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„Su läuf dat he“Kölsche Songs auf Nazi-Demo – „Arsch huh“ wehrt sich mit Lied

Lesezeit 3 Minuten
Arno Steffen im Tonstudio

„Ich dachte, ich höre nicht richtig“, erinnert sich Arno Steffen an die Rechten-Demo bei der Kölsche Lieder gesungen wurden.

Köln – „Ich dachte, ich höre nicht richtig“, erinnert sich Arno Steffen. Ende 2018 stand der Kölner Musiker und Mitbegründer von „Arsch huh“ am Rander einer Rechten-Demo und konnte kaum glauben, was er vernahm: Offen Rechtsgesinnte sangen Lieder von den Bläck Fööss und anderen Kölner Künstlern. Songs von jenen, die sich seit Jahren gegen Fremdenhass engagieren und am Sonntag erneut den „Arsch huh“ bekommen, wenn an der Deutzer Werft für Europa und gegen Nationalismus demonstriert wird.

Jetzt folgt die Reaktion – „Arsch huh“ schlägt mit dem zurück, was das Künstler-Bündnis am besten kann: Musik. Steffen hat mit Hannes Schöner von den Höhnern den Song „Su läuf dat he“ komponiert, in dem sich die Musiker dagegen wehren, dass kölsches Liedgut von Rechten und Neonazis missbraucht wird.

Kölsche-Lieder bekommen auf Nazi-Demos andere Bedeutung

Es sind vor allem Songs, die die Verbundenheit zu Köln, zur Heimat thematisieren, die von Rechtsgesinnten bewusst gewählt werden, gelten sie doch bei vielen Kölnern als beliebt. Also auch Kölnern, die politisch (noch) nicht rechts positioniert sind. „Aber der Schritt, die Seite zu wechseln, ist irgendwann nur noch ein kleiner“, sagt Steffen dem „Express“.

Alles zum Thema Arsch huh, Zäng ussenander

„Das ist wie damals bei den Nazis, ein schleichender Prozess, ganz perfide gemacht.“ Songs wie „Mer sin eins“ von Kasalla bekommen eine andere Bedeutung, wenn sie von Teilnehmern einer Rechten-Demo gesungen werden. Oder die Brings-Zeile: „Denn ich ben nur ne Kölsche Jung, un mie Hätz, dat litt mer op d'r Zung. . .“ Unter dem Motto: „Wird man ja wohl noch sagen dürfen. . .“

Die rechtsgerichtete Gruppierung „Internationale Kölsche Mitte“, deren Anhänger zum Teil der Hooligan-Szene angehören sollen, hatten unter anderem im November auf dem Bahnhofsvorplatz Lieder der Bläck Fööss gesungen, darunter „En unserem Veedel“. Die Band zeigte sich empört: „Bei uns wurde weder eine Genehmigung zur Verwendung der Lieder angefragt, noch hätten wir diese erteilt. Wir sehen leider keine rechtliche Möglichkeit, gegen diese missbräuchliche Verwendung unserer Lieder vorzugehen“, teilten die Musiker mit.

Jürgen Becker warnte vor Missbrauch durch Nazis

Kabarettist Jürgen Becker hatte schon 2015 unter „Arsch huh“-Mitgliedern die Frage aufgeworfen, ob mit zu viel Kölschtümelei den Rechten in die Karten gespielt werde. „Us Kölle för Kölle“ – der damalige Wahl-Slogan der AfD klinge wie ein Kölsch-Lied-Refrain. „Ersetzt kölsch durch deutsch – das ist dann so rechts, dass das keiner singen würde“, sagte Becker, der damals prompt kontra bekam: „Wenn ich in Liebesliedern den Frauennamen durch deutsch ersetze, dann habe ich dasselbe!“

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Leider, sagt Arno Steffen heute, sei ein Teil von Beckers Kritik inzwischen in der Realität angekommen. Umso wichtiger sei es beim Komponieren und Texten, so sensibel wie möglich mit Bildern und Sprache umzugehen. Die Antwort auf den kölschen Song-Missbrauch wird am Sonntag an der Deutzer Werft mit ganz deutlichen Textzeilen gegeben: Dann feiert „Su läuf dat he“ Premiere – gesungen von Stephan und Peter Brings, Tommy Engel, Hannes Schöner und Arno Steffen. (red)

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