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„Shalom und Alaaf“1.FC Köln verkündet Partnerschaft mit der jüdischen Gemeinde

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Jahresempfang mit Ehrengästen in der Synagogen-Gemeinde.

Köln – Die Kölner Stadtgesellschaft hat den Beitrag der Kölner Synagogen Gemeinde bei der Aufnahme und Betreuung ukrainischer Geflüchteter gewürdigt. „Ihr Engagement ist herausragend und Ihre zupackende Art ist das, was wir jetzt brauchen", sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker auf dem diesjährigen Jahresempfang der Synagogen-Gemeinde in der Synagoge in der Roonstraße, an dem auch Vertreter der Landes- und Bezirksregierung, von Stadtrat und Kirchen teilnahmen.

Reker erwähnte, dass viele Mitglieder jüdischen Geflüchteten Wohnraum angeboten hätten und die Hilfe für die Geflüchteten von der ganzen Gemeinde mit einer Hotline, mit Sachspenden, Medikamenten und sozialen Unterstützungsangeboten wie Sprachkursen quasi rund um die Uhr laufe.

Holocaust-Überlebende im Elternheim

Die Synagogengemeinde kümmert sich um 575 ukrainische Geflüchtete. Die Menschen jüdischen Glaubens wurden teilweise privat untergebracht und in der jüdischen Gemeinde mit koscherem Essen versorgt. Derzeit leben auch zwei Holocaust-Überlebende im Elternheim der Synagogen-Gemeinde in Ehrenfeld. Felix Schotland vom Vorstand der Synagogen-Gemeinde betonte, dass Menschen mit ukrainischen, russischen und weißrussischen Wurzeln zu der Kölner Gemeinde gehören und sich gemeinsam für die ukrainischen Geflüchteten engagieren. „Mir sin Kölle und wir alle tragen eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung“. Auch Reker betonte, wie wichtig es sei, auch den Respekt vor den hier lebenden Russen zu wahren, denen der Krieg aufgezwängt wurde.

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Aber auch wenn die Situation in der Ukraine in den Reden aller Geladenen allgegenwärtig war: Alle Redner betonten, wie wichtig es sei, weiter engagiert gegen Antisemitismus Flagge zu zeigen. „Wir weichen keinen Millimeter nach rechts“, sagte Reker. Dabei betonte der Präsident des 1. FC Köln, Werner Wolf, als geladener Gastredner vor allem die Verantwortung des Sports und verkündete eine künftig umfassende Partnerschaft zwischen dem FC und der Synagogen-Gemeinde. Wolf erläuterte, dass in Sportvereinen und ganz besonders in Fußballvereinen Antisemitismus weit verbreitet sei. Als Beleg zitierte er eine Umfrage des jüdischen Sportverbandes „Makkabi Deutschland“, bei der in Fußballvereinen 68 Prozent der Befragten angaben, schon einmal selbst Opfer eines antisemitischen Vorfalls gewesen zu sein. „Es kann keine Normalität geben, so lange Sie Sorge haben, wenn Sie sich als Jude outen“, rief er den Mitgliedern der Synagogen-Gemeinde zu. Der FC werde sich dieser Verantwortung stellen.

Wolf kündigte an, dass der Verein sich im Zuge der Kampagne „Lebe wie Du bist“ an der Seite der jüdischen Gemeinde im Kampf gegen Antisemitismus einsetzen werde. Nachdem zunächst der Vorstand des Vereins den regelmäßigen Austausch mit der Gemeinde gesucht hat, soll der Kontakt nun auf alle Mitglieder und Fans ausgeweitet werden, um dieses Bekenntnis mit Leben zu füllen. Wolf kündigte an, dass es im Leistungszentrum des FC mit den jugendlichen Spielern künftig Workshops zum Thema Antisemitismus geben werde. Ebenso wie Gedenkfahren der Mannschaften nach Polen und Tschechien, in deren Rahmen auch die Gedenkstätte Auschwitz besucht werde. Dieses wichtige Element der Persönlichkeitsentwicklung werde im Leistungszentrum für Schüler wie Lehrkräfte fest etabliert. Ziel sei es auch, bei den Fans Vorurteile abzubauen und Anhängern das jüdische Leben in Köln vorzustellen.

Peter Brings über Erlebnis im Kibbuz

Die berührendste Rede hielt Peter Brings, der ebenfalls als Ehrengast geladen war. Er selbst sei kein Experte jüdischen Glaubens, bekannte der Sänger: „Aber wir glauben alle an denselben Gott. Und der liebt uns wie wir sind.“ Dann erzählte er eine Begebenheit aus den sechs Monaten, die er in den 80er Jahren mal in einem israelischen Kibbuz erlebt habe. Dort habe er regelmäßig in der Küche gespült und Töpfe geschrubbt – ohne sich wirklich gut verständigen zu können, da er kein Hebräisch verstand. Eines Tages habe er zufällig mitbekommen, wie sich zwei Mitarbeiterinnen auf Deutsch unterhielten. „Als ich dann einfach mal direkt nachgefragt habe, warum sie mit mir nicht deutsch sprechen, haben sie mir beide ihre Unterarme gezeigt. Auf denen waren die Nummern aus dem KZ eintätowiert.“ Brings warb dafür, immer das Gespräch miteinander zu suchen. „Reden bringt uns einander näher. Nur so wissen wir, was wir denken und fühlen. Und nur eine jüdische Gemeinde, die in der Mitte von uns lebt, ist am Ende richtig geschützt, sagte er und schloss mit einem „Shalom und Alaaf.“

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