„Erinnert an dunkelste Zeiten“Kölner Politikerin begründet Votum gegen AfD-Kandidaten

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Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Gisela Manderla

  • Er war bereits der vierte Kandidat der AfD: Am Donnerstag verlor Paul Viktor Podolay im Bundestag die Wahl zum Vizepräsidenten im Bundestagspräsidium.
  • An dem Votum war auch die Kölner CDU-Politikerin Gisela Manderla beteiligt. Sie stimmte gegen Podolay.
  • Nun erklärt sie, warum sie so gewählt hat – und warum sie die vermeintliche Opferrolle der AfD unerträglich findet.

Köln  – Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Gisela Manderla war bei der Entscheidung in Berlin eine von 397. Sie zählte zu der Mehrheit der Parlamentarier, die dem AfD-Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten im Bundestagspräsidium, Paul Viktor Podolay, am Donnerstag im ersten Wahlgang ihre Stimme verweigerten. 214 der Abgeordneten sprachen sich für den 73-jährigen AfD-Politiker aus. Vor Podolay hatten sich bereits drei seiner Fraktionskollegen erfolglos um einen Posten im Präsidium beworben, wie ihn üblicherweise jede Fraktion für sich beanspruchen kann.

Manderla begründete am Freitag in einer Pressemitteilung ihre ablehnende Haltung.  „Warum ich bisher keinem AfD-Vizepräsidentenkandidaten meine Stimme gegeben habe“ - so hat die Christdemokratin ihre Erklärung überschrieben.

Die Mitteilung im Wortlaut:

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„Erneut ist am gestrigen Donnerstag ein Kandidat der AfD bei der Vizepräsidentenwahl im Deutschen Bundestag durchgefallen. Die Opferrolle, in der die AfD sich dadurch jedes Mal von neuem wähnt, ist unerträglich. Es ist für mich als Abgeordnete daher auch eine Gratwanderung zwischen der Gewährung parlamentarischer Rechte und Gepflogenheiten und der Ablehnung des teilweise völkischen und nahezu unanständigen Auftretens mancher AfD-Abgeordneter.

Noch am Tag der Vizepräsidentenwahl haben einige AfD-Redner in ihren Reden fragwürdige Begrifflichkeiten benutzt und auch jenseits des parlamentarischen Alltags nutzen Politiker dieser Partei teilweise eine Sprache, die mich an dunkelste Zeiten deutscher Geschichte erinnert. Das sind auch leider keine Einzelfälle, wie die vergangenen Jahre zeigen.

Auch verweigert sich die AfD grundlegender Bräuche und Gepflogenheiten des Deutschen Bundestages, was unter anderem dazu führt, dass seit 2017 selbst über die Tagesordnung des Plenums täglich streitig abgestimmt werden muss. Sogar die Linksfraktion und ihre Vorgängerfraktion der PDS haben sich in der Regel an parla-mentarische Gewohnheiten gehalten, weshalb ihnen – abgesehen von begründeter Ablehnung einzelner Personen – nie das Recht, einen Vizepräsidenten zu stellen, streitig gemacht wurde.

Wer wie die AfD auf parlamentarische Bräuche und Gepflogenheiten pocht, muss sich auch selbst daran halten. Wer aber offensichtlich darauf aus ist, an vielen Stellen Sand ins Getriebe der parlamentarischen Abläufe zu streuen und die geübte parlamentarische Praxis ablehnt, hat das Recht verwirkt, sich auf parlamentarische Gepflogenheiten zu berufen. Es wäre zu begrüßen, wenn die AfD zur sachorientierten Arbeit im politischen Alltag fände. Das würde die wichtige gesetzgeberische Arbeit des Deutschen Bundestages erheblich erleichtern.“

AfD stellt Nicht-Wahl als Ausgrenzung dar

Die AfD stellt die Nicht-Wahl ihrer Kandidaten als undemokratischen Akt der Ausgrenzung dar. Im Grundgesetz ist festgehalten: „Der Bundestag wählt seinen Präsidenten, dessen Stellvertreter und die Schriftführer. Er gibt sich eine Geschäftsordnung.“ In der Geschäftsordnung heißt es: „Jede Fraktion des Deutschen Bundestages ist durch mindestens einen Vizepräsidenten oder eine Vizepräsidentin im Präsidium vertreten.“ Aber auch: „Gewählt ist, wer die Stimmen der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages erhält.“

Für den Fall, dass sich dauerhaft nicht genügend Abgeordnete finden, die ihre Stimme für Kandidaten einer bestimmten Fraktion abgeben, gibt es bislang keine Regelung.

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