Flügel dürfen nicht mehr gestutzt werdenKölner Zoo in Sorge um Vogelbestand

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Flamingos im Kölner Zoo

Flamingos im Kölner Zoo

Köln-Riehl – Für viele kleine Gäste gehören Vögel zu den großen Erlebnissen im Kölner Zoo. Auf einem Bein stehende Flamingos und watschelnde Pelikane warten gleich hinter dem Haupteingang auf Besucher. Was die meisten Gäste nicht wissen: Die Vögel harren auch deshalb an Ort und Stelle aus, weil sie gar nicht anders können. Ihre Flügelknochen sind beschnitten, meist auf einer Seite, um sie am kontrollierten Fliegen zu hindern.

Verstoß gegen das Tierschutzgesetz

Damit ist es nun vorbei. Denn in einer gesetzlichen Konkretisierung hat die Bundesregierung klar gemacht: „Das Beschneiden von Vogelflügeln in zoologischen Einrichtungen verstößt gegen das Tierschutzgesetz.“ So heißt es in einer Antwort der Regierung auf eine kleine Anfrage der Linksfraktion. Damit wurde eine rechtliche Grauzone bereinigt. Bislang behalfen sich die Zoologischen Gärten meist mit der sogenannten „tierärztlichen Indikation im Einzelfall“. Über diese Konstruktion wurde nach außen legitimiert, dass so ziemlich alle flugfähigen Vögel, die nicht in Volieren gehalten werden können, kupiert wurden: Man trennte ihnen kurz nach dem Schlüpfen an einer Seite mit einem Glühdraht einen Knochen durch. Eine Methode, die laut Zooexperten den Vogel nicht sehr lange belastet.

„Früher war das Kupieren die gängige Methode“, sagt Theo Pagel, Direktor des Kölner Zoos. Rund 600 Enten, 15 Pelikane und 95 Flamingos hält sein Zoo – so gut wie alle sind flugunfähig. Der Grund ist einfach: „Wir waren und sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Tiere nicht entkommen zu lassen – das Flugunfähigmachen ist bei Vögeln das sicherste Mittel überhaupt.“ Bei Tieren wie den Flamingos könne man eine Haltung in Volieren kaum verantworten, die Verletzungsgefahr sei schlicht zu groß.

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Nachzucht im Kölner Zoo eingestellt

Pagel hat auf das Verbot reagiert. „Wir haben derzeit wegen der unsicheren Rechtslage die Nachzucht quasi eingestellt. Das bedeutet: Kaum kleine Enten, keine Pelikane, keine Flamingos.“ Und wenn es doch Nachwuchs gebe, würden die Tiere recht bald abgegeben. Pagel fürchtet aber nicht nur um den Nachwuchs, sondern langfristig auch um die Vielfalt in den Zoos. „Wenn sich keiner mehr in der Nachzucht engagiert, werden die Bestände auf 20 bis 30 Prozent zurückgehen.“ Dann würden auch Zuchtprogramme für seltene und bedrohte Arten leiden.

Alternativen sind rar, und oft ist unklar, ob sie gesetzlich zulässig sind. Manche Vogelhalter – schließlich sind nicht nur Zoos betroffen – versuchen es mit dem Schneiden der Federn. Das ist quasi wie Haareschneiden, der Knochen bleibt heil – doch es hält maximal ein Jahr vor. Dann müssen die Vögel wieder eingefangen werden, um nachzuschneiden, mit Stress für alle Beteiligten. Andere versuchen, quasi an der Haarwurzel anzusetzen und den Flügelansatz zu veröden.

Der Zoo in Rheine probiert, mit hohen Hecken und speziellen Teichgestaltungen Vögeln den nötigen Raum zum Abheben zu nehmen. Für Pagel ist klar: „Ich muss dafür sorgen, dass sie nicht wegfliegen – sonst mache ich mich strafbar.“ Aber: „Wir können nicht alles überdachen oder baulich so verändern, dass die Vögel hier bleiben.“ Nun soll ein wissenschaftliches Forschungsprojekt neue Wege aufzeigen (siehe „Studie zum Stresslevel“).

Behörden der Bundesländer müssen kontrollieren

Die Bundesregierung hat vorsichtshalber gleich darauf hingewiesen, dass Behörden der Bundesländer für die Kontrolle der Regeln zuständig sind. Doch ohne einen Vogel einzufangen, können auch Fachleute kaum erkennen, ob eine Feder oder der ganze Knochen beschnitten wurden. Im NRW-Umweltministerium ist man auch noch ratlos und verweist deshalb auf eine Arbeitsgruppe von Landesveterinären, Zooexperten und Tierhaltern, die an Lösungen arbeite. Für Theo Pagel ist aber eines zumindest klar: „Wir wollen nicht per Gericht durchsetzen, dass man so agieren darf wie früher, sondern gehen vorsichtig auf Nummer sicher – die Zoos wollen eine fachlich fundierte Lösung.“

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