„Politischer Spaziergang“ geplantNSU-Sprengstoffanschlag in Köln jährt sich

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Das Ladenlokal in der Probsteigasse heute

Das Ladenlokal in der Probsteigasse heute

Köln – Wer half dem NSU-Trio bei seinem ersten Sprengstoffanschlag in Köln 2001, der die Familie des Lebensmittelhändlers Djavad M. traf? Diese und weitere Fragen sind auch nach dem Ende des fünf Jahre dauernden Münchner Prozesses gegen die überlebenden Mitglieder und Unterstützer der Terrorgruppe ungeklärt. Vertreter der Initiative „Keupstraße ist überall“ wollen deshalb keinen Schlussstrich zulassen. Sie erinnern nun zum 18. Jahrestag an den Anschlag in der Probsteigasse, der drei Jahre vor dem Nagelbombenattentat auf der Keupstraße begangen wurde.

Mit einem „Politischen Spaziergang“ um 19 Uhr am heutigen Samstag (Start ist um 17 Uhr am Rudolfplatz) will die Initiative darauf aufmerksam machen, dass weder die Rolle der ermittelnden Staatsorgane hinreichend hinterfragt noch das gesellschaftliche Bewusstsein für die Gefahren von Rassismus so geschärft worden sei, dass sich eine ähnliche Mordserie nicht wiederholen könnte.

Drängende Fragen immer noch offen

In einem Lebensmittelgeschäft in der Probsteigasse war am 19. Januar 2001 die damals 19 Jahre alte Tochter des Ladeninhabers durch eine Sprengfalle schwer verletzt worden. Die Tat wird dem NSU-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zugerechnet. In ihrem Plädoyer vor dem Münchner Gericht, das Zschäpe im Juli zu lebenslänglicher Haft verurteilte, machte die Anwältin der Familie M., Edith Lunnebach, deutlich, dass die drängendsten Fragen zu dieser Tat nicht beantwortet wurden.

Welche Kontakte hatte das Trio nach Köln? Wer hat den Sprengsatz deponiert? Welche Rolle spielte der Kölner Neonazi und V-Mann des NRW-Verfassungsschutzes? Er hat, anders als Böhnhardt und Mundlos, offenbar große Ähnlichkeit mit einem nach der Tat angefertigten Phantombild, war waffenkundig, militant und rechtsextrem. „Wenn die Ermittlungen im Jahre 2001 ordnungsgemäß geführt worden wären, wäre er die erste Person gewesen, die hätte vernommen werden müssen“, so die Anwältin.

Aufschrei gegen Rassismus sei nötig

Kutlu Yurtseven, Musiker, Sozialarbeiter und ebenfalls in der Initiative engagiert, hat den Anschlag vor Ort erlebt. Sein Büro war nur wenige Schritte entfernt. Er sah am Tag der Explosion die Männer der Spurensicherung in weißen Overalls. „Ganz schnell war der Vater im Fokus“, berichtet er.

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Die Nachbarschaft, die Polizei, die Medien hätten über Probleme mit Glücksspiel spekuliert. Die Familie hielt es in Köln nicht aus und zog weg. „Einige fanden, das sei besser so“, erinnert sich Kutlu. Er sei sich indes schnell sicher gewesen, dass Rassisten die Täter waren. Die von Voreingenommenheit nur so strotzenden Fragen der Polizisten nennt er skandalös. Für ihn ist klar: „Wir brauchen einen ständigen Aufschrei gegen Rassismus. Denn auch die Rassisten wirken ja täglich“, sagte er.

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