„Meine Heimat brennt”Kölner sammeln 80 Tonnen Hilfsgüter für die Ukraine

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Helferinnen und Helfer der Initiative Blau-Gelbes Kreuz nehmen Sachspenden in Köln an.

Köln – Es herrscht geschäftiges Treiben an der Marktstraße 27. Im Minutentakt bringen Menschen Lebensmittel und Hygieneartikel, Babynahrung und Kleidung in die 1600 Quadratmeter große Halle, mit denen sie ukrainischen Flüchtlingen in Köln, aber auch in der Ukraine unterstützen wollen. Man trifft auf Lara van Bruck, Jennifer Andersson und Tim van Hall, die Baustrahler in einem Baumarkt und Hygieneartikel in einem Drogeriemarkt eingekauft haben und sie nun nach Raderberg bringen.

Andersson saß gerade beim Tierarzt, als sie mit dem Smartphone im Internet surfte und auf die Spendenaktion des deutsch-ukrainischen Vereins Blau-Gelbes Kreuz gestoßen ist. Nun wollen die drei auch ihre Nahbarschaft aufrütteln, damit noch mehr Spenden zusammenkommen.

Blau-Gelbes Kreuz sammelt Spenden in Köln

Seit Samstag sammelt das Blau-Gelbe Kreuz Spenden für die Ukraine. Schon am Sonntag, aber auch am Montag hatten die Helfer so viele Waren zusammen, dass sich gleich mehrere Lastwagen auf den Weg ins polnisch-ukrainische Grenzgebiet machen konnten. Dort werden die Güter auf ukrainische Lkw verladen, weil deutsche Transporter nicht auf ukrainischem Gebiet unterwegs sein dürfen. Insgesamt seien bereits 80 Tonnen Waren aus Köln in das osteuropäische Land gebracht worden, sagt die Vorsitzende des Blau-Gelben Kreuzes, Linda Mai.

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Mai kommt selbst aus der Ukraine, lebt aber seit mehr als 20 Jahren in Köln. Seit dem Überfall Russlands auf die Krim sammelt sie Spenden für die Ukraine, 2017 hat sie den Verein gegründet. „Nun werden Städte zerbombt, die Toten kann man nicht mehr zählen“, sagte sie und ringt für einen Moment um Fassung. „Meine Heimat brennt.“

Die Hilfsbereitschaft der Kölner mache ihr aber Mut, den Schrecken in der Ukraine zu ertragen. „Das gibt den Menschen in der Ukraine Kraft, um durchzuhalten.“ Etwa 150 Kölnerinnen und Kölner seien gekommen, um als freiwillige Helfer zu arbeiten. Manche bleiben eine Stunde, manche helfen über Tage.

Olga Pankiv nutzt ihren Urlaub, um zu helfen. Eigentlich ist die 38-Jährige Pflegefachkraft bei den Sozial-Betrieben Köln und steht nun auf dem Parkplatz vor der Markthalle mit einigen Paaren Thermosocken. Pankiv kommt selbst aus der Ukraine, ihre Familie lebt zum Teil noch dort. „Sie sind in die Dörfer geflohen, um dem Bombenhagel in den Städten zu entkommen“, sagt sie.

„Zu manchen habe ich keinen Kontakt.“ Verlassen wollen ihre Eltern die Ukraine trotz Raketenbeschusses nicht. „Sie wollen meine 94-jährige Oma nicht aus dem Land herausbringen.“ Ihr Mann, ein Deutscher, ist nicht mit nach Raderberg gekommen. Er sitze zu Hause, weinend vor den Fernsehnachrichten. 

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Clara Blancke ist 17 Jahre alt und ist mit der Bahn aus Bergisch Gladbach nach Köln gekommen, nachdem sie auf Instagram einen Spendenaufruf des Blau-Gelben Kreuzes gesehen hat. Seit 10 Uhr morgens hilft sie, Kisten auszupacken und Hilfsgüter auf Paletten zu stapeln, die schließlich in die Lkw geschoben werden. „Es macht Spaß und man hat das Gefühl, man tut etwas Gutes.“ In der Schule lernt sie die russische Sprache, habe sich aber zuvor nur mäßig für den Konflikt interessiert. Nun verschlinge sie so ziemlich alles, was sie zum Krieg in der Ukraine finden kann.

Sören Sterzing hat Babynahrung, Hygieneartikel und Energieriegel gekauft und den Helfern des Blau-Gelben Kreuzes vorbeigebracht. Eigentlich wollte der 35-jährige Freiberufler nur einen Stunde bleiben, jetzt wird er seinen Aufenthalt ausweiten. Sterzing hätte bis vor kurzem nicht geglaubt, dass der russische Präsident Wladimir Putin tatsächlich die Ukraine angreift. „Ich verstehe das nicht. Es fühlt sich beängstigend an.“ Dem müsse man etwas entgegensetzen. „Europa muss nun zusammenstehen.“

Kleidung ist derzeit nicht erwünscht

Die Sprecherin des Blau-Gelben Kreuzes, Natalie Nothstein, betont, dass sich Helfer und Helferinnen auf den Internetseiten des Vereins erkundigen sollten, was genau derzeit benötigt wird. Die Lagerhalle, in der Kleidung gesammelt wird, ist voll. „Kleidung brauchen wir im Moment gar nicht mehr“, sagt sie. Benötigt würden zum Beispiel stattdessen Windeln, Feuchttücher, Schlafsäcke und Isomatten, Wasserflaschen, Medikamente und Erste-Hilfe-Koffer.

Der Verein Blau-Gelbes Kreuz kümmert sich aber nicht nur um Spenden für die Ukraine. Mit Bussen werden auch ukrainische Flüchtlinge nach Köln gebracht. Eigentlich hätte der erste Bus am Dienstag ankommen sollen. Probleme bei der Registrierung an der polnisch-ukrainischen Grenzen hätten aber zu Verzögerungen geführt. Nun werden bis zu 150 Menschen am Mittwochmittag an der Notunterkunft Herkulesstraße erwartet.

Blau-Gelbes Kreuz, Marktstraße 27, Öffnungszeiten: Mo bis Fr, 8 bis 20 Uhr, Sa und So, 12 bis 20 Uhr. Hotline: 0221/99981725.

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