„Gewisse Bedenken“Kölner Apotheken lehnen Erstimpfungen teilweise ab

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Nicht alle Apotheken in Köln bieten eine Erstimpfung an.

Köln – Tanja* ist nicht geimpft. Die 23-jährige Kölnerin ist keine Querdenkerin, aber ob es an fehlender Überzeugung, Lust oder Zeit liegt, warum sie noch nicht geimpft ist, will sie auch nicht verraten. Es sei ja auch ganz egal, sagt sie, denn jetzt will sie sich impfen lassen. Ihre Entscheidung traf sie vor wenigen Tagen nach einigen Bewerbungsgesprächen.

„Alle Arbeitgeber wollen eine Impfung sehen“, sagt sie. Spontan entschloss sie also, das neue Impfangebot der Apotheke „Zum Goldenen Horn“ anzunehmen. „Es erscheint mir so viel einfacher, sich in der Apotheke impfen zu lassen. Keine lange Wartezeit, und man bekommt sofort einen Termin.“ Einen Termin hat Tanja schnell bekommen, eine Impfung nicht. Die Mitarbeiter der Apotheke lehnten die Impfung ab. Denn die Apotheke hat sich gegen Erstimpfungen entschieden.

Nicht jede Kölner Apotheke bietet Erstimpfungen an

Schon vor Wochen hatten sowohl Apothekerkammer als auch Apothekerverband in der Debatte zur Frage, ob es den Pharmazeuten überhaupt erlaubt sein sollten, gegen das Coronavirus zu impfen, mit einem möglichen Schub für die Impfkampagne argumentiert. So seien Apothekerinnen und Apotheker für viele alte Menschen Vertrauenspersonen, auch für bislang Ungeimpfte, hieß es im Vorfeld.

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Doch zum Start bietet längst nicht jede Kölner Apotheke, die mitmacht, auch Erstimpfungen an. Nach Recherchen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ wollen mindestens zwei der insgesamt 16 Kölner Apotheken, die zurzeit beim Apothekerverband als Impfstelle geführt sind, keine Erstimpfungen durchführen. Zwei weitere würden diese „nur mit Vorsicht“ durchführen, sagt Mariola Ehrler, Apothekerin der Markt-Apotheke in Köln-Porz.

„Man müsse es ja nicht herausfordern“

„Wir wollen zunächst mit den Menschen sprechen, mögliche Vorerkrankungen und Allergien abklären“, sagt die langjährige „Zum Goldenen Horn“-Apothekerin Raphaela Acht. Die Schulung, mit der sie zu allen Impfungen berechtigt ist, haben sie und ihre Kollegen gemacht. Auch auf mögliche Schockreaktionen sei man vornereitet, „aber man müsse es ja nicht herausfordern“, sagt sie.

Diesen Gedanken teilt auch Farzan Davtalab, Inhaber der Colonius-Apotheke am Ebertplatz. „Offen gesagt haben wir da schon gewisse Bedenken“, sagt er. Vor jeder Impfung sei unklar, wie der Patient auf die erste Coronaimpfung reagiere.

Eine individuell Entscheidung der Apotheken

„Als Verband erfassen wir nicht, welche Apotheke Erstimpfungen anbietet und welche nicht. Grundsätzlich haben alle Apotheken diese Möglichkeit“, sagt Thomas Preis, Vorsitzender der Kölner Apotheken, dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Es sei aber die individuelle Entscheidung der Verantwortlichen, „da will ich niemandem reinreden“, so Preis weiter.

Der Großteil der impfenden Kölner Apotheken bietet Erstimpfungen an. „Auch wir haben definitiv Respekt, bei einer Komplikation wissen wir aber, wie wir zu handeln haben und fühlen uns sehr sicher“, sagt Mahnor Salehi-Rafat, Inhaberin der Artus-Apotheke am Chlodwigplatz und der St. Antonius-Apotheke in Bayenthal.

Umliegende Ärzte übernehmen die Erstimpfungen

Für Farzan Davtalab von der Colonius-Apotheke steht am Ende des Tages der Patient im Vordergrund. Und für diesen hat er eine gute Lösung gefunden, denn am Ebertplatz haben sich zahlreiche Ärzte niedergelassen, an die der Apotheker die Impflinge verweist. „Ich finde das sehr souverän“, sagt Tim Kümmerle von der „Praxis am Ebertplatz“, die direkt gegenüber der Colonius-Apotheke liegt. „Wir machen es ja nicht anders und übergeben bestimmte Fälle an den Facharzt“, sagt er.

Wenn sich eine Apothekerin oder ein Apotheker unsicher mit möglichen Komplikationen fühle, übernehme er die schwierigeren Fälle gerne. „Das ist doch eine gute Kooperation. Und am wichtigsten ist ja, dass der Patient geimpft wird. Wir machen alles möglich, dass das noch am selben Tag passiert.“ So wurde auch Tanja* von den Mitarbeitern der Apotheke „Zum Goldenen Horn“ an einen Hausarzt verwiesen.

Hauptfokus liege auf Booster-Impfungen

Auch für Thomas Preis ist dies ein guter Kompromiss. „Natürlich wären flächendeckende Erstimpfungen in den teilnehmenden Apotheken wünschenswert, ich kann es aber auch nachvollziehen, wenn Apotheker die erste Spritze eher einem Arzt überlassen.“

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Trotz der Unklarheiten zum Start ist er optimistisch, dass die Apotheken die Impfkampagne noch einmal voranbringen können. „Die Erreichbarkeit ist sehr gut, Apotheken sind fast immer barrierefrei“, betont er. Der Hauptfokus liege sowieso auf Booster-Impfungen. „In Köln gibt es relativ viele Menschen, die nur einmal mit Johnson & Johnson geimpft sind – die wollen wir erreichen“, sagt Preis. Einen weiteren Vorteil sieht er darin, dass für Impfungen an Apotheken keine Gesundheitskarte notwendig sei, ein Personalausweis reiche aus. So könne man auch Menschen eine Impfung anbieten, die nicht versichert sind.

Diese und alle anderen Impflinge können sich telefonisch oder persönlich bei den Apotheken für eine Impfung anmelden. Online-Termine vergeben die meisten Kölner Apotheken derzeit noch nicht, berichteten die Apotheken auf Nachfrage.

* Name von der Redaktion geändert.

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