„Menschen nicht alleine lassen“Kölner Stiftung fördert Projekte, die jetzt ausfallen

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Susanne Imhoff, Leiterin der Stiftung, im Kölner Schokoladenmuseum.

Köln – Wenn Susanne Imhoff, die in einem beschaulichen Vorort von Hamburg lebt, aber unter der Woche in Köln arbeitet, mit dem ICE über die Hohenzollernbrücke rollt, ist die Vorfreude immer groß. Auf die offenen Menschen ihrer Heimatstadt. Auf das pulsierende Leben etwa auf der Domplatte. Das hat sich verändert. „Ich kam am Tag nach dem Shutdown nach Köln – und nichts war gut.“

Allein im Zug, allein auf dem Bahnhofsvorplatz. Dann habe sie ein Schluchzen gehört: ein Obdachloser, der weinend hinter seinem leeren Hut saß. Verzweifelt, denn wo keine Passanten sind, gibt es keine „kleine Spende“. Auch er ein Mensch, der durch den Corona-Shutdown seinen Lebensunterhalt verloren hat.

Leitung der Imhoffstiftung vor drei Jahren übernommen

Susanne Imhoff, zweifache Mutter, die in einer Patchwork-Familie lebt, Dauerläuferin, eine Frau mit klaren Vorstellungen, bodenständig, hat vor drei Jahren die Leitung der von ihrem Vater Hans Imhoff 2001 gegründeten Imhoffstiftung übernommen. Zweck der Stiftung ist die Förderung von unterschiedlichsten Projekten in und für Köln. Wenn Stiftungen Geld geben, tun sie das aus den Erträgen des (unantastbaren) Stiftungskapitals. Diese Erträge haben sich etwa durch die langjährige Niedrigzinspolitik deutlich verringert. Im Fall der Imhoff-Stiftung gibt es glücklicherweise eine weiter Einnahmequelle: die Erträge des Schokoladenmuseums. Aber das ist derzeit auf unabsehbare Zeit geschlossen. Deshalb muss Susanne Imhoff ab sofort die Vergabe neuer Fördergelder aussetzen. „Wir können im Moment keine Zusagen für neue Projekte machen, weil wir nicht absehen können, wie die Erträge sein werden. Alles andere wäre fahrlässig.“

Davon ausgenommen seien natürlich das Zentrum für Therapeutisches Reiten und Langzeitprojekte wie die theaterpädagogischen Stellen im Comedia-Theater oder das Arbeitsstipendium für Kinder- und Jugendbuchautoren, das mit dem Literaturhaus aufgelegt wurde. Auch die bereits vergebenen Gelder für etwa 15 Projekte, die wegen der Coronakrise nicht durchgeführt werden können, würden ausbezahlt beziehungsweise nicht zurückgefordert. „Das müssten wir laut unseren Verträgen eigentlich tun,“ sagt Imhoff. „Wir haben uns aber dagegen entschieden. Wir wollen ein Zeichen setzen für Kölner Kultur- und Sozialeinrichtungen. Die müssen auch in der Krise ihre Arbeit fortsetzen können. Sie müssen ihre Freiberufler bezahlen können, damit auch die ihre Mieten weiter bezahlen können. Wir wollen die Menschen nicht alleine lassen.“

„Organisatoren stehen vor einem Scherbenhaufen“

Betroffen sind Musikprojekte für Kinder, etwa das Beethoven-Kinderfest für integrative/inklusive Schulen in Köln und Bonn, das auch nicht nachgeholt werden könne, weil die Viertklässler am Ende des Jahres die Schule wechseln. „Alle sind traurig, die Organisatoren stehen vor einem Scherbenhaufen,“ erläutert Imhoff. „Das Geld fließt da direkt an die Mentoren, die mit den Kindern gearbeitet haben, damit die abgesichert sind.“ Auch die Pädagogen der „Singpause“ sollen ihr Geld bekommen oder die Initiatorinnen vom „Musikhaus Süd“ in der Südstadt, die an einem „Ritter Rost“-Musical gearbeitet haben.

Die Nähe zur neuen Heimat vermitteln, dem hat sich der Verein Afina e.V. verschrieben. Hier werden Familien mit Migrationshintergrund bei Führungen und Aktionstagen „die wunderschönen Kölner Sagen und Geschichten, mit denen wir aufgewachsen sind und die wir bis heute lieben“, nahegebracht. „Das ist sehr beliebt,“ sagt Susanne Imhoff, „und den Trägerverein werden wir auch weiterhin unterstützen.“

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Auch der Sommer Köln, der seit vielen Jahren spannendes Straßentheater und -musik in die Stadt bringt, soll wenn möglich und von der Stiftung unterstützt stattfinden. Allerdings der Situation angepasst: „Da wollen wir die hiesige Kulturszene unterstützen und auf internationale Acts verzichten: Kölner sollen für Kölner spielen. Falls Sommer Köln ausfällt, fließt das Geld direkt in die Kultur – ein Zeichen der Solidarität“, sagt Imhoff. „Wenn jeder eine Tasse in das große Fass gießt, ist das Fass ausreichend gefüllt. Wir hoffen, dass das Kreise zieht“.

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