„Mahnmal am Ort des Frohsinns“Kölner Karnevalist erhält Preis für Nazi-Widerstand

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Büttenredner Karl Küpper ist vor 50 Jahren gestorben.

Köln – Späte Ehre für einen aufrechten Karnevalisten: An seinem 50. Todestag wurde am Dienstag im Gürzenich eine Gedenkplakette für Karl Küpper enthüllt und ein Preis für Zivilcourage und Toleranz vorgestellt, der den Namen des Büttenredners trägt. Im Gegensatz zu vielen Karnevalskollegen und -funktionären, die in die NSDAP eintraten oder sich offen bei den Nazis anbiederten, hatte sich Küpper von den braunen Machthabern trotz zeitweiligem Rede- und Berufsverbot nicht einschüchtern lassen.

Mit seiner frechen kölschen Schnüss hatte er in der Type als „D’r Verdötschte“ stets den Oberen die Leviten gelesen. Legendär ist, wie er auf einer Sitzung der Deutschen Arbeitsfront im Gürzenich – nachdem er auf den Büttenrand gesprungen war – die rechte Hand wie zum Hitlergruß erhob und sagte: „Esu huh litt bei uns dä Dreck em Keller.“ Andere Male fragte er zur gleichen Geste: „Is et am rähne?“

Karl Küpper ist zu seinen Lebzeiten nie belohnt worden

Daran erinnerte nun auch Oberbürgermeisterin Henriette Reker, die die Schirmherrschaft über den Preis übernommen hat, der vom Festkomitee Kölner Karneval und dem Verein der Freunde und Förderer des kölnischen Brauchtum initiiert wurde. „Der Preis soll ermuntern, diesem Mann, der unbequem und kein Mitläufer war, nachzueifern“, sagte Reker. „Hass und Gewalt gegen Geflüchtete, Juden, Amtsträger und den Staat im Allgemeinen haben hier nichts zu suchen. Da kriegt man in Köln den Arsch huh.“

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Werner Blum hat den Preis gestaltet.

Werner Blum hat den Preis gestaltet.

Für seinen Mut, gegen die Nazis und die damaligen Machtverhältnisse in der Bütt Stellung zu beziehen, ist Küpper zu seinen Lebzeiten nie belohnt worden. „Er hatte immer gehofft, für seinen Widerstand gegen die Nazis positive Reaktionen von der Stadt oder vom Karneval zu erhalten“, sagte Sohn Gerhard Küpper, der sich schon seit Jahrzehnten für die Erinnerung an seinen Vater einsetzt. „Ich bin froh, dass sich das nach so langer Zeit nun geändert hat.“

Karl Küpper als „einer der größten Karnevalisten der Stadt“

Und so sprachen nun auch Festkomitee-Präsident Christoph Kuckelkorn und Bernhard Conin von den Freunden und Förderern von Küpper als „einem der größten Karnevalisten der Stadt“, dem man viel zu lang zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt habe.

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1905 in Düsseldorf geboren – dort lebten die Eltern kurzzeitig aus beruflichen Gründen – dann am Rathenauplatz aufgewachsen, entwickelte sich der Büttenredner Karl Küpper in den 1930er und 1950er Jahren zu einem der populärsten und bestbezahlten Karnevalisten Kölns. Er war deutschlandweit bekannt, beliebt und erfolgreich.

Kritik an Machtverhältnissen jeglicher Art

Doch als ein echtes Original stand er stets auf der Seite der kleinen Leute, kritisierte Machtverhältnisse jeglicher Art. Auch in der Nachkriegszeit unter Bundeskanzler Konrad Adenauer galt er weiterhin als „unangepasst und widerborstig“, wie Historiker Fritz Bilz in seiner 2010 erschienenen Biografie zu Küpper herausgefunden hatte.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker enthüllt die Gedenkplakette im Gürzenich-Foyer. Mit dabei waren auch Christoph Kuckelkorn (l.) und Bernhard Conin.

Oberbürgermeisterin Henriette Reker enthüllt die Gedenkplakette im Gürzenich-Foyer. Mit dabei waren auch Christoph Kuckelkorn (l.) und Bernhard Conin.

Nach 1958 trat Küpper nur noch sporadisch auf und ließ seine Büttenkarriere – er hatte mehr als 1500 Orden gesammelt – ausklingen. Zunächst übernahm er am Weidenbruch eine Gaststätte in Höhenhaus (das spätere Film-Dancing) dann, ab 1960 bis zu seinem Tod 1970, das frühere „Weinhaus Holl“ an der Kalker Hauptstraße, in dem heute eine Apotheke ist. Ein dortiges Schild und der eher schmucklose Karl-Küpper -Platz in der Innenstadt waren bislang die einzigen Erinnerungen an den Büttenredner. Nun kommen die Gedenktafel im Gürzenich und der Preis hinzu. Beide hat Werner Blum gestaltet, der auch als Wagenbauer für das Festkomitee arbeitet. Mit einer schrägen Krone im Stadtwappen, die das Unangepasste Küppers symbolisieren soll.

Ein Mahnmal am Ort des Frohsinns

Preis für Zivilcourage und Toleranz

Der Karl-Küpper-Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und soll alljährlich mit einem Festakt im Rathaus an eine Person oder an eine Institution vergeben werden, die sich in besonderem Maße für den „Schutz der Demokratie eingesetzt und sich gegen Rassismus, Antisemitismus und jede Form der Diskriminierung gestellt und engagiert haben“, heißt es.

Die Auswahl der Preisträger übernimmt eine fünfköpfige Jury, der neben dem/der jeweiligen Oberbürgermeister (in) auch der Präsident des Festkomitees Kölner Karneval, der Vorsitzende der Freunde und Förderer des Kölnischen Brauchtums, der Direktor des NS-Dokumentationszentrums sowie ein Vertreter der Familie von Karl Küpper angehört. Möglichst noch in diesem November soll der Preis erstmals vergeben werden. (NR)

Während die Initiatoren und die Familie Küppers mit der Ausführung sehr zufrieden sind (Kuckelkorn: „Zeitlos gestaltet und da ist ’ne Bütt drauf. Besser geht doch gar nicht“), hält Bilz den Platz im Gürzenich und den Raum an der Fassade zur benachbarten Alban-Kirche zwar für gut, den Preis aber für „nicht schön“. Historiker-Kollege Martin Stankowski spricht gar von „abscheulich und ästethisch grottenschlecht. Das hat der Küpper nicht verdient.“

Er sei nun gespannt darauf, „was für das Festkomitee im Herbst Zivilcourage heißt und wer als Preisträger gekürt wird“. Werner Jung, der als Leiter des NS-Dokumentationszentrums mit in der Jury sitzt, ist optimistischer. „Es ist ein Mahnmal am Ort des Frohsinns entstanden. Ein toller Schritt“, so Jung. „Schließlich hat der Karneval eine gesellschaftliche Aufgabe, die über den Fastelovend hinausgeht. Und der stellt man sich jetzt.“

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