„Ich brauche Hilfe“Angeklagter gibt Überfälle auf drei Kölner Taxifahrer zu

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Symbolbild.

Köln – Anfang März diesen Jahres ging bei Kölner Taxifahrern die Angst um. Gleich drei Mal in einer Woche waren Kollegen offensichtlich von ein und demselben Täter überfallen und ausgeraubt worden. Der Modus operandi stets derselbe: Der Täter orderte per Handy einen Wagen, ließ sich zum Zielort fahren und setzte dann einen Elektroschocker als Drohmittel ein, getarnt als Taschenlampe. Insgesamt hatte er knapp 500 Euro Beute gemacht. Festgenommen wurde der Täter nach seinem dritten Überfall im Eroscenter: Er stand nackt im Badezimmer einer Prostituierten, als die Beamten ihn aufspürten. Der gebürtige Iraner Siavash A. (37) hatte sich zuvor von Kalk zur Hornstraße fahren lassen und dem Taxifahrer anschließend die Geldbörse mit roher Gewalt aus der Hand gerissen.

„Die Vorwürfe treffen im Wesentlichen zu, mein Mandant hat ein massives Problem mit schädlichen Stoffen“, legte der Pflichtverteidiger des Angeklagten zum Prozessauftakt vor dem Landgericht seine Verteidigerstrategie offen: Alles einräumen und auf verminderte Schuldfähigkeit setzen, um so einen Gefängnisaufenthalt zu vermeiden und einen Entzug in einer forensischen Klinik möglich zu machen.

Höhen im Tiefen im Leben von Siavash A.

Siavash A., der drei Sprachen fließend spricht und im Alter von drei Jahren mit seinen Eltern aus dem Iran nach Deutschland kam, beeilte sich hinzuzusetzen, wie sehr er die Taten bereue, „aber ich kann sie leider nicht mehr rückgängig machen“. Auf die schiefe Bahn geriet er schon früh, die Trennung seiner Eltern nennt er als Grund für seinen „ersten Absturz“, als er das erste Mal mit Cannabis und Kokain in Berührung kam. Sehr eloquent und beredt gibt er seinen Lebenslauf zu Protokoll, der gekennzeichnet ist von Höhen und Tiefen. Nach der mittleren Reife ging er einem „breiten Spektrum an Tätigkeiten“ nach, als Kellner, Koch, Schneider, Lagerist. Eine Ausbildung machte er nie.

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Nach zwei Verurteilungen wegen Drogendelikten versuchte er bei einem Bekannten in Glasgow einen Neuanfang, ging anschließend nach London, um sich dort in der Modebranche („Ich bin sehr kreativ“) zu versuchen. Doch seine komplette Modemappe mit Entwürfen wurde ihm gestohlen, dann trennte sich auch noch seine Freundin von ihm, er kehrte Anfang 2020 nach Deutschland zurück. Drogenabhängig, ohne Ziel, ohne Geld und nach zwei absolvierten Drogentherapien.

Siavash A. wollte sich nach Überfall in Köln Hilfe holen

Noch einen Tag vor dem ersten Überfall sprach er in der Drogenambulanz in Merheim vor, bat um eine Entgiftung und hatte angeblich schon einen anschließenden Therapieplatz, als er tags drauf unter Drogen den ersten Überfall beging. „Dümmer gehts eigentlich nicht, wenn man einen Überfall begeht“, merkt der Vorsitzende Richter die Vorgehensweise des Angeklagten an. Er hatte bei allein drei Überfällen weder eine Maske getragen noch sich sonst wie vermummt, zudem war über sein Handy im Nachhinein eine Rückverfolgung möglich geworden. „Wollten Sie vielleicht sogar gefasst werden und ins Gefängnis kommen?“ fragt der Richter und bekommt ein zögerliches Nicken zur Antwort.

„Woher nehmen Sie die Hoffnung, dass eine weitere Therapie zum dauerhaften Erfolg führt?“, will der psychiatrische Sachverständige wissen angesichts der wiederholten Rückfallgefahr des Angeklagten. „Ich muss an mir arbeiten, aber ich brauche Hilfe dazu“, kommt zur Antwort. Sein drittes Opfer, Taxifahrer Osman W. (68) war nach dem Überfall drei Monate krankgeschrieben. Er beklagt noch heute Schmerzen an der Hand, weil er seine Geldbörse zunächst nicht hatte loslassen wollen. „Ich gehe so gut wie nicht mehr vor die Tür, habe manchmal immer noch Angst“, sagt das Opfer über seinen Gemütszustand, heute, drei Monate nach dem Überfall. 

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