„Machen open-end“Kurz vor dem Lockdown stehen Kölner bei Friseuren Schlange

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Liliane Amella hat ihr Geschäft auf der Severinsstraße in Köln an ihrem eigentlichen Ruhetag geöffnet, um Stammkunden vor dem Lockdown noch die Haare zu schneiden.

Köln – Montag ist traditioneller Ruhetag für Friseure. Doch zwei Tage vor dem Lockdown brummte ihr Geschäft an diesem Tag. Teilweise bildeten sich längere Schlangen vor den Salons in den Veedeln – die Kölner wollen offenbar mit ordentlicher Frisur in den Lockdown gehen. So heißt es auch bei „Luigi Avino“ auf der Luxemburger Straße in Sülz: Schneiden, färben und föhnen bis spät in den Abend. Am Sonntag stand das Telefon der Eheleute Avino nicht mehr still – das Paar hat kurzerhand umdisponiert und sämtliche Termine auf den freien Tag gelegt. Denn bis Mittwoch wollen die beiden so viele Kunden wie möglich mit neuem Haarschnitt in die Vorweihnachtszeit entlassen.

„Statt um 10 Uhr haben wir schon um 8 Uhr geöffnet. Wir machen heute Open-End. Gestern haben wir vor allem Stammkunden abtelefoniert, die vor Weihnachten unbedingt einen Termin wollten“ sagt Esmeralda Avino. Das Geschäft ist voll belegt, die Stimmung heiter. „Wir sind gut gelaunt und die Kunden auch. Trotzdem habe ich eben schon Tränen in den Augen gehabt. Die Kunden kommen mit Geschenken, es ist wirklich rührend“, erzählt sie.

In all den Monaten habe man sich an die Hygienebestimmungen gewöhnt. Maske, Hände desinfizieren – alles kein Problem, sagt Avino. „Nur das Lächeln der Kunden fehlt uns weiterhin, wenn sie am Ende mit einer schönen Föhnfrisur in den Spiegel schauen.“

Schlange vor Kölner Barbier-Salon

Manchen Kunden packt womöglich die Panik davor, dass die Frisur wochenlang nicht richtig sitzen könnte. Vor dem Salon Bayar auf der Berrenrather Straße warten ein paar Herren, drinnen ist alles belegt – sie können bei Bilal Bayar auch ohne Termin vorbeischauen. Der Barbier hat mit dem Lockdown gerechnet. Er macht sich keine Sorgen, dass ihm während der Schließung die Kunden abhanden kommen könnten. „Meine Kunden kehren wieder, die wechseln nicht so schnell den Friseur. Wer jetzt noch kommt, der braucht mit seinem Vollbart oder seinen Haaren sowieso erst in vier Wochen erneute Pflege“, sagt Bayar.

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Bilal Bayar in seinem Geschäft auf der Berrenrather Straße in Köln-Sülz.

Vor dem Salon wartet auch Linus Reger. Ein neuer Haarschnitt sei seit einer Woche überfällig, erzählt der selbständige Immobilienmakler. Reger lässt seine Frisur etwa einmal im Monat auffrischen. „Für mich ist es geschäftlich wichtig, dass ich ein gepflegtes Auftreten habe. Ich hätte schon vor einer Woche kommen müssen, daher schaue ich jetzt noch schnell vor dem Lockdown vorbei. Klar, dass hier heute der Bär steppt“. Seine Kundentermine seien bisher nicht von Einschränkungen betroffen. Und da sein Büro in Sülz ist, habe sich der Besuch angeboten.

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Kundin Alexandra hatte Glück, dass sie heute einen freien Tag hat. Sonst hätte es womöglich nicht mehr so kurzfristig mit einem Termin bei ihrer Stammfriseurin Liliane Amella-Haag auf der Severinsstraße geklappt. „Bei den langen Haaren traue ich mich nicht, selbst etwas zu unternehmen. Ich bin aber alle sechs Wochen vor allem wegen der Farbe und der Strähnchen hier“, erzählt sie.

Kölner legen im Lockdown selbst Hand an ihre Haare

Friseurin Liliane Amella vermutet, dass auch während dieses Lockdowns Kunden in der Verzweiflung über ihr Äußeres selbst Hand anlegen könnten, zumal sie nicht davon ausgeht, dass das Geschäft ab dem 10. Januar regulär weiter läuft. „Es gab viele Unfälle im Frühjahr. Wir haben uns echt tot gelacht teilweise. Die Kunden haben es aber mit Humor genommen“, sagt die Friseurin, die ihren Laden seit 12 Jahren betreibt.

Auch sie hat am Wochenende ihre Kunden benachrichtigt und ihnen ihre letzten Termine an ihrem Ruhetag angeboten. Ab Mittwoch werde sie sich dann Gedanken darüber machen, ob ihr Geschäft für weitere staatliche Hilfen in Frage kommt. „Ab dann habe ich ja viel Zeit dafür“. Zwischenzeitlich sei ein Stück Normalität eingekehrt – doch seit November spüre man die allgemeine Unruhe im Geschäft. „Ich verliere aber nicht den Mut und bleibe positiv“.

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