„Die Stadt bröckelt“Künstler HA Schult will Köln nach 25 Jahren verlassen

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HA Schult mit Muse Elke Koska und Müllmenschen auf dem Roncalliplatz

HA Schult mit Muse Elke Koska und Müllmenschen auf dem Roncalliplatz

  • Vor 25 Jahren zog der umstrittene Künstler HA Schult nach Köln. Nun möchte er Ende des Jahres die Stadt verlassen.
  • Der 79-Jährige verbindet seinen Abschied mit schneidender Kritik an der aktuellen Situation in Köln.

Köln – Als HA Schult noch kein Kölner war, hatte er seine besten Ideen. So entdeckte er im blitzblanken München seine Liebe zum Müll und machte aus alltäglichem Abfall einen Rohstoff für die moderne Kunst. 1969 bedeckte er im Rahmen eines Happenings eine Münchner Straße mit Müll und wurde dafür verhaftet, wenig später präsentierte er den (angeblichen) Inhalt von Franz Beckenbauers Abfalltonnen im Lenbachhaus. Geradezu genial war die Idee, mit dem Auto durch die Republik zu rasen und jeden Abend die verdreckten Windschutzscheiben als Protokoll des allgemeinen Verkehrswahnsinns ausbauen und als Aktionskunst ausstellen zu lassen.

Das waren die guten alten Zeiten. In den 1970er Jahren wurde HA Schult, der eigentlich Hans-Jürgen heißt, gleich zwei Mal zur Documenta eingeladen, und er baute sein Müllimperium mit immer neuen Aktionen aus. Vor gut 25 Jahren zog er dann allerdings nach Köln und ist seitdem mindestens so berüchtigt wie berühmt.

Gerade die gehobene Kölner Kunstszene wurde mit Schults Gastgeschenken nicht immer warm: Über sein goldenes Flügelauto auf dem Stadtmuseum regte sich nicht nur Regierungspräsident Hans-Josef Antwerpes tagtäglich auf; Schults zunächst auf der Severinsbrücke installierte leuchtende Weltkugel war ebenfalls nicht jedermanns Geschmack.

Die Kölner Zeit geht zu Ende

Jetzt geht HA Schults Kölner Zeit zu Ende, wie der „Express“ berichtet. „Ich habe keinen Grund mehr, hier mein Leben zu verbringen“, sagte der 79-Jährige zur Begründung. „Köln ist wie ein Restaurant, in das man kommt und in dem die Leute, die man früher kannte und die wichtig waren, nach und nach verschwinden. Die leeren Stühle werden immer mehr. Will man in so ein Restaurant noch gehen?“

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HA Schult verbindet seinen angekündigten Abschied mit schneidender Kritik an der aktuellen Situation Kölns. „Die Stadt bröckelt“, sagte er dem „Express“. „Es kracht in allen Bereichen. Gibt es überhaupt jemanden, der für Kölns Wirtschaft verantwortlich ist? Für Kölns Infrastruktur und Bauvorhaben wie die Oper? Gibt es jemanden, der das Thema E-Mobilität anpackt? Ich sehe niemanden. Es geschieht nichts. Weil niemand den Mund aufmacht.“

Weltkünstler mit Wohnsitz in Köln

Das konnte man HA Schult freilich nie vorwerfen. Ihm gelang es nicht nur, der Stadt zwei umstrittene – also teils heiß geliebte, teils augenrollend ignorierte – Wahrzeichen aufzuschwatzen, er konnte sich auch als Weltkünstler mit Wohnsitz in Köln inszenieren. Am besten gelang ihm dies mit den „Müllmenschen“, einer Armee mannshoher Müllfiguren, die unter seiner Regie die halbe Welt bereisten und selbst am Nordpol ihre ökologische Mahnung hinterließen. Allerdings wirkte die Welttournee zuletzt eher wie ein PR-Coup, der Schult verlässlich in die Medien bringen sollte.

Im Winter will Schult die Stadt verlassen. Wohin er zieht, verrät er nicht: „Zu 90 Prozent bleibe ich in NRW.“ Das ist durchaus ein Verlust, denn die Kunststadt Köln konnte auch einen HA Schult vertragen. Jetzt fehlt dem Künstler nur noch ein gelungener Abgang. Unser Tipp: Wer Stil hat, düst im eigenen Flügelauto davon.

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