„Lässt sich nicht alles planen“Betriebsleiter spricht über Kölner Opernsanierung

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Die Sanierung des Opernhauses dauert bis zum Jahr 2024.

Die Sanierung des Opernhauses dauert bis zum Jahr 2024.

  • Bernd Streitberger leitet die Sanierung des Opernhauses noch bis mindestens 2022.
  • Im Gespräch beschreibt er, warum die Opernsanierung sich so lange hinauszögert und welche Risiken es in der Planung eines solchen Projektes gibt.

Köln – Herr Streitberger, bei der Verkündung der aktuellen Zeit- und Kostenprognose für die Oper haben Sie gesagt, dass Sie nicht garantieren können, dass die neuen Pläne auch tatsächlich vollständig umsetzbar sind. Was wäre, wenn es doch noch mal teurer werden und länger dauern sollte?

Bernd Streitberger: Auf einer Baustelle gibt es in jeder Phase Risiken, insofern wären Garantien heute genau so wenig seriös, wie 2017, als diese Frage zum ersten Mal gestellt wurde. Allerdings haben wir jetzt mit der vorliegenden Ausführungsplanung einen weitaus höheren Grad an Sicherheit in unserer Planung als damals. Noch einmal die Meilensteine in der Chronologie: Wir haben 2017 eine Prognose gemacht auf einer damals noch sehr unvollständigen Grundlage. Im Sommer 2019 haben wir dann auf Grundlage der Entwurfsplanung die Prognose geschärft. Danach haben wir eine Verzögerung in der Ausführungsplanung erlitten. Die zweite Hälfte des Jahres 2019 und große Teile des Jahres 2020 waren für uns sehr hart auf der Baustelle. Wir konnten Monat für Monat sehen, wie wir Zeit verloren haben. Das lag daran, dass die Ausführungsplanung und die Vergabe der Aufträge an die Haustechnikfirmen länger gedauert haben. Wir befinden uns jetzt auf der Basis einer fertigen, geprüften und nachgearbeiteten Ausführungsplanung.

Zur Person

Bernd Streitberger wurde 1949 in Münster geboren. Von 2004 bis 2012 war er Baudezernent in Köln und setzte damals den Prozess für die Opernsanierung mit auf. Seit 1. Mai 2016 ist er technischer Betriebsleiter der städtischen Bühnen. (att)

Ab Sommer soll der Baubetrieb am Offenbachplatz wieder vollständig laufen. Wann wird sich zeigen, ob sich die Planungen umsetzen lassen?

Das wird sich sukzessive zeigen und ist deshalb nicht auf einen Termin festzulegen. Wir haben das Glück, dass wir seit vier Jahren eine separate Objektüberwachung für die Haustechnik an Bord haben, die für diesen Bereich auch die Bauleitung übernimmt. Sie haben auch die Pläne für die Haustechnik mitgeprüft. Im alten Projekt waren Planung und Objektüberwachung in einer Hand. Das haben wir ganz bewusst getrennt. Ich weiß, dass das von uns beauftragte Büro die Baustelle so organisiert, dass das bestmöglich klappt. Trotzdem, Stichwort Risiken, wird irgendwann jemand vor einer Wand stehen und sagen, die kennen wir ja gar nicht. Es lässt sich eben einfach nicht alles bis zum letzten My planen. Die Befähigung und die Erfahrenheit unseres Objektüberwachungsteams machen mich aber sicher, dass wir das hinbekommen werden.

Wie wichtig ist es, dass die Zusammenarbeit mit den Baufirmen funktioniert?

Das ist essenziell. Es gibt auf manchen Baustellen eine Atmosphäre, dass die Baufirma der Gegner ist. Ich hingegen sage immer, das ist unser Partner, der uns hilft, fertig zu bauen. Ich gehe offen auf die Firmen zu. Insofern bin ich sehr zuversichtlich. Wir haben versucht, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, damit die Firmen sich willkommen fühlen und sich ins große Sanierungsteam mit allen Beteiligten schnell einfügen können. Wir haben auch eine Clearingstelle eingerichtet, falls es doch einmal zu Schwierigkeiten kommen sollte.

Es gibt Stimmen, die sagen, die Betonfarbe der Bühnentürme sei schrecklich – die müssten wieder weiß gestrichen werden. Was sagen Sie dazu?

Wir werden das nicht weiß streichen. Das ist Sichtbeton, und das muss auch Sichtbeton bleiben. Das würde die Denkmalpflege auch gar nicht zulassen.

Wie viele juristische Verfahren laufen zurzeit?

Wir haben ein großes Verfahren gegen das Ingenieurbüro Deerns. Sie haben zuerst uns verklagt, und dann haben wir sie verklagt. Da läuft seit zwei Jahren ein selbstständiges Beweissicherungsverfahren, das bislang noch zu keinem Ergebnis geführt hat. Es sind seit September 2020 alle Termine wegen Corona abgesagt worden. Der nächste soll am 1. März stattfinden. Und dann gibt es noch zwei Klageverfahren von Baufirmen, die von uns noch Geld haben wollen. Ein Verfahren ist von beiden Seiten ruhend gestellt worden, weil wir glauben, dass wir das ohne Gericht lösen können.

An der Opernsanierung sind 58 Baufirmen beteiligt. Wie schlimm wäre es, wenn eine davon insolvent ginge?

Wenn uns der Trockenbau oder eines der großen haustechnischen Gewerke auf die Art und Weise abhandenkommen würde, wäre das schon sehr schwierig für uns. Das muss man deutlich sagen. Deshalb ist es auch eines unserer Risiken, die wir intensiv beobachten und in unserer vorgelegten Risikoprognose eingepreist haben. Ein solcher Fall ist aber sehr unwahrscheinlich – einerseits, weil wir stabile Unternehmen gefunden haben, andererseits befindet sich die Baubranche bekanntermaßen in einer sehr guten Konjunkturphase. Die Firmen haben ja nicht das Problem, dass sie keine Aufträge haben, weshalb wir sehr froh sind, dass unsere Ausschreibungen für die fünf vakanten Gewerke der Haustechnik letztes Jahr erfolgreich waren.

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Bleiben Sie selbst bis zur Fertigstellung der Oper technischer Betriebsleiter?

Ich hatte ursprünglich einen Vertrag bis Ende 2019. Da war ich 70 Jahre alt. Das ist eigentlich auch ein schönes Alter. Aber ich habe mich entschieden weiterzumachen. Ich habe jetzt einen Vertrag bis Ende 2022, den ich auf jeden Fall erfüllen werde. Wir müssen dann wahrscheinlich im nächsten Jahr darüber reden, ob der Vertrag verlängert wird. Das ist ja nicht nur meine Entscheidung. Ich fühle mich fit und kann mir daher vorstellen, dass ich das bis Anfang 2024 mache, wenn man mich lässt. Weglaufen werde ich nicht.

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