„Habe Bauchschmerzen”Wie Kölner Politik, Medizin und Karneval auf den 11.11. blicken

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Zülpicher Straße Karneval Symbolbild Meurer

Die Zülpicher Straße, einer der Hotspots am 11. November – im Normalfall.

Köln – Monatelang haben die Jecken bangen müssen, ob die Session überhaupt mit öffentlichen Feiern und Kneipenkarneval stattfinden kann. Am Donnerstag wird nun der Fastelovend zwar eröffnet, die Menschen müssen sich aber auf Einschränkungen gefasst machen. Der städtische Krisenstab hat verfügt, dass öffentlichen Veranstaltungen und der Kneipenkarneval nur mit der 2G-Regel stattfinden kann, teilte die Stadt am Montag mit. Dies betrifft die von der Stadt Köln ausgewiesenen Bereiche Altstadt und Zülpicher Viertel, alle Karnevalsveranstaltungen und Karnevalsfeiern in Kneipen und Gastronomie sowie die Veranstaltungen der Oberbürgermeisterin im Historischen Rathaus. Die Regelung gilt auch am kommenden Wochenende.

Wer also in die fünfte Jahreszeit in einer Kneipe, in der Altstadt oder im Univiertel starten will, muss also gegen Corona geimpft oder genesen sein. Die 2G-Regelung gilt nicht für Kinder von null bis sechs Jahren. Kinder im Alter von sechs Jahren bis zwölf Jahren und drei Monaten sowie Menschen, die sich aus medizinischen Gründen nicht impfen lassen können, können auch unter Vorlage eines maximal 48 Stunden alten PCR-Tests oder maximal sechs Stunden alten Antigenschnelltests mitfeiern.

„Angesichts der weiter steigenden Infektionszahlen und der Situation auf den Intensivstationen haben wir uns zu diesem Schritt entschlossen", sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker. „Ich bin froh, dass das Land unseren Regelungen so kurzfristig zugestimmt hat und wir diese Regeln nun umsetzen können, um damit die Sicherheit der Karnevalsfeiern noch ein Stück weit zu erhöhen”, ergänzte Stadtdirektorin Andrea Blome.

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Kölner Krisenstab: 11.11. stand auf der Kippe

Wie am Montag zu erfahren war, stand der 11.11. während der Sondersitzung des Krisenstabs zwischenzeitlich auf der Kippe. „Es wurden alle Optionen geprüft“, sagte Feuerwehrchef Christian Miller auf die Frage, ob eine Komplett-Absage im Raum stand. „Wir waren uns schließlich einig, dass wir auf der einen Seite für Sicherheit sorgen müssen, weil wir wieder mit vielen Besuchern in der Stadt rechnen, aber das Feiern eben nicht verhindern wollen“, sagte Miller und sprach von einem „gemeinsamen Weg“, den alle Feiernden zusammen mit den Einsatzkräften gehen sollten.

Leiter des Divi-Intesivregisters: „Ich habe Bauchschmerzen”

Ob das Konzept des kontrollierten Feierns aufgeht, wird wohl stark davon abhängen, wie gut die Kontrollen gelingen werden. „Wie wir 2G beim Schunkeln kontrollieren wollen, ist mir noch nicht ganz klar“, sagte Christian Karagiannidis, Leiter des Divi-Intensivregisters am Montag dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ und spricht damit an, was sich wohl viele so kurz vor dem Sessionsbeginn fragen: Klappt die Einlasskontrolle in der Altstadt, in den großen Brauhäusern und den kleinen Kneipen in den Veedeln? „Feiern in Innenräumen mit viel Alkohol neigt zum Superspreading-Event“, sagte Karagiannidis, Leiter der Lungenintensivstation im Klinikum Köln-Merheim, weiter. „Ich habe etwas Bauchschmerzen und würde die Bevölkerung bitten, möglichst in den Außenbereichen zu feiern.“

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Für Christoph Kuckelkorn, Präsident des Kölner Festkomitees, kommt die Entscheidung zu 2G nicht überraschend. „Der Vorstoß der Stadt im Hinblick auf 2G folgt dem allgemeinen Trend und dem Sicherheitsempfinden der Menschen“, sagte Kuckelkorn im Interview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Man biete dadurch sichere Möglichkeiten, drinnen und draußen Karneval zu feiern. Für Geimpfte und Genesene sei „das Risiko einer Erkrankung zwar immer noch latent da, aber die schweren Ausprägungen der Krankheit eben nicht. Diesen Freiraum können wir jetzt auch wieder nutzen“, so der Festkomitee-Präsident. Sorgen bereiteten ihm vor allem die Reaktionen der Ungeimpften auf die 2G-Regelungen.

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Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn beim Interview.

„Das schlimmste, was jetzt passieren kann, ist, dass die Ungeimpften jetzt privat mit 50 bis 60 Leuten Karneval feiern. Das wäre der Super-Gau. Wir werden in den kommenden Tagen genau beobachten, wo sich neue Spielplätze auftun, die wir noch nicht kennen.“ Man blicke mit Spannung auf den 11.11., der ein Test für die gesamte Session sei. „Je nachdem, wie dieser Tag läuft, werden wir daraus Konsequenzen für die nächsten Monate ziehen. Wir schauen jetzt, welche Maßnahmen sinnvoll sind und wo wir gegebenenfalls nachsteuern müssen“, sagte Kuckelkorn.

Unterstützung für die Stadt kommt von der CDU. „Ich finde die Entscheidung der aktuellen Situation mit den steigenden Fallzahlen angemessen“, sagt CDU-Parteichef Bernd Petelkau. „Wir wollen sicher feiern, die Situation darf nicht weiter eskalieren.“ Einer Absage der Feiern zum Sessionsauftakt hält Petelkau nicht für angemessen. In Köln seien mehr als 80 Prozent der Über-18-Jährigen geimpft. „Wir freuen uns, dass in diesem Jahr die Karnevalssession wieder mit Festveranstaltungen und Feiern starten werden“, sagte auch die Fraktionschefin der Grünen, Christiane Martin. Die vierte Welle der Pandemie mache Sorgen. „Die vom Kölner Krisenstab geplanten 2G-Regeln für den 11.11. in den Feierzonen begrüßen wir sehr.“

SPD kritisiert Flickenteppich

Die SPD äußerte sich kritischer: „Seit mehr als anderthalb Jahren befinden wir uns nun schon in der Corona-Krise, die Inzidenzwerte steigen seit Wochen. Der 11.11. kommt nicht plötzlich um die Ecke, eben so wenig wie die kommende Session oder die Weihnachtsmärkte“, sagte Fraktionschef Christian Joisten. „Es ist völlig unverständlich, dass trotz aller Vorzeichen wieder mal ein großes Durcheinander herrscht und es wieder mal einen Flickenteppich an Regeln gibt.“ Benötigt würden klare, langfristige Regeln für den Gesundheitsschutz sowie Unterstützung von Gastronomen, Kulturschaffenden und Veranstaltern durch Beratung, Flyer oder ähnlichem. „Und eine klare Kontrolle aller Regeln. Nur so haben wir eine Chance, die vierte Welle zu brechen.“

Kölner Polizei: 1100 Beamte im Einsatz

Eine flächendeckende 2G-Regelung werde sich laut Polizei auf die Art der Einsätze auswirken. Ein Sprecher sagte auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“, dass im Bereich der Zugangskontrollen an den Feierzonen mehr Streit denkbar sei. „Unter denen, die abgewiesen werden, werden sich durchaus auch Uneinsichtige befinden“, so der Sprecher. Die Polizei werde in zwei Schichten mit rund 1100 Einsatzkräften mit Schwerpunkt Innenstadt präsent sein. „Wir gehen davon aus, dass die Leute nicht zuhause bleiben, sondern sich einen anderen Platz im Freien suchen, um zu feiern“. Das hätten die Beamten im Blick. An den Orten, wo mutmaßlich Party gemacht werde, habe sich im Vergleich zur Zeit vor Corona nicht viel geändert, so der Sprecher.

Veranstaltung im Kölner Tanzbrunnen

„Ich persönlich halte die Regelung für unglücklich“, sagt Manfred Damaschke vom „Großen Kölschen Countdown“, der den Tanzbrunnen am Donnerstag bespielt. „Man löst damit mehr Diskussionsbedarf aus bei den Menschen. Wir hatten ohnehin 3G-plus: also Eintritt mit PCR-Test. Das werden eine Handvoll Menschen sein, die 80 Euro für einen Test ausgeben, um auf eine Karnevalsveranstaltung zu gehen.“ Ungeimpfte könnten ihr Ticket nun zurückgeben.

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