„Emotional sehr anstrengend“Wie Kölner Austauschschülerinnen die Pandemie erleben

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Lucia Rother während des Auslandaufenthalts in Vancouver.

Köln – Es war im Dezember 2019, als Brit-Lara Langen zum ersten Mal etwas von Corona gehört hatte. Damals absolvierte die junge Frau aus Marsdorf seit August einen Auslandsaufenthalt als Gastschülerin in Montesano im US-Bundesstaat Washington, 60 Kilometer südwestlich von Seattle. „Keiner hat das ernst genommen“, sagt die heute 18-Jährige.

Niemand habe auch später die Nachrichten aus aller Welt genau verfolgt, die Bilder aus China und Norditalien gesehen. Für die Menschen im Nordwesten der USA war das alles weit weg. Bis im März und April die Schulen und Grenzen geschlossen wurden und immer mehr Flüge ausfielen.

„Ich wollte freiwillig nicht ausreisen“

Die Corona-Pandemie hat auch viele Schüler im Auslandsjahr erwischt. Brit-Lara Langen wollte zunächst gar nicht glauben, was da weltweit passiert. „Ich wollte freiwillig nicht ausreisen.“ Doch plötzlich war das Virus auch in den USA. Und es betraf alle. Die Gastmutter, die mit obdachlosen Kindern arbeitet, die sich sofort nach der Arbeit duschte, bevor sie etwas im Haus berührte.

Die Schule des Gastvaters, die von einem Tag auf den anderen geschlossen wurde. Auch Langens Gastschule wurde zugemacht. „Es gab eine Durchsage, und das war es.“ Die Leute fingen an, die Nachrichten zu verfolgen und die Supermärkte leerzukaufen, sagt Langen.

Nur drei Passagiere nach Frankfurt

Als Langens Familie schließlich darauf beharrte, dass sie in Rheinland zurückkam, gab die junge Frau nach. Doch ihre Flüge fielen mehrere Male aus, sie wurde umgebucht, im Flugzeug nach Frankfurt saßen schließlich nur drei Menschen. „Es war emotional sehr anstrengend“, sagt die Schülerin über das Frühjahr 2020. Der Abbruch des Auslandssemesters habe sie geprägt, obwohl es die richtige Entscheidung gewesen sei. Von ihren neuen Freunden in den USA konnte sie sich nicht persönlich verabschieden. In Deutschland musste sie in Quarantäne.

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Auch Armita Mehdipor, Geschäftsführerin des Bildungsunternehmens Asse Germany, mit dem Langen in die USA gereist war, hat den Beginn der Pandemie nicht vergessen. Im Februar 2020 mussten etwa 50 Jugendliche von Asse Germany zurückgeholt werden. Das sei nicht immer einfach gewesen. Mehdipor erinnert sich an Weiberfastnacht 2020, als die Pandemie in Deutschland noch nicht angekommen war, in Südkorea aber sehr wohl. Plötzlich mussten elf Jugendliche aus der Umgebung von Seoul abgeholt werden, um einen bestimmten Flug zu nehmen. „Das Kölner Büro war zu, ich selbst war in der Hauptzentrale in Laguna Beach.“

„Wir mussten die Tür aufbrechen lassen, um an den Pass zu kommen“

Noch in der gleichen Nacht kamen die Mitarbeiter teilweise von Partys ins Büro und legten eine Nachtschicht ein. Vor Ort, in Südkorea, gab es zum Beispiel Probleme mit einer Schülerin, die bei einer Freundin war, ihren Pass aber bei den Gasteltern deponiert hatte. Diese waren wiederum gerade in Neuseeland. „Wir mussten die Tür aufbrechen lassen, um an den Pass zu kommen“, sagte Mehdipor.

In der Pandemie sei aber vieles auch besser gelaufen als gedacht. In den USA wurden die Hochschulen nicht geschlossen. Während die deutschen Studierenden per Tablett und Laptop lernen mussten, konnten die US-Amerikaner in die Universitäten besuchen. Zudem war der Flugverkehr nicht unterbrochen worden und die US-Regierung stellte weiterhin Visa für deutsche Schüler aus. Ein Jahr später habe sich das Geschäft sogar fast normalisiert.

Lucia Rother (16) hat den Sprung nach Vancouver trotz Corona gewagt. Sie hatte sich im Herbst 2019 für die Reise nach Kanada entschieden und angemeldet. „Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, es würde etwas schief gehen“, sagte sie. Als die Pandemie kam, ist die Zehntklässlerin, die in New Jersey geboren wurde und spanische Wurzeln hat, aber konsequent geblieben und hat die Reise angetreten. „Das Auslandsjahr war mein Traum“, sagt sie. Sie habe die Reise nicht bereut, konnte jeden Tag mit Maske zur Schule gehen und mitunter auch Ausflüge mit den Gasteltern machen.

Hintergrund: Bildungsunternehmen

Asse ist eines der ältestes Bildungsunternehmen weltweit. Die Geschichte der internationalen Schüleraustauschorganisation Asse (Asse International Student Exchange Programs) reicht zurück bis ins Jahr 1938, als das schwedische Bildungsministerium ein bilaterales Austauschprogramm für Sekundarschüler aus Deutschland und Schweden ins Leben rief. In den späten 1940er Jahren wurde dieses Programm zusätzlich auch auf Großbritannien und Frankreich ausgedehnt. Im Jahr 1976 wurde in den USA auf Empfehlung von und in Kooperation mit dem United States Department of State die Asse-Stiftung gegründet.

Seit seinen Anfängen hat Asse seine Angebote erweitert, und bietet, in Kooperation mit Büros in mehr als 40 Ländern Europas, Amerikas, Asiens, Afrikas und des Pazifikraums, neben Austauschprogrammen für Sekundarschüler auch Austauschmöglichkeiten für Abiturienten, Studierende, Au Pairs, Work & Travel Teilnehmer, Praktikanten und Trainees an. 2016 eröffnete Asse eine Geschäftsstelle in Deutschland, seit 2017 ist der Sitz in Köln.

Im Bürgerhaus Stollwerck, Dreikönigenstraße 23, findet am 28. August von 10 bis 16 Uhr die Messe „Auf in die Welt” zum Thema Schüleraustausch statt. Am gleichen Tag gibt es eine pädagogische Jugendbildungsmesse in der Königin-Luise-Schule, Albertusstraße 19a. Auf beiden Veranstaltungen wird sich unter anderem Asse präsentieren. (ris)

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