„Jetzt gehören wir endlich dazu“Engländer in Köln werden nach dem Brexit Deutsche

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Oonagh Sweeny, Tochter Louisa, Joe Bakaj und Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Freker

Oonagh Sweeny, Tochter Louisa, Joe Bakaj und Bezirksbürgermeisterin Helga Blömer-Freker

Köln – Er ist in England geboren, sie im irischen Limerick. Gemeinsam haben sie mehrfach in Amerika gelebt und in Japan gearbeitet, doch zu Hause fühlen sie sich in Deutschland. Joe Bakaj kam 1989 nach Köln, um als Ingenieur bei Ford anzufangen, Oonagh Sweeny verschlug es nach ihrem Sprachenstudium per Zufall ebenfalls zu dem Autobauer.

Beide hatten eigentlich nur einen vorübergehenden Arbeitsaufenthalt im Sinn. Doch sie blieben – und sind nun auch offiziell deutsche Staatsbürger geworden. „Wir leben mittlerweile länger hier als in unserer alten Heimat, haben viele Freunde, und unsere Tochter, die in Köln geboren wurde, ist Deutsche“, sagen Joe und Oonagh, die am liebsten nur mit Vornamen angesprochen werden. Das förmliche „Sie“ ist eines der wenigen Dinge, mit denen sie sich in Deutschland wohl nicht so recht anfreunden konnten.

Ihre Einbürgerung ist die logische Folge eines langen Prozesses. Den letzten Ausschlag aber gab schließlich das Brexit-Votum der Briten. „Ich habe überlegt: Fühle ich mich nur als Engländer, oder bin ich Europäer“, erzählt der 55-Jährige. Für ihn war klar, dass er in der EU bleiben will. Notfalls würde er dafür auch seine englische Staatsbürgerschaft aufgeben, sollte dies nach dem Austritt der Briten notwendig werden.

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Immer mehr Engländer haben sich seit dem 23. Juni 2016, dem Tag des Brexit-Votums, zu diesem Schritt entschieden. Gab es zuvor in Köln lediglich zwischen einer und neun Einbürgerungen pro Jahr, schnellte die Zahl danach sprunghaft nach oben. 2016 verzeichnete die Ausländerbehörde 42 Einbürgerungen und 69 Antragstellungen, 2017 waren es schon 163 Einbürgerungen und 122 Antragstellungen. Für viele im Ausland lebende Engländer war die Brexit-Entscheidung ein Schock – die Zahlen spiegeln das wieder.

Schwerer Weg zur Einbürgerung

Einfach ist der Weg zur Einbürgerung nicht, und mit rund 600 Euro pro Person auch nicht billig. Für Joe und Oonagh begann er im April vergangenen Jahres mit dem Gang zur Ausländerbehörde in Kalk. Dort bekamen sie eine lange To-Do-Liste ausgehändigt: Geburts- und Heiratsurkunden, Rentenbescheide und Diplome mussten übersetzt und ein Lebenslauf eingereicht werden. Joe Bakaj musste zudem einen B1-Sprachtest machen.

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Im August absolvierten die beiden den Einbürgerungstest, für den sie zuvor monatelang per Online-Quiz gebüffelt hatten. Immerhin galt es, sich auf 310 mögliche Fragen vorzubereiten. Ende Januar fand schließlich die Einbürgerungsfeier im Bezirksrathaus in Lindenthal statt, zusammen mit Antragstellern aus Korea, Iran, Spanien und Frankreich.

Vier Freunde und natürlich Tochter Louisa begleiteten die beiden zu der Feierstunde, es gab deutschen Sekt, schwarz-rot-goldene Blumenketten, für jeden ein Grundgesetz, einen Karnevalsorden und einige persönliche Worte der Bezirksbürgermeisterin.

„Emotionaler Moment“

„Das war für uns ein sehr bewegender, emotionaler Moment“, sagt Oonagh. „Wir sind schon so lange hier zu Hause, waren aber doch immer Ausländer. Seit wir offiziell und auf dem Papier Deutsche geworden sind, gehören wir endlich voll und ganz dazu. Auch wenn ich meinen irischen Akzent wohl nie verlieren werde.“ Und Joe freut sich schon auf die Fußball-WM. „Hoffen wir, dass unsere deutsche Mannschaft erfolgreich ist.“

Party mit Mettbrötchen und Kartoffelsalat

Das weit gereiste Paar kann sich nicht mehr vorstellen, wo anders zu leben. Amerika sei nie eine Option gewesen, Japan zwar interessant, aber auch sehr fremd. Dagegen hat Deutschland und insbesondere Köln für sie viele Vorzüge: ein gutes Gesundheits- und Bildungssystem, zahlreiche Kulturangebote, gute Restaurants und Kneipen, der Karneval. „Wenn man beruflich so viel hin und her geschickt wurde, weiß man vieles mehr zu schätzen.“ Im Sommer werden sie eine richtige „Welcome in Germany“-Party feiern – mit Grillwürstchen, Kartoffelsalat und Mettbrötchen. Und natürlich mit Kölsch.

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