Feuerwehr KölnWildtier-Rettung nur im Einzelfall

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Für die Einsätze steht der Kölner Feuerwehr ein spezielles Fahrzeug zur Verfügung.

Für die Einsätze steht der Kölner Feuerwehr ein spezielles Fahrzeug zur Verfügung.

Köln – Wer kümmert sich um einen Fuchs, der angefahren wurde und verletzt am Straßenrand liegt? Ob sich überhaupt jemand kümmert, ist in Köln offenbar Zufall. Die Berufsfeuerwehr hat zwar einen speziellen Tiertransportwagen, der vor zwei Jahren mit dem deutschen Tierschutzpreis ausgezeichnet wurde. Der ist rechtlich aber ausschließlich für Tiere zuständig, die einen Eigentümer haben. Um herrenlose Tiere kümmern sich die Beamten nur, wenn der Anrufer die Situation drastisch genug darstellt.

Ermessen des Beamten

„Da gibt es eine Grauzone“, sagt Peter Hartl, der die Einsätze des Tiertransportwagens bei der Berufsfeuerwehr verantwortet. Ob man reagiere, liege im Ermessensspielraum des diensthabenden Beamten. „Für einen Fuchs würden wir wahrscheinlich schon fahren.“ Eine Garantie gibt es nicht. Entschieden wird anhand von Größe des Tieres, Aufenthaltsort, Auslastung des Transportwagens sowie der Gefahr, die das verletze Tier für Menschen darstelle. Außerdem spielt es eine Rolle, wer das Tier findet. „Wenn es viele Kinder sehen, ist es für sie schlimmer, als wenn es nur einige Anwohner mitbekommen“, so Hartl.

Ratsmitglied Horst Thelen (Grüne) bezweifelt, dass sich die Vorgehensweise mit dem Tierschutzgesetz vereinbaren lässt. „Das Gesetz unterscheidet bewusst nicht zwischen Haus- und Wildtieren“, sagt er. Nach aktueller Praxis muss die Feuerwehr einen Wellensittich hinter einem Kühlschrank retten, einen Hirsch mit gebrochenem Bein nicht. „Es kann doch nicht sein, dass die Laune eines Feuerwehrbeamten oder die Penetranz eines Anrufers letztendlich über das Schicksal eines Tieres entscheidet“, findet Thelen.

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Kürzlich beschwerte sich eine Kölnerin beim Beschwerdeausschuss der Stadt, weil ihr die Feuerwehr nicht half, als sie einen verletzen Raben am Straßenrand fand. Damals war auf der Internetseite der Stadt noch zu lesen, dass der prämierte Tiertransportwagen „alles von A wie Amsel bis Z wie Ziege“ in über 3000 Einsätzen jährlich rette. Der Absatz wurde mittlerweile geändert, und auch die Einsatzzahl stellte sich als zu hoch heraus. In der offiziellen Statistik sind für die letzten Jahre jeweils knapp 2000 Einsätze vermerkt.

Die Feuerwehr Düsseldorf unterscheidet nicht zwischen Haus- und Wildtieren, „wir fahren auch für eine verletzte Taube raus, wenn der Notruf glaubwürdig ist“, sagt Pressesprecher Heinz Engels, „und zwar unabhängig davon ob durch die Notlage des Tiers auch Gefahr für Menschen ausgeht oder nicht“. Auf jeder der acht Feuerwachen stehe ein Fahrzeug speziell für die Tierrettung bereit, alle Mitarbeiter seien für die „Standardaufgabe“ geschult.

Auch in München rettet die Feuerwehr Wildtiere, sagt Manuela Wedel, Mitarbeiterin der Pressestelle, „allerdings nur innerhalb des Stadtgebiets“, außerhalb der Stadt sei dies die Aufgabe von Jagdpächtern.

In Frankfurt rettet die Feuerwehr weder Haus- noch Wildtiere. Das übernimmt der private Tierrettungsdienst UNA (Union für das Leben e.V.), mit dem die Feuerwehr einen Kooperationsvertrag geschlossen hat. Die Feuerwehr rücke wenn nötig nur zur technischen Unterstützung, etwa mit einer Drehleiter an, so Pressesprecher Andreas Mohn. (asp)

„Die Zahl 3000 stammt wohl aus einer internen Statistik und ist eventuell durch einen Summierungsfehler entstanden“, sagt Peter Hartl. Der Beschwerdeausschuss bestätigte allerdings das Verhalten der Feuerwehr. „Erkrankung und Tod sind Teil des natürlichen Lebensrisikos eines wildlebendes Tieres“, heißt es in der Begründung.

„Die in Köln lebenden Wildtiere verletzen sich hauptsächlich durch menschliches Einwirken, Verkehrsunfälle zum Beispiel“, sagt Grünen-Ratsherr Ralf Unna, Vorsitzender des Gesundheitsausschusses und Tierarzt. Außerdem sei die Rettung von verletzen Tieren nicht nur eine Frage der Ethik. „Wenn sterbende Tiere mehrere Tage vor sich hinvegetieren, werden sie schnell aggressiv“, so Unna. „Wer übernimmt die Verantwortung, wenn ein Kind von einem tollwütigen Fuchs gebissen wird und stirbt?“

Angelika Bornstein von der Wildvogelhilfe Rhein-Sieg „kann verstehen, dass die Feuerwehr nicht wegen jedem Spatz, der gegen eine Scheibe geflogen ist, ausrückt.“ Aber als sie einmal wegen eines verletzen Graureihers, der auf einer vielbefahrenen Kreuzung in Braunsfeld herumirrte, angerufen habe, habe sich niemand zuständig gefühlt. „Darauf zu warten, dass das Tier vielleicht einen Unfall verursacht, fand ich persönlich unmöglich“, so Bornstein. Das Veterinäramt sieht keinen Änderungsbedarf. „Die Verantwortung, einen verletzen Fuchs nicht anzufassen, liegt beim Bürger“, sagt Amtstierärztin Gabriele Pappenheim. Fälle von Tollwut habe es trotz vieler Füchse im Grüngürtel seit zehn Jahren nicht gegeben. „Falls es die wieder gebe, würden wir auch aktiv werden“, sagt Pappenheim. Anlass zu präventiver Arbeit sehe man nicht.

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