„Prüfen, welche Schritte möglich sind“Köln erwägt Umsetzung der „NoCovid“-Strategie

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Die Domplatte, eigentlich einer der belebtesten Plätze der Stadt.

Köln – Eine Zielinzidenz von 35, Lockerungen in absehbarer Zeit. So lautet der neue Plan von Bund und Ländern zur Bekämpfung der Corona-Pandemie. In Köln ist man damit nicht glücklich. Professor Michael Hallek, Direktor der Klinik für Innere Medizin der Kölner Uniklinik, warnt vor zu schnellen Lockerungen. „Der Eintrag der hoch ansteckenden britischen Mutante B117 in Köln liegt bereits jetzt bei zehn bis 15 Prozent. Da kann jede falsche Bewegung zu einem exponentiellen Anstieg der Infektion und einer nächsten Welle führen“, so Hallek.

Er wirbt für die von ihm und einer Wissenschaftler-Gruppe verschiedener Disziplinen vertretene „No Covid-Strategie“. Sie sieht vor, die Inzidenz noch weiter unter den Grenzwert von 35 zu drücken. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte sich am Freitag als Anhängerin der Strategie bekannt und gesagt: „Deswegen meine ich, wir müssten in Köln eigentlich auf eine Inzidenz von zehn kommen.“ Weitere härtere Maßnahmen kämen dafür aber zunächst nicht in Frage. So heißt es bislang offiziell. Eine Sprecherin der Stadt verwies am Montag auf die Aussagen Rekers.

Henriette Reker hält Inzidenz von zehn für das richtige Ziel

„In Zusammenarbeit mit der Stadt prüfen wir gerade, welche Schritte möglich sind“, sagt Hallek. Der größte Hebel sei das frühestmögliche Testen mit Kontaktnachverfolgung (Tracing) und Isolation der Infizierten (TTI-Prozess). „Hätten wir das Zeitintervall zwischen Ansteckung und der Meldung an das Gesundheitsamt im Herbst um nur ein bis zwei Tage verringern können, wäre uns die zweite Welle höchstwahrscheinlich erspart geblieben.“

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Wichtig sei auch eine automatisierte Bearbeitung der Testergebnisse. Ein Modellversuch, an dem Experten der Kölner Uniklinik beteiligt sind, sei „in Vorbereitung“, sagte Hallek. Viele Vorschläge der „NoCovid“-Initiative hingegen, etwa die Einführung roter und grüner Zonen je nach Infektionsgeschehen, lassen sich innerhalb einer Stadt nicht ohne Weiteres umsetzen. 

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Ein neuralgischer Punkt sei die Wiedereröffnung der Schulen. „Ich verstehe, dass Bildung und Betreuung für die Familien einen ähnlich hohen Wert darstellen wie der Schutz vor gesundheitlichen Schäden. Wenn wir uns aber für die Öffnung entscheiden, müssen wir die Risiken anderweitig neutralisieren.“

„Wer konsequent ist, hat die Pandemie im Griff“

Jürgen Zastrow, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung in Köln, wusste am Montag nichts von einem geplanten Strategiewechsel der Stadt. Einer restriktiveren Strategie könne er allerdings „viel abgewinnen.“ Das entscheidende Mittel gegen Corona sei Konsequenz. „Global zeigt sich: Wer konsequent ist, hat die Pandemie im Griff. Wir sind es in Deutschland aktuell nicht.“

Seiner Einschätzung nach hätten „die Menschen viel Verständnis für einen kurzen, aber harten Lockdown. Inzwischen dämmert uns allen, dass wir das, was wir haben, kaum Lockdown nennen können. Man müsste das öffentliche Leben für einige Wochen soweit es geht aussetzen – und das akute Problem wäre gelöst“, so Zastrow.

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