„Reichlich problematisch“Betrüger wegen Corona-Krise frühzeitig aus U-Haft entlassen

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Das Amtsgericht Köln.

Köln – Vor dem Hintergrund der Corona-Krise hat das Amtsgericht zwei Männer, die unter anderem des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betrugs mit dem „Wash-Wash-Trick“ angeklagt sind, am Dienstag auf freien Fuß gesetzt. Seit dem 11. Oktober hatten sie in Untersuchungshaft gesessen. Diese darf bis zu einem Urteil in erster Instanz nur im Ausnahmefall länger als sechs Monate dauern. Ist diese Frist abgelaufen, muss das Oberlandesgericht prüfen, ob weiterhin dringender Tatverdacht besteht und wichtige Gründe vorliegen, welche die Verlängerung der Untersuchungshaft rechtfertigen.

Der Amtsrichter hatte die Verhandlung also rechtzeitig anberaumt; zügig sollte sie vonstatten gehen. Doch die Corona-Krise machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Angesichts der relativen Enge des Sitzungssaals forderten die vier Verteidiger, die Verhandlung zu verschieben. „Sie müssen nur hier rüberschauen, dann sehen Sie den Vertagungsgrund“, sagte Rechtsanwalt Gunnar Borchardt. Er, seine drei Kollegen, die Angeklagten und ihre Dolmetscherinnen saßen ziemlich nah beisammen.

Freilassung nur mit „engmaschigen Auflagen“

Die Vertreterin der Staatsanwaltschaft wollte den Haftbefehl nicht außer Vollzug setzen, doch zugleich erkannte sie an, die Lage sei „reichlich problematisch“. Sollte das Gericht entscheiden, die Angeklagten freizulassen, dürfe dies nur mit „engmaschigen Auflagen“ geschehen.

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„Ich will niemanden zwingen zu verhandeln, wenn er sich Sorgen macht“, sagte der Vorsitzende Richter. Das Schöffengericht beschloss, die Verhandlung auf unbestimmte Zeit zu vertagen, denn die Schutzmaßnahmen würden hier nicht ausreichen. Die Angeklagten kamen frei gegen die Auflagen, sich straffrei zu führen und einmal pro Woche bei der zuständigen Polizeidienststelle zu melden.

Ein Beschuldigter stammt aus Togo und ist 50, der andere ein 40-jähriger Kameruner. Vier Fälle aus dem vorigen Jahr sind angeklagt; in allen sollen sie ihre Opfern weisgemacht haben, sie könnten mit Hilfe von Geldscheinen und Chemikalien mitgebrachte, schwarz eingefärbte Banknoten entfärben. Einem Kölner versprachen sie 30 Prozent des so wieder brauchbar gemachten Geldes; es lief nicht nach Plan, so dass ein Angeklagter dem Mann die 17.000 Euro, die er für das „Wash-Wash-Verfahren“ bereitgestellt hatte, am Ende stahl.

Betrüger erbeuten mehrere Tausend Euro

Die anderen Opfer sind alle Schneider, zwei aus Bonn, einer aus Köln. Sie wollten ihre Geschäfte verkaufen, und die Angeklagten meldeten sich als Kaufinteressenten. Sie hätten das nötige Geld, behaupteten sie, doch es sei schwarz gefärbt und müsse nach der beschriebenen Methode entfärbt werden. Auf diese Weise brachten sie einen Mann um 9000 Euro.

Die anderen Taten endeten damit, dass die Angeklagten ihre Opfer überwältigten und ihnen 5000 beziehungsweise 4000 Euro raubten. Soweit die Vorwürfe. Manche Zeugen verstanden nicht, warum die Verhandlung nicht stattfand, und waren aufgebracht. Einer verließ den Saal mit den Worten; „Ich mache selber Justiz.“ 

In einem anderen Saal hatte die Vorsitzende eines Schnellgerichts derweil ebenfalls entschieden, einen inhaftierten Angeklagten freizulassen, allerdings aus anderem Grund: Die Justizwachtmeisterei brachte ihn aus Sicherheitsgründen nicht aus der Vorführzelle hoch, weil er einen Mundschutz trug und Ansteckungsgefahr von ihm auszugehen schien. Der 22-Jährige soll zwei Ladendiebstähle begangen haben. Auch in diesem Fall ist die Verhandlung auf unbestimmte Zeit verschoben.  

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