„Was willst Du, alter Mann?“19-Jähriger verprügelt 80-jährigen Flaschensammler

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Flaschensammler

Ein Flaschensammler (Symbolbild)

Köln – Es war ein Akt roher Gewalt: Ein 80-jähriger Pfandflaschensammler wird nachts auf offener Straße von einem 19-Jährigen zusammengeschlagen und -getreten. Wegen gefährlicher Körperverletzung wird dem jungen Mann, der erstmals in Untersuchungshaft sitzt, derzeit vor dem Amtsgericht der Prozess gemacht. Im Gerichtssaal nahm der Rentner die Entschuldigung des Angeklagten an, verlangt jedoch ein Schmerzensgeld in Höhe von 3000 Euro.

Rentner Dieter S. (alle Namen geändert) wollte nur höflich sein, als er an einer KVB-Haltestelle in Rodenkirchen im Juni dieses Jahres kurz nach Mitternacht auf Tom B. (19) traf. In der Annahme, der junge Mann habe ihm eine Frage gestellt, antwortete der Senior mit einer Nachfrage („Kann ich Ihnen behilflich sein?“) und hatte damit einen Wutausbruch bei dem offensichtlich unter Drogeneinfluss stehenden Jugendlichen hervorgerufen: B. trat nach dem Rentner, und als er bemerkte, dass er sein Ziel verfehlte, hakte er nach: „Was willst Du, alter Mann?“, schrie Tom B. und trat und schlug so lange auf sein Opfer ein, bis dieser neben seinem Fahrrad am Boden lag. „Es war ein Gefühl, als ob sich der Kopf vom Körper löste“, erinnerte der 80-Jährige im Zeugenstand die Situation, als er spürte, wie ihm das Blut den Kopf herunter lief.

Mit letzter Kraft in die Wohnung geschleppt

Er sah noch, wie sich der Täter sein Rad griff und flüchtete. S. wohnt nah des KVB-Bahnhofs, schleppte sich mit letzter Kraft in seine Wohnung, wo er Polizei und Notarzt rief. Der Rettungswagen brachte ihn ins Antoniterkrankenhaus. Die Ärzte diagnostizierten zahlreiche Prellungen und Abschürfungen, doch zum Glück hatte der Rentner keine schweren Verletzungen davongetragen. Dies war wohl nicht zuletzt seiner rüstigen Konstitution zu verdanken. „Das Glück möchte ich auch haben, so fit wie Sie zu sein, wenn ich 80 bin“, staunte auch der Richter über den stabilen Gesundheits- und Geisteszustand des Seniors.

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Der machte keinen Hehl daraus, dass er den Überfall sowohl körperlich wie nervlich gut weggesteckt habe. Um seiner Enkelin hin und wieder etwas zustecken zu können, würde er auch nach dem Überfall regelmäßig auf Leergutsuche gehen, berichtete er dem Gericht. Die Entschuldigung des Täters nahm er „selbstverständlich“ an. Irritiert war er hingegen über den Brief, den ihm Tom B. an seine Privatadresse geschrieben hatte. Darin ist von einer „ekelhaften Tat“ die Rede und dem Angebot, als Wiedergutmachung sich als Haushaltshilfe anzudienen. Ein Angebot, das „sicherlich redlich gemeint ist“, vermutete der Richter, aber über das Ziel völlig hinausschieße. „Ein Opfer möchte weder Besuch noch Post von demjenigen bekommen, der ihn drangsaliert hat“, sagte der Richter dazu.

Angeklagter bleibt in Untersuchungshaft

Auf der Anklagebank saß B. nicht das erste Mal. Als Jugendlicher hatte er bisher wegen Körperverletzung, Drogendelikten und Nötigung wiederholt erzieherische Maßnahmen erhalten, erstmals sitzt er nun im Gefängnis – und will unbedingt wieder raus. Seine Eltern, die ihn wegen seiner Drogensucht vor zwei Jahren vor die Tür setzten, würden ihm erneut eine Chance geben, behauptet er. Die Mutter Klinikärztin, der Vater selbstständiger Handwerksmeister und eine studierende Schwester geben das Bild eines bürgerlichen Elternhauses. Auch B. besuchte bis zu seiner „Drogenkarriere“ in Lindenthal das Gymnasium. Doch er bleibt erst einmal in Untersuchungshaft. Das Gericht will in der kommenden Woche ein Urteil sprechen.

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