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„Fühlt sich verarscht“So reagieren Kölner Wirte und Veranstalter auf Shutdown

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(Symbolbild)

Köln – Alle Restaurants und Veranstaltungsorte werden den ganzen November geschlossen. Ob und wenn ja, welche zusätzlichen Aufgaben die neuen Maßnahmen für den Ordnungsdienst der Stadt bei den Kontrollen mit sich bringen, ist noch unklar. Sicher sei zunächst aber, dass kein zusätzliches Personal im Außendienst eingesetzt werde, so ein Sprecher der Stadt. Vermehrt bei den Kontrollen helfen soll künftig hingegen die Polizei. Diese wurde vom Ordnungsdienst zuletzt größtenteils eher als Unterstützung herbeigerufen. Nun hat die Polizei von der Stadt die Befugnis erhalten, auch selbstständig Corona-Verstöße ahnden zu können. „Zwar war das vorher auch schon möglich, allerdings nur in den Fällen, in denen Gefahr im Verzug war“, so eine Polizeisprecherin. Die Betroffenen reagieren erbost und verbittert auf den Teil-Lockdown. 

Romain Wack, Patron des elsässischen Restaurants Wackes in der Benesisstraße, sagt: „Bei mir sind in der ersten Stunde nach dem Beschluss sofort drei Absagen für Weihnachtsfeiern eingegangen.“ September bis April sei seine Hauptsaison. Selbst wenn es im Dezember wieder losginge, sei der Verlust groß. „Ich mache auch viele Terrinen für andere Gastronomie-Betriebe, das fällt jetzt auch alles weg“, erzählt der Wirt, der seit 1983 selbstständig ist. „Vor der Krise hatte ich acht Mitarbeiter, jetzt nur noch einen und Aushilfen. Ich habe in Lüftung und Desinfektionsgeräte investiert, das wird mir niemand zurückzahlen. Die Entscheidung ist für mich unverständlich, weil es in der Gastronomie die wenigsten Infektionen gibt. Warum lässt man die Restaurants nicht wenigstens bis acht oder neun Uhr auf?“ Viele junge Kollegen würden das wohl nicht durchstehen.

Kölner Stadtgarten: „Verstehen, dass Politik so handeln muss“

Auch Matthias von Welck, Geschäftsführer des Stadtgartens, der sowohl bei der Gastronomie als auch beim Konzertbetrieb betroffen ist, hätte sich eine andere Entscheidung gewünscht: „Aber wir verstehen, dass Politik so handeln muss und die Gesundheit vor wirtschaftliche Interessen stellt.“

Alles zum Thema Robert-Koch-Institut

„Ich habe das Gefühl, die Veranstaltungsbranche ist hier ein Bauernopfer“, sagt Stefan Löcher, Chef der Lanxess-Arena. Es gebe aufwendige und funktionierende Hygienekonzepte, zudem würden die großen und kleinen Hallen den Menschen mit den Coronavorschriften entsprechenden Angeboten durch die Pandemie helfen. „Wir sind nicht Teil des Problems, wir sind Teil der Lösung“, sagt Löcher. Durch die rigide Beschränkungen der Zuschauerzahlen „haben wir eigentlich schon seit März einen durchgehenden Lockdown“. Das nehme er sogar in Kauf: „Wir haben ja zugunsten des Gemeinwohls geschlossen.“ Aber auch deshalb fordert er nun für die Branche finanzielle Unterstützung, „und ich denke, die steht uns auch zu“. 

Christos Nicopoulos, Leiter des Horizont-Theaters am Thürmchenswall, kritisiert den Fokus auf die Bühnen. „Es ist schwierig, dass das Theater nun als gefährlicher Ort gebrandmarkt wird. Dabei ist es viel sicherer als andere Orte.“ Sie hätten 500 Euro für Desinfektionsmittelspender ausgegeben, würden Abstände einhalten, einem Hygienekonzept folgen. „Wenn man in der Bahn sitzt, ist man auf engem Raum. Warum ist das Theater plötzlich der Sündenbock?“.

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Auch die Gäste seien verunsichert, hätten heute schon angerufen und gefragt, ob das Programm wie geplant stattfinde. Dabei habe sich sein Betrieb zuletzt wieder erholt. „Es lief sehr gut, besonders das Kindertheater, das bei uns etwa die Hälfte ausmacht. Seit der neuen Verordnung und den steigenden Zahlen sind die Leute aber wieder unsicher. Dieses Hin- und Her macht vieles kaputt. Wir werden aber alles tun, damit wir weiter existieren“.

Wo Kölner einen Corona-Test machen können

Corona-Teststellen in Köln

Personen mit Covid-19-Symptomen sollen ihren Hausarzt oder den ärztlichen Bereitschaftsdienst (Nummer: 116117) kontaktieren. Wer akute Atemnot hat, soll sofort den Notruf 112 wählen.

Bei Hausärzten kann sich jeder testen lassen, ob man nun zur Risikogruppe gehört, aus einem Risikogebiet eingereist ist, eine rote Warnung über die Corona-App erhalten hat oder sich ohne triftigen Grund auf das Coronavirus untersuchen lassen möchte. Es gelten die Öffnungszeiten des jeweiligen Arzts.

Im Infektionsschutzzentrum Uniklinik können sich montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr Einreisende aus Risikogebieten, Angehörige einer Risikogruppe und Menschen mit roter App-Meldung testen lassen.

Im Infektionsschutzzentrum Neumarkt (Gesundheitsamt) können sich montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr Einreisende aus Risikogebieten und Menschen mit einer roten App-Warnung testen lassen. 

Am Hauptbahnhof können sich täglich von 7 bis 23 Uhr Einreisende aus Risikogebieten und Menschen mit einer roten App-Warnung testen lassen. Ein Test ohne konkreten Anlass kostet 59 Euro.

Am Flughafen können sich jeden Tag 24 Stunden lang Einreisende aus Risikogebieten und Menschen mit einer roten App-Warnung testen lassen. Ein Test ohne konkreten Anlass kostet 59 Euro.

Mein Corona-Schnelltest in der Lintgasse 14 bietet Antigen-Schnelltests an. Das Angebot kostet 35,90 Euro, online muss ein Termin vereinbart werden. Menschen mit Symptomen dürfen nicht kommen.

Den „Corona Walk-in in der Bonner Straße 178 kann man ohne Termin aufsuchen. Der Test kostet 75 Euro.

Die Firma Medicare Logistic, bietet im Josef-Haubrich-Hof 5 Antigen-Schnelltests für 39,90 Euro einen mobilen Testservice für Unternehmen, Schulen und sonstige Einrichtungen an. Online-Termin erforderlich.

In der Schildergasse 24 hat die Firma Smart-med-Test ein Zentrum eröffnet. Antigen-Schnelltests kosten 37,80 Euro, PCR-Tests 87,98 Euro, Antikörpertests, mit denen eine durchgemachte Corona-Infektion nachgewiesen werden sollen, kosten 47,80 Euro. Online-Termin erforderlich.

In medizinischen Laboren können sich Einreisende aus Risikogebieten oder Angehörige einer Risikogruppe testen lassen – mit einer ärztlichen Überweisung oder als Selbstzahler (die Kosten variieren). Die Labore raten jedoch davon ab, direkt dort hin zu gehen, da die Einrichtungen derzeit stark überlastet sind.

In Rodenkirchen ist Anfang Dezember ein neues PCR-Testzentrum in der Ringstraße 44 eröffnet worden. Ein Test kostet 81 Euro, der Befund soll nach 24 Stunden vorliegen. (og)

Torsten Schlosser vom Atelier-Theater in der Roonstraße hat die Wut mittlerweile hinter sich gelassen. „In den letzten Tagen hat sich die Entscheidung ja schon herauskristallisiert, man konnte sich also emotional vorbereiten.“ Das Robert-Koch-Institut habe der Regierung zugeflüstert, dass Gastronomie und Kultur nicht zu den Treibern der Pandemie gehören – und trotzdem sei eine Schließung beschlossen worden. „Das wird Politikverdrossenheit nach sich ziehen“, ist sich Schlosser sicher. Man habe genauso wie Restaurants Geld in die Hand genommen, um die Betriebe nach den Corona-Auflagen auszurichten. Trotz der Bemühungen und finanziellen Opfer habe sich die Politik zu keiner Zeit auf ihre Seite gestellt. „Da fühlt man sich verarscht. Olaf Schulz hat jetzt schon weitere Hilfen angekündigt, es ist aber die Frage, ob das so umgesetzt wird und man unbürokratisch da rankommt.“ 

Kaum Veränderungen für Kölner Clubbesitzer

Für die meisten Clubs, die sowieso seit März durchgängig geschlossen sind wie der Club Bahnhof Ehrenfeld oder das Luxor, ändere sich nicht viel, sagt Jan van Weegen, Vorstandsvorsitzender der Klubkomm, dem Interessenverband der Kölner Clubs und Veranstalter. „Für alle, die mit Hygienekonzepten ein Notprogramm angeboten haben wie Sonic Ballroom oder Gloria, ist nun alles hinfällig.“ Überrascht habe ihn der Shutdown nicht. „Die strengeren Regeln kamen ja schon vor drei Wochen. Jetzt müssen wir hoffen, dass die Umsatzausfälle kompensiert werden. Da soll ein Maßnahmenprogramm für November aufgesetzt werden.“ 

Klar, auf Facebook gebe es lautstarke Stimmen aus der Szene – manche seien stinksauer. „Aber viele, die nicht wahrnehmbar sind, stellen sich schon die Frage der Verantwortlichkeit: Reichen die Hygienemaßnahmen wirklich oder ist es nicht doch zu gefährlich?“. Angesichts der gestiegenen Infektionszahlen hielte sich die Empörung unter den Betreibern daher in Grenzen. „Es ist keine Böswilligkeit der Politiker, sondern einfach diese blöde Virus-Krise. Wichtig sind jetzt die Hilfen“, so van Weegen. 

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