„Wegen Gefahr nur zum Mitnehmen“Die Kalker Hauptstraße ist im Krisenmodus

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Duftender Döner, aber leider nur zum Mitnehmen: Hoffnungslos unterbeschäftigt sind derzeit die Männer vom Nimet-Grill, das Restaurant ist geschlossen.

  • Restaurants ohne Sitzplätze, dafür Picknick im Park: Auch in Köln-Kalk sind die Auswirkungen der Corona-Krise spürbar. Geschäfte allerdings sind weiterhin geöffnet.
  • Für Eltern und Kinder ist es spürbar schwierig, mit der neuen Situation umzugehen.

Köln – Auf den ersten Blick wirkt alles wie immer beim Schlendern über die Kalker Hauptstraße: Die Sonne scheint, eine junge Frau schleckt ein Eis, vor dem Kaufland dudelt ein Akkordeonspieler, im Gül-Supermarket sind Blaubeeren im Angebot, die Deutsche Bank rät zum Depotwechsel und das Euro-Spar-Paradies verkauft Duschschläuche zu vier Euro das Stück. So weit, so normal. Nur einige Zettel hinter Schaufensterscheiben irritieren: „Wegen Gefahr nur zum Mitnehmen“ steht an einem Imbiss, bei Backwerk ist man ganz schlau und ruft zu „Hamsterkäufe hier“ auf: „Alles was Sie zum Überleben brauchen“. Ein Schelm, wer da an Panikmache denkt.

Die meisten Menschen sind allerdings eher entspannt. Gut zu tun haben die drei Damen in der Metzgerei Werner. Obwohl die Stehimbiss-Tische derzeit nicht genutzt werden dürfen. Besonders ältere Menschen seien verunsichert, berichtet Filialleiterin Sabine Klein.

„Da spielen doch Kinder?!?“

Die würden dann schon auch mal für zwei Tage das Mittagessen auf Vorrat mitnehmen, damit sie nicht jeden Tag rausmüssten. Ihre Kollegin berichtet grinsend von Kunden, die mit Gasmaske oder Taucherbrille im Laden gestanden hätten. „Ehrlich jetzt!“

Im kleinen Park gegenüber kickt ein Vater mit seinem Sohn, während ein anderer mit seinem Knirps vor einer kleinen Statue steht: Die bronzene Putte trägt zwei Schildkröten auf den Schultern und ist nackend, was den Kleinen offensichtlich fasziniert. Familie Steinbach aus Klettenberg hat auf einer Decke ein kleines Picknick ausgebreitet und döst in der Sonne.

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„Drinnen darf man ja nirgends sitzen“, sagen die Eltern Katja und Bodo, während Sohn Miro (12) entspannt sein Schulfrei bei einem Brötchen genießt. Nur sein kleiner Bruder Luca (7) ist gerade ziemlich sauer, weil er nicht auf den benachbarten Spielplatz darf: „Da spielen doch Kinder?!?“

Es sei sehr schwer, den Kindern klarzumachen, warum alles derzeit so eingeschränkt wäre, sagt Mutter Katja. Kein Spielplatz, kein Sportplatz, kein Besuch von Kumpels. „Und es ist echt doof, dass wir Oma und Opa nicht besuchen dürfen.“ Das verstünden die allerdings noch weniger als ihre Enkel, ergänzt Vater Bodo: „Die Nachkriegsgeneration ist viel eher als wir gewohnt, dass nicht immer alles glattläuft und viel gelassener in der Krise.“ Lucas Miene hat sich längst wieder aufgehellt – entschlossen übt er Kampftritte an einer riesigen Platane.

Geschäfte in Köln-Kalk weiter geöffnet

Alle Geschäfte entlang der Einkaufsstraße sind geöffnet, ob Blumenladen, Nagelstudio oder Sonnenbank. Zu sind nur die Spielsalons und die Kneipen. Parken kann man ungewöhnlicherweise meist direkt vor der Tür. Die zahllosen Barbiere sind nur wenig frequentiert. Zwei Mitarbeiter des Ordnungsamtes kontrollieren, ob alle Bäcker, Eisdielen oder Imbisse ihre Restaurants oder Cafés auch wirklich geschlossen haben. Beim Kochlöffel muss der Betreiber seine Außentische vom Gehsteig räumen – hinsetzen ist nicht. Neue Öffnungszeiten für alle: 10 bis 18 Uhr. Im Nimet-Grill, sonst fast rund um die Uhr geöffnet und eigentlich immer voll, stehen die Männer, die Arme in die Hüften gestemmt, hinter der Theke und warten auf Kunden. Hier wird die Krise offensichtlich.

„Ich hoffe auf Lösungen, aber so, wie es aussieht, gehen wir alle pleite“, sagt Thomas Nowak, seit fünfeinhalb Jahren Geschäftsführer bei Zimmermann-Touristik, eine Tür weiter. „Bei den ganzen Stornierungen fallen unsere Provisionen weg“, stöhnt der Leiter des Traditionsgeschäftes, und Arbeit habe man trotzdem damit. Normalerweise könne er ganz gut Leben mit und von der Reiselust seiner Kalker Stammkundschaft. „Aber im Moment bucht keiner.“ Ganz hat er seinen Optimismus allerdings noch nicht verloren. Er hofft auf den Sommer – „last minute!“

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