„Lage ist perspektivlos“Warum Kölner Bäcker besonders unter der Energiekrise leiden

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Bäcker Engelbert Schlechtrimen (58).

Köln – Eigentlich hätte die Bäckerei Schlechtrimen allen Grund zu feiern. Schließlich wird die Kalker Handwerksbäckerei in diesem Jahr 90 Jahre alt. Doch Inhaber Engelbert Schlechtrimen ist momentan nicht nach Jubiläums-Feierlichkeiten zu Mute. „Wir machen erhebliche Verluste. Die Lage ist perspektivlos“, sagt der 58-jährige.

Handwerksbäckereien machen gerade eine harte Zeit durch. Die energieintensiven Öfen müssen trotz Energiekrise weiterlaufen. Die steigenden Kosten sind nicht die einzige Herausforderung für die Betriebe: auch die steigenden Rohstoffpreise, fehlende Nachfrage und der Fachkräftemangel treffen die Bäckereien. So kämpfen viele der Handwerksbetriebe um ihre Existenz.

Nachwuchsmangel und Energiekrise zugleich

„Die Materialkosten haben sich um 50 Prozent erhöht. Früher haben wir für 100 Kilogramm Mehl 28 Euro bezahlt, gerade sind es 58. Die Energiekosten haben sich auch verdoppelt, mit einer Vervierfachung ist zu rechnen“, berichtet Schlechtrimen. Es sei damit zu rechnen, dass die Menschen durch die Inflation und steigenden Energiepreise weniger Geld zur Verfügung haben. Seit 1994 sei nicht mehr so wenig eingekauft worden, so der Bäcker. „Die Lunte brennt also von zwei Seiten.“ Die Produktionskosten steigen, die Kunden bleiben aus. „Im Moment verheize ich mein Erspartes“, so Schlechtrimen.

Die Bäcker-Innung Köln/Rhein-Erft-Kreis ist täglich im Kontakt mit den Betrieben. „Es ist eine große Unsicherheit zu spüren“, sagt Geschäftsführer Peter Ropertz. Er wisse von Betrieben, die von Gas- auf Öl-Öfen umrüsten. Aber auch dies sei natürlich mit einer Investition verbunden, so Ropertz. Ein großes Problem ist, dass die energieintensiven Handwerksbäckereien keine Zuschüsse aus dem Energiekostendämpfungsprogramm (EDKP) des Bundes beantragen können. Grund dafür sei, dass ihre Produkte nicht international vertrieben werden würden und sie so nicht über ausreichende Handelsintensität verfügen.

Ein Missstand, auf den die Innung am Mittwoch aufmerksam machen wollte. Unter dem Motto „Uns geht das Licht aus“ verzichteten viele Kölner Bäcker den ganzen Tag auf ihre Beleuchtung. So auch in der Bäckerei „Ecke“ in Braunsfeld. Von 6.30 Uhr bis 18.30 Uhr abends tappten die Kunden hier ins Dunkel und fragten sich, ob der Laden überhaupt geöffnet sei. Genau auf diesen Effekt setzt Verkaufsleiterin Lada Subkova. Es gehe ihr darum, Menschen aufzuklären. „Wenn meine Schicht heute endet, werde ich bestimmt 100 Menschen von unserer Lage erzählt haben. Und die erzählen es dann hoffentlich auch weiter“, sagt sie. Sie hoffe, dass dies langfristig einen gewissen Druck auf die Politik ausübe und die Branche im EDKP berücksichtigt werde. „Es ist kein Hilferuf, aber wir brauchen die Anerkennung. Wir müssen gesehen werden“, sagt Subkova. Die Bäckerei wolle sich nicht an der Preisspirale beteiligen und die Kosten nicht auf den Schultern der Kunden abladen, nur damit man weiter geöffnet haben könne. „Es wäre traurig, wenn das deutsche Brot irgendwann von unseren Esstischen verschwinden würde. Das werden wir nicht zulassen“, so die Verkaufsleiterin.

Bäckereien verheizen teilweise Erspartes

An der „Licht aus“-Aktion nahm auch die Bäckerei Wiens aus Nippes teil. „Die Angst wird immer größer. Aktuell haben wir geöffnet, aber wie lange wissen wir nicht“, zeigt sich Inhaber Herbert Wiens besorgt. Seine Bäckerei hat bereits auf die höheren Rohstoff- und Energiepreise reagieren müssen. Normalerweise sei eine Preiserhöhung im Jahr üblich, nun habe man die Preise auf Teile des Sortiments schon zum vierten Mal innerhalb eines Jahres anheben müssen, so Wiens. Besonders im Sommer mangele es an Einnahmen. „Wir haben in Bäckereien immer auch ein Sommerloch, die Kunden essen im Sommer anders. Die Kosten steigen – das ist eine fatale Kombi“, berichtet er.

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Engelbert Schlechtrimen prognostiziert, dass seine Produkte bald wohl dreimal so viel kosten würden wie beim Discounter, die deutlich billiger produzieren können. Bisher habe er die Preise auf seine Backwaren zwischen zwölf und 15 Prozent erhöhen müssen. In Zukunft durch minderwertige Zutaten an Materialkosten zu sparen, kommt für den Bäcker jedoch nicht in Frage. Auch Personal möchte er nicht abbauen. „Wir werden unserem Qualitätsversprechen treu bleiben und unsere Mitarbeiter nicht überlasten“, so der Inhaber. Eine Möglichkeit für Kunden, die Betriebe in dieser schwierigen Situation zu unterstützen, könnte darin bestehen, vorzubestellen, damit es weniger Retouren gibt. Ein solches Abo-System könne zumindest ein wenig helfen, so Schlechtrimen. 

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