„Mord ohne Leiche“-ProzessSchwager von Lotis K. fordert 410.000 Euro Schadenersatz

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(Symbolbild)

Köln – Es war einer der spektakulärsten Fälle der Kölner Justizgeschichte: Der Indizien-Prozess um den „Mord ohne Leiche“ an der Philippina Lotis K. endete 2009 mit „lebenslänglich“ für den wegen Mordes angeklagten Ehemann, seine Schwester und deren Ehemann erhielten wegen Beihilfe das gleiche Strafmaß.

Drei Jahre später entschied die Revisionsinstanz, dass die Indizienkette gegen das mitangeklagte Ehepaar nicht ausreiche und sprach das Paar frei. Möglicherweise hätten die Eheleute erst nach dem Tod der Schwägerin, deren Leiche bis heute nicht gefunden wurde, von dem Mord erfahren, hieß es im zweiten Prozess.

Während der Bundesgerichtshof das Urteil gegen den Ehemann bestätigte, blieb es bei dem Freispruch für die Eheleute. Sie erlitten für die Dauer der fünfjährigen Untersuchungshaft die übliche Entschädigung von 25 Euro pro Tag, also rund 44.000 Euro.

Viel zu wenig, wie es jetzt im Zivilverfahren vor dem Landgericht heißt, in dem der ehemals angeklagte und dann freigesprochene Schwager von Lotis K. das Land auf 410.000 Euro Schadenersatz verklagt. Allein an Verdienstausfall macht er 174.000 Euro geltend und deklariert diesen Betrag als „entgangenen Gewinn aus Gewerbebetrieb“.

Hinzukommen entgangene Mieteinahmen aus einer Immobilie und damit verbundene Kosten in Höhe von 186.000 Euro sowie nicht zuletzt der Betrag von 45.000 Euro, den der Kläger als entgangenen Gewinn aus Spekulationsgeschäften nennt. Seine Geldanlagen habe er schließlich veräußern müssen, um die Kosten für den jahrelangen Prozess bezahlen zu können.

Richter meldet Zweifel an 

Dass die Chance auf einen Erfolg der Klage nicht allzu groß ist, zeigte sich am ersten Prozesstag vor dem Zivilgericht. Der Richter mahnte „verlässliche Zahlen“ an und verlangte weitere Schriftsätze, die für eine Erfolgsaussicht „deutlich vertieft sein müssten“. Zudem äußerte er im Einklang mit seinen beiden Beisitzern „erhebliche Bedenken hinsichtlich der Kausalität“.

Mit anderen Worten: Es sieht schlecht aus für den Schwager, Schadenersatz zu bekommen – zumindest in der angestrebten Größenordnung. Die Position der Gegenseite jedenfalls ist eindeutig: Sie beantragte bereits die vollständige Abweisung der Klage.

Sorgerechtsstreit als Hauptmotiv

Lotis K. war 2007 von einem Tag auf den anderen verschwunden. Sie hatte sich sowohl mit ihrem Mann als auch mit der Schwägerin und deren Mann ständig um die Erziehung des gemeinsamen, damals vier Jahre alten Sohns gestritten und wollte die Scheidung. Das Kind wollte sie mit in die Heimat nehmen. Die Schwägerin und ihr Mann, die keine eigenen Kinder bekommen konnten, hatten den Jungen abgöttisch geliebt. Der Sorgerechtsstreit war für die Ermittlungsbehörden damals das Hauptmotiv für die Tat.

Der Bundesgerichtshof hatte das Urteil mit der Begründung aufgehoben, die Richter hätten rechtswidrig Selbstgespräche des Hauptangeklagten verwertet, in denen er sich und seine beiden Verwandten im (abgehörten Auto) der Tat bezichtigte. Als dieses einzige schwerwiegende Indiz gegen das Ehepaar mit der BGH-Entscheidung wegfiel, war der Freispruch auch für die Anklagebehörde zwingend gewesen. Das Gericht hat den 20. Februar für die Urteilsverkündung festgesetzt.

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