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„Sei stark“Neuer Kölner Verein unterstützt Frauen in schwierigen Lebenslagen

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Emitis Pohl (vorne, 3.v.r.) mit den weiteren Gründungsmitgliedern  des neuen Vereins.

Köln – „Als unbegleitetes Flüchtlingskind bin ich einen sehr steinigen Weg gegangen“, sagt Emitis Pohl, die mit 13 Jahren ohne ihre Eltern aus dem Iran nach Deutschland gekommen ist und in Köln eine Werbeagentur aufgebaut hat. „Ohne die Hilfe und Begleitung durch die richtigen Vorbilder und Mentorinnen hätte ich es nicht geschafft.“ Deshalb sei es ihr ein „Herzensanliegen“, Frauen in schwierigen Situationen das zurückzugeben, was ich selbst an Unterstützung erfahren durfte.“ Der erste Schritt ist getan: Am Dienstag hat sich auf ihre Initiative hin der gemeinnützige Verein „sei stark“ gegründet. Er soll sozial benachteiligten oder in Not geratenen Frauen Begleitung im Alltag bieten und ihnen in schwierigen Lebenslagen unbürokratisch helfen.

Mentoring-Programm geplant

Gründungsmitglieder sind neben der 48-jährigen Unternehmerin und Mutter von zwei Kindern zehn weitere Frauen – darunter einige, die ebenfalls einen Migrationshintergrund haben – sowie ein Mann: Ulrich Vogt, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Köln-Bonn, der sich von der „gesellschaftlich wichtigen Aufgabe“ des Vereins überzeugt zeigt. Daher leiste die Sparkasse die Anschubfinanzierung; überdies könne sie ihre Kontakte in der Geschäftswelt nutzen, um weitere Unterstützer zu gewinnen.

Der Verein will ein Mentoring- und Coachingprogramm auflegen: Den Frauen, die Hilfe brauchen, werden beruflich erfolgreiche und ehrenamtlich tätige Mentorinnen zur Seite gestellt, die ihnen Orientierung und Halt in Alltagssituationen wie etwa bei Behördengängen geben, aber auch im Umgang mit schweren Belastungen wie Gewalt in der Beziehung oder bei einer Scheidung. Ein wichtiges Ziel des Vereins ist außerdem, langfristig erwerbslose Frauen wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern. Wegen des „Fachkräftemangels gerade im Pflegebereich und in der Gastronomie“ ergäben sich „tolle Chancen für viele Frauen“, durch Arbeit „ein selbstbestimmtes und unabhängiges Leben zu führen“, sagt Emitis Pohl.

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Zwar kam die Deutsch-Iranerin, die in einer wohlhabenden Familie in Teheran aufwuchs, allein nach Deutschland, doch eine ihrer Großmütter, Mutter von drei Kindern und geschieden, war ihr ins Exil vorausgegangen. Diese „großartige und starke Frau“ sei ihre wichtigste Mentorin gewesen. Sich selber bezeichnet Pohl, die 2016 das Buch „Deutschsein für Anfänger – Integration ist meine Pflicht“ veröffentlichte und 2018 den Deutschen Mittelstandspreis der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung von CDU und CSU erhielt, als „Workaholic und Vollblut-Businessfrau“. Ihre Agentur hat sie nach 16 Jahren in andere Hände gegeben, um sich voll und ganz dem neuen Verein zu widmen.

Mangel an Chancengleichheit

Zu den Gründungsmitgliedern, die als dessen Botschafterinnen wirken wollen, zählt Fernsehmoderatorin Nazan Eckes. Ach ihre Eltern hätten wie so viele türkische Einwanderer einen „steinigen Weg“ hinter sich, sagte sie. Nach wie vor mangele es an Chancengleichheit; Herkunft und Kultur spielten bei der Karriere immer noch eine zu große Rolle. „Vor allem Frauen müssen sich dabei doppelt beweisen, wie ich aus eigener Erfahrung weiß.“

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