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„Schwer auszuhalten“Kölner Bestatter beklagen falsche Totenscheine bei Covid-Opfern

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Menschen, die an Corona sterben, gelten als infektiös und müssen besonders behandelt werden.

Köln – Während in den Kölner Krankenhäusern mittlerweile fast täglich Patienten an und mit Corona versterben, senden die Kölner Bestatter einen Hilferuf aus: „Wir fühlen uns von der Stadt und den Krankenhäusern alleingelassen“, bringt Brian Müschenborn, Vorstand des Kölner Bestatterverbandes die Befindlichkeit seiner Kollegen auf den Punkt. Laut den von seinem Verband durchgeführten stichprobenartigen Umfragen unter den Kölner Bestattern sind aktuell bereits ein Viertel aller Kölner Verstorbenen mit oder an Corona Verstorbene.

Fehlende Aufklärung

Nur: Diese würden inzwischen vielfach von den Krankenhäusern nicht mehr ordnungsgemäß aufbewahrt, beklagt Müschenborn. Teilweise werde nicht mal mehr für nötig gehalten, die Bestatter konsequent darüber aufzuklären, dass der abgeholte Verstorbene Corona hatte, so der Bestatterverband.

Eigentlich war bereits in der ersten Phase der Pandemie im Frühjahr auf Betreiben von Bestattern und dem Kölner Friedhofsamt ein Leitfaden für Überführung und Aufbewahrung von Verstorbenen erarbeitet worden. Verstorbene, die an Covid-19 erkrankt waren, gelten als infektiös und müssen besonders behandelt werden.

Alles zum Thema Robert-Koch-Institut

Kontamination durch Aerosole

Unter anderem hatte der Krisenstab in Anlehnung an die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts festgelegt, dass die Verstorbenen zum Schutz des Krankenhauspersonals und auch der Bestatter in sogenannte Bodybags, also eine Art Leichensäcke, gelegt werden, um eine Kontamination durch Aerosole und die Gefahr durch Schmierinfektionen zu verringern. „Zahlreiche Kölner Kliniken weichen nun von der vereinbarten Praxis ab und übergeben den Verstorbenen ohne eine entsprechende Hülle“, sagt Müschenborn. So könnten bei der Bewegung von Verstorbenen vom Sterbebett bis zur Sarglegung unkontrolliert Aerosole austreten.

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Der Kölner Bestatterverband hält diesen laxen Umgang für nicht verantwortbar und verlangt mehr Klarheit beim Infektionsschutz: Erstens gefährde man die Gesundheit der Bestatter und damit zweitens auch die Gesundheit von Angehörigen, mit denen der Bestatter ja in direktem Kontakt steht. Selbst falsch ausgestellte Totenscheine seien schon vorgekommen. „In einem solchen Fall wurde dann nachträglich ein Bestatter 14 Tage unter Quarantäne gestellt.“

Klare Handlungsanweisungen

Müschenborn forderte das Gesundheitsamt der Stadt auf, hier klare Handlungsanweisungen an Krankenhäuser und Pflegeheime herauszugeben und damit dafür zu sorgen, dass diese Gefahrenpunkte beseitigt werden und die Häuser außerdem mit ausreichend Bodybags versorgt würden. „Die Bestatter arbeiten an einer wichtigen Schnittstelle. Aber sie sind immer noch nicht als systemrelevante Gruppe definiert und haben auch keinen Anspruch auf Impfung“, beklagt der Kölner Verbandsvorstand.

Emotional seien er und seine Kolleginnen und Kollegen einem ständigen sehr belastenden Spagat zwischen der emotionalen Bedürftigkeit der Anwesenden und dem Infektionsschutz ausgesetzt. Laut RKI gibt es die Möglichkeit für Angehörige, sich mit entsprechendem Abstand berührungslos am offenen Sarg zu verabschieden. Um dies zu ermöglichen, müssten die Bestatter ein hohes Risiko eingehen und in jedem Einzelfall abwägen, was verantwortbar ist. „Das ist unglaublich schwer auszuhalten“, so Müschenborn.

Merkblatt des Gesundheitsamtes

Das Gesundheitsamt verwies auf Anfrage an die Bezirksregierung. Diese sei für die Überprüfung des Arbeitsschutzes zuständig. Das Gesundheitsamt habe bereits im Frühjahr in einem Merkblatt die genauen Vorschriften zum Umgang mit Covid-19-Toten kommuniziert. Auch in Begehungen des Gesundheitsamtes werde auf den ordnungsgemäßen Umgang mit Verstorbenen hingewiesen.

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