„Innere Distanzierung zur Kirche“34 Kölner Pfarrer schreiben Brandbrief an Woelki

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Woelki

Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki

Köln – Nach zahlreichen kritischen Briefen von Pfarreien und Verbänden an Kardinal Rainer Woelki sowie einer Online-Petition „gegen Vertuschung“ mit inzwischen fast 3300 Unterstützern hat sich nun auch eine Gruppe von 34 Kölner Pfarrern an den Kölner Erzbischof und die Bistumsleitung gewandt. Angesichts der „sich immer dramatischer entwickelnden Thematik der Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum Köln“ beschreiben die Geistlichen einen zunehmenden Loyalitätskonflikt.

Sie konstatieren ein „breites Unverständnis“ über die Kommunikation des Erzbistums im Zusammenhang mit dem unter Verschluss genommenen Münchner Rechtsgutachten zum Missbrauchsskandal im Erzbistum und beklagen einen Glaubwürdigkeits- und Vertrauensverlust in ihrer pastoralen Arbeit. „Wir fühlen uns der Kirche zutiefst verbunden, können uns aber nicht mit dem aktuellen Management der gegenwärtigen Vertrauenskrise in unserem Erzbistum identifizieren“, heißt es in dem Brief, der dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt. Dies führe „zu einer immer stärkeren inneren Distanzierung zur Kirche von Köln, die auch die Vertrauensbasis zur Bistumsleitung nachhaltig berührt. Deutlich wird hier eine sich ausbreitende Atmosphäre des Misstrauens, der Verdächtigung und des resignativen Rückzugs.“

Priestergruppe spricht Rücktritte an

Zu den Unterzeichnern des Briefs gehören der Sekretär des Priesterrats, Jochen Thull (stv. Kreisdechant im Rhein-Sieg-Kreis), die Kölner Pfarrer Andreas Brocke (Seelsorgebereich Köln am Südkreuz) und Johannes Quirl (Sankt Severin), der Pfarrer des Altenberger Doms, Thomas Taxacher, die Schulseelsorger René Fanta, Andreas Haermeyer, Dirk Peters, Wolfgang Pütz und Dominik Schultheis, Hochschulpfarrer Klaus Thranberend, Professor Joachim Windolph von der Katholischen Fachhochschule (KatHO) NRW und leitende Geistliche unter anderem aus Bergisch Gladbach, Remscheid und Solingen. Ebenfalls unterschrieben hat Pfarrer Klaus Koltermann aus Dormagen, der sich Ende 2020 als erster Pfarrer im Erzbistum hinter Rücktrittsforderungen an Woelki gestellt hatte, was ihm zeitweilig die Androhung dienstrechtlicher Konsequenzen eintrug.

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Auch die Priestergruppe spricht etwaige Rücktritte im Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal an. „Allein schonungslose Transparenz und Aufklärung können dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholen kann und wird. Die Übernahme von persönlicher Verantwortung einerseits sowie die Übernahme von systemischer Verantwortung andererseits können wirksame Zeichen der Umkehr und des Neuanfangs setzen.“

Pfarrer bangen um Basis für Glaubwürdigkeit

Den Pfarrern, die den Erzbischof um einen „ehrlichen Austausch“ und ein Gespräch bitten, geht es nach eigenen Worten um die zentrale Frage, verloren gegangene Glaubwürdigkeit wiederzugewinnen. Diese Glaubwürdigkeit sei die Basis dafür, dass die Zukunft der Kirche von Köln und damit auch der „pastorale Zukunftsweg“, ein von Kardinal Woelki initiierter Reformprozess im Erzbistum, gelingen könnten.

Die Seelsorger schildern der Bistumsleitung, dass sich immer mehr Gläubige von der Kirche distanzierten. Besonders erschwert sei auch die Arbeit der Kinder- und Jugendseelsorger, denen „kein Vertrauen mehr geschenkt“ werde. Die Autoren des Briefs schreiben, sie seien nicht bereit, „bei dieser Entwicklung still resignierend zuzuschauen“ und verlangen als „Ausweg aus dieser Not“ von der Bistumsleitung einen „wahrhaftigen und transparenten Umgang mit eigenen Fehlern“ in der Missbrauchsaufarbeitung sowie die „Erkenntnis strukturellen Versagens in Vergangenheit und Gegenwart“.

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Mit gleicher Zielsetzung tritt an diesem Donnerstag der Diözesanrat im Erzbistum Köln zusammen. Die Vollversammlung des Dachverbands der Gemeindegremien und katholischen Organisationen tritt unter Leitung ihres Vorsitzenden, des Solinger Oberbürgermeisters Tim Kurzbach (SPD), an diesem Donnerstag zusammen. Vorige Woche hatte der Katholikenrat im Rhein-Sieg-Kreis gefordert, die Mitarbeit beim pastoralen Zukunftsweg bis auf Weiteres auszusetzen, weil aufgrund der „ungeklärten Missbrauchsaufarbeitung im Erzbistum keine hinreichende Akzeptanz vorhanden“ sei, so die Vorsitzende der Laienvertretung, Bettina Heinrichs-Müller. Dem Vernehmen nach wird auch der Diözesanrat deutliche Forderungen an Kardinal Woelki und die Bistumsleitung formulieren.

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