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„Stehen mit dem Rücken zur Wand”Intensivstationen in Köln zeitweise völlig überlastet

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Ein Rettungswagen

Ein Rettungswagen

Köln – Am späten Dienstagabend wusste sich der städtische Rettungsdienst nicht mehr anders zu helfen, der Verantwortliche schickte eine Notiz an alle Krankenhäuser in Köln und teilte darin mit: „Alle bisher berücksichtigten Abmeldungen verlieren hiermit ihre Gültigkeit.“ Patienten würden ab sofort „entsprechend der Notaufnahmebezirke“ verteilt; auf Abmeldungen könne keine Rücksicht genommen werden. Was war passiert?

Wenn ein Krankenhaus vorübergehend komplett oder in einem bestimmten Fachbereich ausgelastet ist – weil zum Beispiel keine Betten mehr frei sind oder alle Ärzte und das Pflegepersonal beschäftigt sind –, schickt es dem Rettungsdienst eine so genannte Abmeldung. Rettungswagenbesatzungen wissen dann, dass sie im Notfall mit ihrem Patienten vorläufig ein anderes Krankenhaus in der Stadt ansteuern sollten. Werden Kapazitäten frei, meldet sich das Krankenhaus wieder an. Oft vergehen dazwischen nur wenige Stunden. Das ist nicht ungewöhnlich und kommt öfter vor.

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Am Dienstag jedoch meldeten sich im Laufe des Tages nacheinander plötzlich alle Krankenhäuser in der Stadt ab, die eine Intensivstation haben. Und nicht nur das: Auch die Aufnahmemöglichkeiten der Intensivstationen in Krankenhäusern rund um Köln waren erschöpft. Das wiederum geschieht vergleichsweise selten, zuletzt im Februar 2013 – seinerzeit hatte eine Grippewelle die ganze Stadt fest im Griff.

Abmeldungen aufgehoben

In einem akuten Notfall hätte eine Rettungswagenbesatzung am Dienstag also vor einem Problem gestanden. Damit es so weit gar nicht erst kommen konnte, hob der Rettungsdienst alle Abmeldungen bis zum nächsten Morgen um zehn Uhr auf. Im Krisenfall hätte der Leiter des Rettungsdienstes festgelegt, welches Krankenhaus einen Notfallpatienten hätte aufnehmen müssen. „Die Verteilung geschieht nach fachlichen Kriterien, aber auch zum Beispiel danach, welches Haus in den letzten Stunden keinen Patienten bekommen hat“, erklärt Alex Lechleuthner, ärztlicher Leiter des Rettungsdienstes der Stadt Köln. Grundlage ist das Krankenhausgestaltungsgesetz NRW, das eine vorrangige Versorgung von Notfallpatienten vorschreibt. In jener Nacht sei es aber so weit nicht gekommen.

Eine Sprecherin der drei städtischen Klinken in Merheim, Holweide und Niehl bestätigte, es habe am Dienstag „ein massives Patientenaufkommen im Bereich internistische Erkrankungen gegeben“ – daher die Abmeldung zumindest für den internistischen Sektor. Chirurgische Eingriffe seien dagegen jederzeit möglich gewesen.

Angespannte Situation seit drei Wochen

Ein Arzt, der mit der Situation vertraut ist, schlägt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ Alarm. Der angespannte Zustand in der Kölner Krankenhäusern bestehe seit zwei bis drei Wochen, sagt er. „Wir stehen mit dem Rücken zur Wand. Wenn jetzt noch eine Grippewelle kommt, bricht alles zusammen.“

Lechleuthner sowie die Sprecher von Uniklinik und städtischen Kliniken dagegen betonen, es habe sich am Dienstag um ein singuläres Ereignis gehandelt, nicht vergleichbar mit der Situation im Winter 2013 oder auch ansatzweise mit der im Januar 2018.

Ein Sprecher der Uniklinik sagt, die angespannte Lage auf der Intensivstation, die insgesamt 127 Betten vorhält, sei derzeit wegen vermehrter Atemwegserkrankungen „jahreszeitlich bedingt wie üblich deutlich angespannt“. Schwerverletzte und schwer Erkrankte aber würden in der Uniklinik „jederzeit unabhängig von einem möglichen intensivmedizinischen Engpass“ behandelt. Auch Lechleuthner beruhigt: „Die Patienten sind auch bei uns im Rettungsdienst sicher aufgehoben.“

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