist es sehr schlimm. Am schlimmsten ist, dass wir nicht wissen, wann es endet.“

Claudia Neumann von Köln-Tourismus kann den positiven Trend zumindest für die Sommerferien bestätigen: „Während der Geschäftsbereich weiter brachliegt, gab es eine schöne Entwicklung im Freizeitbereich. Bei Familien kam etwa die Kombination aus Schokomuseum und Riesenrad gut an. Aber auch einfache Unternehmungen im Freien“. Auch die Zahlen des Statistischen Landesamtes NRW sprechen für eine kurzzeitige Erholung: Im Juli zählte Köln rund 247.000 Übernachtungsgäste. Das ist zwar ein sattes Minus von 55 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Aber dennoch deutlich mehr als in diesem Mai, als rund 67.000 Übernachtungen (ein Minus von rund 88 Prozent im Vergleich zum Vorjahr) gebucht wurden.

„Gerade kommen die deutschen Touristen überhaupt nicht. Das verstehen wir nicht“, klagt Pashchenko. Das Hotel übergangsweise zu schließen sei aber keine Option. „Wir haben Kredite. Meine Tochter baut ein Haus – keiner konnte wissen, dass so etwas passiert“.

Von 84 Prozent Belegung auf 25 Prozent  

Auch Roberto Campione, Ex-Oberbürgermeister-Kandidat und Betreiber des Hotels Monte Christo an der Großen Sandkaul, moniert die Entscheidungen der Politik. „Es ist sehr schwierig, sie nachzuvollziehen. Jeden Tag gibt es Änderungen. Die Infektionsfälle gehen mal hoch, mal runter. Das verunsichert“, sagt der 47-Jährige, der kurzfristig auch seinen eigenen Familienurlaub in den Herbstferien nach Sylt abgesagt hat. In seinem Haus liege die Belegung derzeit bei 25 Prozent – vor Corona waren es 84 Prozent.

Für den Winter macht er sich keine großen Hoffnungen mehr: „Solange die Lanxess-Arena nicht normal läuft und keine Großveranstaltungen stattfinden, können wir mit der Viertel-Belegung froh sein“. Aber nicht alles sei schlecht. „Meine zwei Gastronomie-Betriebe im Rheinpark und am Flughafen retten das Hotel“, sagt Campione.

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In der Krise habe auch die Stammkundschaft geholfen. 50 Prozent seiner Buchungen gingen nicht über große Buchungssysteme wie booking.com oder HRS ein, sondern über das eigene Netzwerk. „Das hat sehr geholfen, da wir unseren Preis selbst bestimmt haben und nicht den Druck hatten, ihn wegen der Konkurrenz immer weiter zu drücken“. Für kleine Hotels wie seines – elf Zimmer, die alle individuell von Designern und auch ihm selbst gestaltet sind – ist es schwer, mit den großen Ketten mitzuhalten. „Ein Dorint- oder Motel-One-Hotel wird sicher die Preise noch mal senken. Teilweise bieten die Zimmer für 40 Euro die Nacht. Da geht es nur darum, kostendeckend zu arbeiten.“ Aber welches kleine Hotel könne da überleben? „Wir können uns untereinander helfen und gemeinsam entscheiden, dass wir nicht unter 50 Euro pro Nacht gehen.“

Kölner Hotelier: „Wir haben das Hotel dieses Jahr bereits abgeschrieben“

Zu vier, fünf Hotels in der Altstadt habe er einen guten Draht. Manch einer stehe vor der Entscheidung, seinen Betrieb für ein paar Wochen ruhen zu lassen, so Campione. Im Winter kommen zu Strom- auch noch verstärkt Heizkosten dazu. Nicht jeder könne das stemmen. Er sei gespannt, wer das Jahr übersteht. „Nach der Krise werden wir wieder gutes Personal haben.“

Wenn es noch einen positiven Effekt gibt, dann sei es „Krise können“.

So sieht das jedenfalls Raouf Khamassin vom Hotel und Restaurant „XII-Apostel“ am Heumarkt. „Wir haben das Hotel dieses Jahr bereits abgeschrieben“, sagt der 72-Jährige – „aber wir geben nicht auf“. Immerhin hätten sie gelernt, besser zu wirtschaften. „Früher haben wir nicht auf jede Ausgabe geachtet, jetzt haben wir gelernt, dass man jeden Cent umdrehen muss. Corona war deswegen auch eine Schule für uns. Wenn es keinen zweiten Shutdown gibt, werden wir gestärkt herausgehen“.

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