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„Fast and Furios“ kommt nach KölnWenig Handlung, viel Spektakel für Auto-Fans

Lesezeit 5 Minuten
Ein 1994er Toyota Supra MK IV, den Paul Walker im ersten Film fuhr, der Panzer ist aus dem siebten Teil.

Ein 1994er Toyota Supra MK IV, den Paul Walker im ersten Film fuhr, der Panzer ist aus dem siebten Teil.

Köln – „Alles, was Sie gleich sehen werden, ist real“, singsangt Sophia Diaz den Zuschauern entgegen, während ein orangener Sportwagen immer und immer wieder um sie kreist, so als wolle er die Handlung der Show bereits choreografisch vorwegnehmen. Nur wenige Sekunden später steht erst ein Mann, dann ein ganzer Truck in Flammen. Es knallt furchtbar laut, irgendwo bazookat ein zweiter Raketensound hinterher.

Künstlicher Rauch, eine noch künstlichere Verfolgungsjagd. Dann Abgang. Und die erste Erkenntnis: „Fast and Furious Live“ knüpft zumindest zu Beginn reibungslos an seine filmischen Vorgänger an. Zum Einstieg wird erst einmal ordnungsgemäß alles in Schutt und Asche gelegt.

Nun also, nach acht Filmen, bekommt die „Fast and Furious“-Reihe eine weitere Episode, dieses Mal allerdings nicht im Kino, sondern als Live-Show, die ab heute vier Mal in der Lanxess-Arena zu sehen ist. „Fast and Furious Live“ soll das Leinwandspektakel realistisch und greifbar machen. Das versprach Hauptdarsteller Vin Diesel bei der Premiere in London, zu der der „Kölner Stadt-Anzeiger“ eingeladen war, in seinem Vorwort. Und das wirkt erst einmal natürlich paradox, war „Fast and Furious“ immer schon viel, sehr erfolgreich zum Beispiel, aber eins nie: realistisch.

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Hinter dem Lenkrad sind alle gleich

Nein, „Fast and Furious“, das war schon immer ein ganz besonderer Traum. Erdacht für solche Menschen, die Bremspedale als Einschränkung persönlicher Freiheit und Tempolimits als politischen Aktionismus sehen. Eine von Hollywood kreierte Welt, in der hinter dem Lenkrad alle gleich sind. Eine Welt, in der sich alle Probleme durch ein paar mehr PS lösen lassen – selbst, oder eher: erst recht, wenn die Probleme physikalische Gesetze sind. Denn eigentlich gelten ohnehin nur zwei Regeln: 1. Der Waghalsigere gewinnt. Immer. 2. Alles kann zu jeder Zeit explodieren.

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Seit 2001, als der erste Film der Reihe in die Kinos kam, erzählt die Macho-Telenovela den Mythos von armen Glücksrittern, die sich selbst mit Schweiß und Benzin hochrasen. Von Dominic „Dom“ Toretto (Vin Diesel), Leticia „Letty“ Oritz (Michelle Rodriguez) und natürlich Brian O’Connor, gespielt von Paul Walker, der 2013 bei einem Autounfall tragisch ums Leben kam. Es geht um den amerikanischen Traum. Jeder kann alles schaffen, ist sein Fuß nur bleiern genug. Es geht um Stunts, um Frauen in wenig Kleidung und, naja, um getunte Autos eben.

Und diese Liebe zu aufgemotzten Boliden eint Menschen, vorrangig Männer mittleren Alters, über den gesamten Globus. Sie brachte Universal Studios einen Umsatz von 2,4 Milliarden Dollar. Und einen Kult um eine Saga, auf deren ersten Streifen kaum einer etwas gegeben hatte.

Fans bauen die Autos nach

Doch Charaktere, die mehr durch eingeölte Muskeln und goldene Felgen als durch brillante Wesenszüge glänzen, begeistern eben und das schon seit „Mad Max“. Mittlerweile bauen Fans die Autos aus den Filmen auf der ganzen Welt nach, streiten sich im Internet darüber, welcher Teil der Beste ist. Allein die „Fast“-Facebook-Seite hat mittlerweile 60 Millionen „Gefällt mir“ gesammelt. Logisch, dass aus diesem Hype weiterer Profit geschlagen werden soll. Die Hauptfiguren der Filme kommen in der Live-Show nur in ausgewählten Filmsequenzen vor.

Durch den Abend führen Diaz (Elysia Wren), eine Rennfahrerin, die mit freizügigem Shirt und penetrantem, spanischem Akzent anmutet wie aus einem Lexikon-Eintrag für fiese Latina-Klischees zusammengebaut, und Agent Dawson (Mark Ebulué), ein Bad-Cop, Typ „Rambo auf Jobsuche“. Die Story ist schnell erklärt, es wird ein Bösewicht gesucht, der schlimmste von allen, natürlich ein irrsinnig guter „Racer“. Sein Name fällt, tut dann aber doch letzter Dings irgendwie nichts zu Sache.

Um ihren Gegenspieler zu schnappen, brauchen die beiden, klar, die Hilfe des Publikums. Mit etwas unbeholfener All-Inclusive-Hotelpool-Animation werden die Zuschauer erst gebeten, durch das Hochhalten von Farbkarten den eigenen Wagen zusammenzustellen. Danach muss mit lauten Rufen der Sieg in einem riesigen, animierten 90er-Jahre-Videorennspiel erkreischt werden. Mit einer „Zeitmaschine“ geht es zurück in die Schlüsselszenen der acht Filme. Die versuchen elf Stuntmen detailgetreu auf der überraschend kleinen Fläche nachzuspielen. E-Gitarren hämmern abwechselnd mit Streichern ein dramatisches Crescendo aus den Boxen, während sich die originalgetreuen Wagen mal durch Betonpfeiler, mal um eine Zugattrappe winden. Und doch wartet man ständig auf einen Höhepunkt, der aber irgendwie nicht kommen mag.

Die Schwerkraft besiegen die Stuntmen nicht

Die Utopie von „Fast and Furious“ ist nämlich spätestens dann ausgeträumt, wenn die Schwerkraft einsetzt. Die zu besiegen, gelingt während der Show selbst dem besten Stuntman nicht. Und während auf dem Bildschirm im Hintergrund also Vin Diesel und Paul Walker sich eine spektakuläre Verfolgungsjagd mit der brasilianischen Polizei liefern, ziehen auf der Bühne die meiste Zeit einfach nur Autos mit einer Geschwindigkeit von unter 20 Stundenkilometern Endlosschleifen.

Dabei stapeln sich die Klangwellen der quietschenden Reifen so hoch unter das Hallendach, dass es zeitweise unangenehm wird. Man wünscht sich, dass an den Merchandise-Ständen neben „Fast“-T-Shirts, „Fast“-Kaffeetassen und „Fast“-Klatschpappen auch mobile Schallschutzwände angeboten würden. Und der Geruch von verkokeltem Gummi bleibt noch lange nach der Show in Erinnerung. Der Trumpf der Show bleibt: das Optische. Fast zu Beginn werden gleich vier Autos durch unzählige LED-Lichter bunt schimmernd in Szene gesetzt, wenig später scheint ein U-Boot aus dem Boden zu brechen. Das beeindruckt und lässt durchaus Verständnis dafür zurück, warum die gesamte Inszenierung über 25 Millionen Euro gekostet haben soll. Für Fans und Autonarren, die gerne zwei Stunden lang Lenkradpioniere anschmachten, lohnt sich der Besuch. Für jeden, der allerdings noch eine Handlung bevorzugt, wird es müßig.

„Fast & Furious Live“ ist am 2. , 3. und 4. März in der Lanxess-Arena zu sehen. Tickets gibt es ab 60,30 Euro (ermäßigt für Kinder unter 14 Jahren ab 50,20 Euro) auf www.koelnticket.de

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