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„Was mache ich hier eigentlich?“Kölner Moderatorin gab ihren Traumjob bei RTL auf

Lesezeit 4 Minuten
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Ex-Moderatorin Janine Steeger

  • Janine Steeger hatte schon mit 14 Jahren den Traum, das RTL-Magazin „Explosiv“ zu moderieren.
  • 2008 hatte sie es endlich geschafft. Unbefristete Festanstellung, gutes Gehalt, alle Kameras auf sie gerichtet: „Das war lange wirklich die Erfüllung meines absoluten Traums“, sagt sie.
  • Doch die Nuklearkatastrophe in Fukushima hat einen Schalter bei ihr umgelegt. Sie hat sich neu erfunden, als „Green Janine“.

Köln – Und plötzlich wusste Janine Steeger, dass sie so nicht mehr weitermachen wollte. Die Nachrichtensendungen voll mit Katastrophenmeldungen, im Fernsehen Leute in Schutzanzügen. Die Rede ist nicht von Corona. Janine Steegers persönlicher Wachrüttel-Moment ist schon länger her: Die Nuklearkatastrophe in Fukushima 2011 hat bei ihr den Schalter umgelegt – von der Boulevard-Moderatorin zur Nachhaltigkeits-Expertin.

Damals war sie schwanger, erzählt die 43-Jährige. Wir treffen sie an einem sonnigen Nachmittag im Vorgebirgs-Park, sie wohnt mit ihrer Familie gleich um die Ecke. „Und dann kam dieser Moment der Fukushima-Katastrophe und ich saß meinem hormongeschwängerten Körper vor dem Fernseher und in diesem Moment hat es irgendwie Peng gemacht“. Schließlich kündigte sie den Job, von dem sie schon als 14-Jährige geträumt hatte: Moderatorin bei RTL „Explosiv“.

Fukushima als persönlicher Wendepunkt

Skandale, Schicksale, C-Promis mit verunglückten Schönheits-OPs. Jahrelang hatte sie hart dafür gearbeitet, 2008 hatte sie es endlich geschafft. Unbefristete Festanstellung, gutes Gehalt, alle Kameras auf sie gerichtet: „Das war lange wirklich die Erfüllung meines absoluten Traums“. Sie flog in der Weltgeschichte herum, aß in teuren Restaurants, trug die Trends.

Doch dann kamen irgendwann die Zweifel: „Was mache ich hier eigentlich auf dieser Welt? Wofür stehe ich, was will ich hinterlassen?“ Das lag sicher auch daran, dass eine gute Freundin lebensbedrohlich erkrankt war und schließlich starb, erzählt Janine Steeger. „Deswegen hatte ich schon länger diese Sinnfragen auf dem Zettel, aber für mich einfach kein Thema gefunden.“ Bis Fukushima eben. Da begriff sie plötzlich die Sache mit dem Planeten B: Keiner da.

Rednerin zum Thema Nachhaltigkeit

Andere macht sowas schwermütig, zumindest schlecht gelaunt. Aber Janine Steeger ist eine Macherin. Kompromisslos. Aber eben auch sehr pragmatisch. Und ehrgeizig genug, nicht mit der „Landleben“-Magazin auf dem Sofa zu versumpfen und von einer besseren Welt zu träumen. Sie hat sich neu erfunden, als „Green Janine“. Ihr Privatleben umgekrempelt, den Volvo gegen ein Lastenrad getauscht. Sogar noch einen Uni-Kurs „Betriebliches Umweltmanagement und Umweltökonomie“ absolviert, für mehr Glaubwürdigkeit in der Szene in der sie als ehemalige Boulevard-Moderatorin erstmal ein Alien war.

Heute moderiert sie Veranstaltungen zum Thema Nachhaltigkeit, hält Vorträge, bietet Medientraining an. Und gerade hat sie ein Buch veröffentlicht, in dem sie mit ihrer eigenen Lebensgeschichte für ein umweltfreundlicheres Leben inspirieren will.

„Lösungsansätze, keine Horrorszenarien“

„Wer mich als Speakerin bucht, bekommt keine Horrorszenarien über den Untergang der Welt, sondern Lösungsansätze, die gute Laune machen“, wirbt sie auf ihrer Webseite. Und das fasst ihre Lebensphilosophie sehr gut zusammen. Janine Steeger kommt quasi als Quereinsteigerin aus einer ganz anderen Ecke als viele andere Umweltschützer oder Klimaaktivisten. Sie trägt immer noch eine klassische Fernsehmoderatorinnen-Frisur und kann sehr professionell lächeln. Das Cover ihres Buches erinnert an Business-Ratgeber. Trotzdem hat sie sich inzwischen ebenso hartnäckig wie fundiert in der Szene etabliert.

Sie will inspirieren, aber auf keinen Fall missionieren: „Ich werde oft gefragt: „was sind die ersten Schritte?“ Aber das kann ich nicht beantworten, dass muss jeder für sich selber herausfinden. Ich will auch nicht mit so banalen Dingen ankommen wie: „nehmt doch einen Beutel mit zum Einkaufen oder einen Mehrwegbecher, wenn ihr unterwegs seid.“ Es gebe keine To-do-Liste, die man abhaken muss, um nachhaltig zu leben, sagt sie.

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Auch in der Corona-Krise bemüht sie sich, ihrem pragmatischen Credo treu zu bleiben. Sie sieht die Pandemie als Chance, ein anderes Lebensgefühl auszutesten. Wieder mehr Wertschätzung für das zu empfinden, was wir sonst als normal hinnehmen: Die kleinen Läden in unserem Veedel, zum Beispiel. Die Leistung von Pflegekräften. Sie selbst sei durch die Fukushima-Katastrophe aufgewacht. Vielleicht löse die Corona-Krise ja bei manchen Menschen etwas Ähnliches aus, wie bei ihr damals: „Mir machen viele Dinge auch Angst und natürlich finde ich das Corona-Virus alles andere als toll. Aber wir brauchen manchmal diese Wachrüttel-Momente.“

Janine Steeger, „Going Green – Warum man nicht perfekt sein muss, um das Klima zu schützen“, Oekom Verlag, 176 Seiten, 16 Euro.

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