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„Erlebniswelt Karneval“Karnevalsmuseum soll in die Kölner City ziehen

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Chinesen ließen sich in Karnevalskostümen auf der Expo in Shanghai fotografieren

  • 2023 wird der reformierte Karneval 200 Jahre alt. Bis dahin soll das Museum einen neuen Standort haben.
  • Das Festkomitee würde gerne mit einer „Erlebniswelt Karneval“ mehr Touristen den Karneval näher bringen.
  • Im Gespräch sind unter anderem das Stadtmuseum und ein ungenutztes Parkhaus am Maternushaus.

Köln – Ehrgeizige Projekte beschäftigen in diesen Tagen und Monaten die Ordnungshüter des Karnevals. Das Festkomitee Kölner Karneval von 1823 (FK) bereitet sich auf ein großes Jubiläum vor. 2023 wird der reformierte Karneval 200 Jahre alt. Aus diesem Anlass arbeitet man an einem Konzept für das Programm, und das Karnevalsmuseum soll wieder in die Innenstadt ziehen.

Ursprünglich im Haus des FK an der Antwerpener Straße untergebracht, zog das Museum Mitte der 90er Jahre in die damals erworbene Immobilie am Maarweg, in der auch die FK-Verwaltung und die Wagenbauhalle untergebracht sind. „Wir haben im Museum derzeit viele Gruppenanmeldungen, aber praktisch keine Laufkundschaft“, analysiert FK-Präsident Christoph Kuckelkorn. „Der Kölner Karneval ist weltbekannt. Als ich in Brasilien war, wussten die Offiziellen genau, was unser Zoch ist. Aber wenn der Tourist im Sommer kommt, ist halt kein Karneval. Das könnte er in einem Museum zumindest nachvollziehen – und es wäre eine tolle Ergänzung zu den anderen Museen.“ Für Touristen sei Braunsfeld einfach sehr weit draußen, und das derzeitige Konzept ja eher ein historisches, rückblickendes.

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Den Karnevalsmachern schwebt daher vor, einen neuen Museumsstandort in der Innenstadt, also innerhalb der Ringe, zu finden. Dort würden sie gerne eine „Erlebniswelt Karneval“ präsentieren. Wer eine Führung durch das jetzige Museum mitmache, wisse zwar hinterher, wie Karneval funktioniert. „In der Erlebniswelt müssen wir das aber noch anders erfahrbar machen. Warum sich dort nicht verkleiden können? Oder virtuell den Rosenmontagszug abfahren, in einem Himmel voller Orden landen? Das muss Lust machen, da hin zugehen“, so der Präsident. Mit der bereits am Maarweg vorhandenen historischen Ausstellung als Fundament, ergänzt durch digitale, interaktive Elemente, „können wir Karneval für etwa einen Japaner oder Chinesen genauso erfahrbar machen wie für den Kölschen“, sagt Kuckelkorn. „Da könnte man dann auch Sonderprogramme für Schulen fahren, jeweils dem Alter angepasst.“ Die Zusammenarbeit mit den Schulen solle weiter ausgebaut werden, ein pädagogisches Konzept müsse aufgestellt werden, wie man den Kindern und Jugendlichen Karneval behutsam näher bringen könne – das Museum als Unterrichtsraum. „Wir erhoffen uns eine neue Energiezelle für den Karneval und ein neues touristisches Highlight für die Stadt.“

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Im Moment gibt es drei Orte, mit denen sich das FK parallel beschäftigt, die man allerdings noch nicht benennen möchte. Standhaft halten sich Gerüchte in der Stadt, dass das Zeughaus samt Wachgebäude den Vorstellungen des FK sehr nahe kommt. Natürlich müsste in das ehemalige Stadtmuseum investiert werden, aber da von dem Gebäude nach dem Krieg nur noch die Fassaden standen, wurde beim Wiederaufbau ein komplett betonierter Innenraum eingezogen. Das gibt, anders als etwa bei der Oper, weitgehende Freiheiten beim Einbau von neuen Rohren und Kabelschächten. Und macht es kalkulierbarer. Ansonsten liegen die Vorteile auf der Hand: Eigentum der Stadt, sehr gute Infrastruktur, fußläufig vom Dom erreichbar, historisches Gebäude, liegt am Zochweg. Allerdings hängt viel vom Neubau der historischen Mitte ab: denn erst muss der neue Stadtrat nach der Kommunalwahl über das Gemeinschaftsprojekt von Stadt und Kirche entscheiden und damit die Zukunft des Stadtmuseums am Roncalliplatz absichern. Über die anderen beiden Varianten kann man nur spekulieren: eine Nähe zu Schokoladen- und Olympiamuseum würde Sinn machen, aber die Immobilien am Rheinauhafen sind weitgehend belegt.

Jecker Adventskalender für 2023

Das Festkomitee will seinen Geburtstag gebührend feiern, ohne den Gesellschaften wehzutun. Eine Veranstaltungsreihe während der Session wäre da kontraproduktiv, die KGs wollen schließlich Karten für ihre Sitzungen verkaufen. Deshalb feiert man von Aschermittwoch 2022 bis zum Höhepunkt, dem Rosenmontagszug 2023. Das FK will ein Jahr lang den Menschen den Karneval erklären – unter Einbindung der kulturellen Landschaft von Museen über Theater bis zur Oper. „Um das klar zu machen: Das soll kein Sommerkarneval werde, also man läuft nicht im Kostüm über die Straße,“ sagt FK-Präsident Kuckelkorn, „aber wir wollen erklären, wie sich der Karneval entwickelt hat. Was war vor der Reform 1823, wie ging es weiter? Wie hat sich der Karneval politisch entwickelt? Wurde er zu NS-Zeiten instrumentalisiert? Wo steht er heute? Das ist vor allem auch für jüngere Generationen wichtig“. Einige Beispiele: das Wallraf-Richartz-Museum würde eine Ausstellung machen zum Thema Karneval, Narr und Tod und würde dafür weltweit Gemälde zusammenholen. Eine überarbeitete Ausgabe von „Karneval unter dem Hakenkreuz“ im NS-Dok mit neuen Erkenntnissen. Ein Einsingkonzert. Eine Art Revue zur Geschichte des Karnevals. „Das ist wie ein Adventskalender, man macht immer mehr Türchen auf und freut sich auf das Große am Ende, die Session“, so Kuckelkorn. Demnächst soll es ein Meeting geben mit Vertretern der Kultur. „Das Ziel muss es sein, Veranstaltungen aller Art zu kreieren, die alle mitnehmen, das soll auf keinen Fall elitär werden.“

Bis zum Jubiläumsjahr wolle man den Karneval völlig neu positionieren. Beim Besuch der Kanzlerin habe man gemerkt, dass das Kulturgut Karneval jetzt schon ganz anders wahrgenommen werde als noch vor sechs Jahren. „Das Brauchtum hat einen anderen Status. Wir sind sehr stolz, dass dieses ehrenamtliche Engagement anders gewürdigt wird.“ Ob Angela Merkel beim Jubiläumszug dabei sein wird, ließ er offen. (stef)

Das derzeit ungenutzte Parkhaus südlich des Maternushauses an der Nord-Süd-Fahrt müsste erst abgerissen werden – ein Hotelneubau ist im Gespräch. Bliebe noch die IHK – gute Lage, großer Veranstaltungssaal, aber wohl zu teuer: Die Kammer will mit dem Kaufpreis ihr neues Gebäude gegenfinanzieren. Hinzu kommt, dass die Renovierungskosten des Denkmalgeschützten Gebäudes kaum abschätzbar sind.

„Alle drei sind sehr gute Varianten, am Ende muss man gucken, was am besten passt“, sagt Christoph Kuckelkorn. „Was ist finanzierbar und wo haben wir den meisten Nutzen? Es gibt Gebäude, die derzeit eher vor sich hindümpeln oder die ganz anders genutzt werden, wo die Besitzer aber neue Ideen verfolgen und das Museum gerne hätten. Ein Karnevalsmuseum in der Innenstadt wird von vielen als attraktive Möglichkeit erkannt.“ Auch sei das Projekt finanzierbar. 

Das FK hat sich mit Rücklagen auf das Jubiläum und auch darauf eingestellt, mit dem Museum neue Wege zu gehen, und zusammen mit Partnern „ist das machbar. Es geht ja nicht nur ums Bauen, sondern auch ums Betreiben. Wir sind sehr zuversichtlich, dass sich das im Betrieb auch tragen kann.“ Man sei in Gesprächen etwa mit Annette Imhoff vom Schokomuseum, die ihre Unterstützung zugesagt habe. „Schokolade und Karneval – zwei hochemotionale Themen.“ Es wäre erstrebenswert, die Verweildauer der Touristen in Köln zu strecken. „Mit dem Bus direkt zum Dom fahren, rein, einmal gucken, raus und ab – das kann es doch nicht sein“, so Kuckelkorn. Schöner wäre, die Attraktionen der Stadt über die Jahre so zu entwickeln, das es interessanter würde, auch mal zwei oder drei Tage zu bleiben. Auch für Messe- und Tagungsgäste wäre ein besseres Angebot wünschenswert.

Wie ernsthaft das Festkomitee an der Idee arbeitet, lässt eine selbst auferlegte Zielvorgabe erahnen: „Einen Zeitplan gibt es noch nicht“, sagt Kuckelkorn, „aber ein fertiges Konzept und eine Grundsteinlegung im Jubiläumsjahr sind ein realistisches Ziel.“ Ein ambitioniertes Vorhaben, denkt man an die lange Bauzeit beim RGM und der Historischen Mitte – von der Oper ganz zu schweigen.

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