„Mittelschicht verlässt Köln“Kölner Wohnwirtschaft erwartet Mieterhöhungen

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Die wachsende Stadt benötigt mehr Wohnungen. 

Köln – Die Kölner Wohnungswirtschaft hat die Baupolitik des Ratsbündnisses massiv kritisiert. Hintergrund sind Flächen, die ursprünglich für die Bebauung vorgesehen waren, nun aber aus dem Regionalplan gestrichen werden sollen. Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein (HUG), die Wohnungsbau Initiative Köln (WIK) und der Landesverband der mittelständischen Wohnungs- und Immobilienwirtschaft befürchten infolge des Regionalplans einen weiteren Anstieg der Mietpreise und eine Abwanderung von Unternehmen und jungen, bildungsnahen Familien.

„Wir glauben, dass sich Köln hier seine Zukunft verbaut“, sagte Thomas Tewes, Hauptgeschäftsführer des HUG, bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Dienstag. Aus seiner Sicht reichen die ausgewiesenen Flächen „bei weitem nicht aus“, um Köln zukunftsfähig zu machen. „Wir fordern ein massives Umdenken, es müssen weitere Flächen ausgewiesen werden.“

Er appelliert an die Bezirksregierung, nicht der Empfehlung der Stadt zu folgen und weniger Flächen zu streichen als vorgeschlagen „und damit auch die Belange des Umlands berücksichtigt, das nicht alles kompensieren kann.“ Derzeit gebe sich die Stadt Köln einen grünen Anstrich und das Umland müsse dafür Flächen versiegeln. „Im Wohnbündnis haben wir uns auf 6000 neue Wohnungen pro Jahr geeinigt, dieses Ziel wurde in den vergangenen zehn Jahren aber nie erreicht“, so Tewes weiter. „Zuletzt waren es 2500 Wohnungen, das deckt den Bedarf nicht.“

„Die Mittelschicht verlässt Köln und pendelt in die Stadt“

Auch Elisabeth Gendziorra, Geschäftsführerin des Landesverbands der Wohnungswirtschaft, sagte: „Die ausgewiesenen Flächen stellen einen Bruchteil des Bedarfs dar. Nur durch die Innenentwicklung wird man nicht genug abdecken können.“ Aus ihrer Sicht ist die Zurückhaltung bei der Wohnbebauung auch klimapolitisch nicht sinnvoll. „In der Folge dorientieren sich die Menschen in den Randlagen, im Umland. Der Pendlerverkehr wird erhöht, es ist auch für die Umwelt ein Minusgeschäft“, so die Juristin weiter.

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Zudem wirke sich die Baupolitik negativ auf die Stadtgesellschaft aus. „Die Mittelschicht verlässt Köln und pendelt in die Stadt. Wir verlieren bildungsnahe Familien, die dann woanders Steuern zahlen.“ Der Regionalplan habe auch für die Mietpreise eine Schlüsselfunktion. Die aktuelle Planung führe in eine weitere Preisspirale und sei „eine Absage daran, das Problem zu lösen.“

Wohnungsmarkt in Köln: „Wir werden diesen Defiziten hinterherlaufen“

Auch ohne die Anpassungen bleibe die Stadt durch die Bebauungspläne jeweils Herrin des Verfahrens, betont auch WIK-Vorstand Stefan Rappen. Sollte die Stadt im kommenden Jahrzehnt weniger stark wachsen als derzeit prognostiziert, sei man ohnehin keineswegs gezwungen, ausgewiesene Flächen zu bebauen. Durch die frühzeitigen Einschränkungen im Regionalplan „verbaut sich die Stadt ohne Not Zukunftsperspektiven.“

Er geht von einem „Flickenteppich“ aufwendiger Sondergenehmigungen aus, wenn nicht im ersten Schritt genug Flächen für die Bebauung freigegeben werden. „Wir werden diesen Defiziten als Stadt in Zukunft hinterherlaufen“, so Rappen weiter. In der Innenstadt werde es durch die gestrichenen Flächen immer enger, die Luftschneisen werden weiter zugebaut, so seine Befürchtung. Thomas Tewes fasst die Vorwürfe der Wohnungswirtschaft in einer Provokation zusammen: „Die meisten Kölner Politiker haben keinen Plan davon, wie die Stadt in 20 Jahren aussehen soll.“

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