„Mit Eigeninitiative kann man viel erreichen“

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Birgit Beckers im Garten ihrer Kita

Birgit Beckers im Garten ihrer Kita

  • Birgit Beckers leitet seit mehr als zehn Jahren die Katholische Kindertagesstätte St. Blasius in Meschenich

Sie ist eine waschechte Meschenicherin. Nach der Schule hat Birgit Beckers ihre Ausbildung zur Erzieherin im Kindergarten absolviert und hatte das Glück, nach dem Anerkennungsjahr bleiben zu dürfen. Erst als Praktikantin, dann in Teilzeit, als zweite Kraft in der Gruppe, später stellvertretende Leiterin und seit 2007 als Leiterin – Beckers hat hautnah erlebt, wie sich der Kindergarten veränderte. 1995 ging es zunächst von zwei auf drei Gruppen, im selben Jahr wurde St. Blasius eine Kindertagesstätte. Nach einem Jahr in Containern ist die Einrichtung saniert und bietet 53 Kindern Platz.

Frau Beckers, kommen die Kinder in Ihrer Kita alle aus Meschenich?

Unser Einzugsgebiet umfasst auch Rondorf, Immendorf und Godorf. Wenn Eltern von dort kommen, sind sie oft ganz erstaunt und sagen, dass sie einen solch schönen Kindergarten nicht erwartet hätten. Für die meisten ist Meschenich nur der Kölnberg.

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Ärgert Sie das?

Es enttäuscht mich eher. Es gibt viele Leute, die sich hier engagieren. Aber eine Schießerei am Kölnberg oder ein Toter, der dort vom Balkon geworfen wird, bleibt länger im Gedächtnis haften als das jährliche Fußballturnier, das alle fünf Kitas in Meschenich gemeinsam organisieren. Oder das Thema Umgehungsstraße, das uns sehr belastet. Das wischt der Kölnberg einfach weg.

Haben Sie Kinder vom Kölnberg?

Zurzeit nicht. Der Kölnberg ist aber nicht nur räumlich durch die B1 vom restlichen Ort getrennt. Diese Hochhäuser, das war und ist einfach fünf Nummern zu groß für unser Dorf. Integration ist nur mit wenigen gelungen. Ich sehe nicht, dass Integration funktioniert, wüsste aber auch nicht, wie sie funktionieren könnte.

Gibt es Gemeinsamkeiten unter den Kitas?

Die Leiter treffen sich regelmäßig. Dabei ist das Fußballturnier entstanden. Aber wir besprechen ebenso andere Themen. Außerdem gibt es Arbeitskreise wie „Soziales Meschenich“ und „Kinder und Jugend“. Themen sind dort Kindergesundheit oder auch Verschmutzung. Aktuell gerade reden wir über die Kita Auf der Fuhr. Dort gibt es ein massives Rattenproblem. Wenn die Kita jetzt bald in in den Kampshof umzieht, soll das Gelände für eine Begegnungsstätte genutzt werden. Mit den Ratten vor Ort? Meines Erachtens ist das Projekt zum Scheitern verurteilt.

Möchten Sie weg?

Ich wüsste nicht, warum. Ich wohne allerdings weit weg vom Kölnberg. Meine Kinder und ich, wir sind hier groß geworden. Den Kölnberg wird man nicht in den Griff bekommen. Aber Weggehen ist auch keine Lösung.

Ihre Eltern sind ebenfalls aus Meschenich?

Und Großeltern. Mein Opa hat in der Rußfabrik gearbeitet. Bei uns hieß das die Schwätz-Fabrik. Und er hat den SCM, den Sportclub, mitgegründet. Da, wo jetzt der Fußballplatz ist, war früher der Kraadepohl, der Froschteich. Das Sportfest war in meiner Jugend ein richtig großer Umzug. Der Vorstand des Vereins ging, rechts und links von Ehrendamen flankiert, durchs Dorf. Abends gab es einen Topf mit Würstchen. In einer Wurst war ein Porzellanfrosch versteckt und wer den zog, wurde der Froschkönig.

Sind Sie in einem Verein?

Ja, in unserem Karnevalsverein, der ersten Meschenicher Hunnenhorde. Es ist ein echter Familienverein. Wir gehen im Karnevalszug mit. Die Zuschauer werden allerdings weniger. Oft höre ich, es sei nichts los. Aber mit ein wenig Eigeninitiative kann man viel erreichen. Was aber auf jeden Fall fehlt, ist ein Veranstaltungsort für Geburtstags- und Vereinsfeiern oder eben mal eine After-Zoch-Party.

Zur Person

Birgit Beckers wohnt seit ihrer Geburt 1965 in Meschenich und ist ihrem Veedel treugeblieben. Heute leitet sie die Kindertagesstätte St. Blasius. Sie wohnt mit ihrem Mann und ihrer Mutter in einem Haus mit großem Garten und hat zwei erwachsene Söhne.

STECKBRIEF

Was an Meschenich gut ist: Es ist für mich immer noch ein Dorf. Man trifft Freunde und Nachbarn auf der Straße auf einen Plausch. Viele kenne ich durch meine Arbeit. Sehe ich die Kinder von früher, freue ich mich, was aus ihnen geworden ist. Das ist verbesserungswürdig: Die Spielplätze an der Köln- und Frankenstraße sind nicht nutzbar, weil überall Scherben und Zigaretten liegen, weil sich niemand kümmert. Uns fehlt eine Begegnungsstätte. Ein Café wäre schön oder eine Eisdiele und eine Alternative zu den Discountern. Mein Lieblingsort: Mein Garten! Er ist wie eine Oase. Zwei Teiche sind mit einem Bachlauf verbunden, da gibt es immer etwas zu gucken. Dort sitzen wir gerne im Freien, mit Freunden oder auch nur mein Mann und ich.

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