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„Wundersamerweise“Zerstörter Kölner Torbogen nach Zweitem Weltkrieg gerettet

Lesezeit 3 Minuten
Das Dreikönigenpförtchen mit der Rekonstruktion des Singemeisterhäuschens, einer Stiftung der Patrizierfamilie Hardenrath im 15. Jahrhundert .

Das Dreikönigenpförtchen mit der Rekonstruktion des Singemeisterhäuschens, einer Stiftung der Patrizierfamilie Hardenrath im 15. Jahrhundert .

  • In unserer Serie „Köln früher und heute” zeigen wir jede Woche einen Ort in Köln und erzählen von dessen Geschichte und Gegenwart.
  • In dieser Folge geht es um das Dreikönigenpförtchen, das nach Fliegerangriffen im Zweiten Weltkrieg in sich zusammengestürzt war.
  • Doch das Pförtchen wurde gerettet und wiederaufgebaut – und verdankt sein Überleben einer Saga. Die Hintergründe.

Köln – Um ein Haar wäre es für immer vorbei gewesen mit dem sagenumwobenen Durchgang an der Kirche St. Maria im Kapitol. 1944 war das Dreikönigenpförtchen nach Fliegerangriffen in sich zusammengestürzt. Doch ein Jahr nach dem Zweiten Weltkrieg stand es schon wieder an alter Stelle – „wundersamerweise“, wie der ehemalige Kölner Stadtkonservator Ulrich Krings anfügt.

Das Wunder war in Gestalt von Wilhelm Schlombs über das kleine Bauwerk an der romanischen Altstadt-Basilika gekommen. Der damalige Student und Volontär beim Stadtkonservator hatte die Steine 1945 eingesammelt, bevor die Räumbagger sie davonschaffen konnten. Das Pförtchen wurde gerettet und wiederaufgebaut.

Reliquien der Heiligen Drei Könige durch Tor nach Köln eingeführt

„Nor am Dreikünningepöötzge, do weiß die Oma joot Bescheid“, sang Karl Berbuer in den 1950er Jahren. Der kölschen Legende nach soll Erzbischof Reinald von Dassel am 23. Juli 1164 die in Mailand erbeuteten Reliquien der Heiligen Drei Könige durch dieses Tor in die Stadt eingeführt haben, bevor sie schließlich im karolingischen Dom aufgestellt wurden und Köln zu einem der größten Wallfahrtszentren in Europa machten.

Ob diese Geschichte der Wahrheit entspricht, darf getrost hinterfragt werden. „Und wenn diese erste Prozession mit den Reliquien tatsächlich stattgefunden haben sollte, müsste sie durch den romanischen Vorgänger des heutigen Törchens erfolgt sein“, so Ulrich Krings. Denn das heutige, gotische Pförtchen stammt ungefähr aus dem Jahr 1330.

Kölner Torbogen kam in all den Jahrhunderten nicht unter die Räder

Jedenfalls hat die alte Sage dazu beigetragen, dass der Torbogen in all den Jahrhunderten nicht unter die Räder kam. Als er 1842 – vom Verfall bedroht – einer neuen Straße weichen sollte, setzte sich der damalige Kronprinz Friedrich Wilhelm für den Erhalt und die Restaurierung ein. Und auch Wilhelm Schlombs hätte 1945 sicher nicht die Steine beiseitegeschafft, wenn er nicht vom Wert des Pförtchens überzeugt gewesen wäre.

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Ob Reinald von Dassel im Mittelalter nun die Gebeine an dieser Stelle nach Köln trug oder nicht – in jedem Fall ist das Dreikönigenpförtchen in Köln das einzige noch erhaltene Immunitätspförtchen und schon damit ein wertvolles Relikt früherer Zeiten. Immunitätsbezirke waren einst die juristisch eigenständigen Areale rund um die klösterlichen Sakralbauten. Hier galt das Kirchenrecht, die Befehlsgewalt der Freien Reichsstadt Köln endete. Das Pförtchen war Teil einer größeren Ummauerung und verband den ehemaligen Kirchhof (Lichhof) von Maria im Kapitol mit dem Marienplatz. Mit der Säkularisierung durch die Franzosen war es mit dem Immunitätsbezirk ab 1803 vorbei: Die Mauer wurde überbaut, nur das schmucke Pförtchen mit seiner illustren Geschichte blieb erhalten.

„Dreikünningepöötzge“ noch heute idyllischer Ort in Köln

Dass der Bereich rund um „Dreikünningepöötzge“ noch heute ein besonders idyllischer Ort in Köln ist, liegt auch an den benachbarten Gebäuden. Im Süden (auf dem Foto rechts) steht heute die Rekonstruktion des Singemeisterhäuschens, das eine Stiftung der Patrizierfamilie Hardenrath im 15. Jahrhundert war. Hier wohnte ursprünglich der Chorleiter und Organist für die musikalisch begleiteten Gottesdienste, die in der benachbarten Hardenrathkapelle stattfanden, später waren hier die Organisten der Kapitolskirche zu Hause. Das kleinere Haus zwischen der Pforte und dem Singemeisterhäuschen diente wohl als Ziegenstall und Toilette und wurde ebenfalls neu aufgebaut.

Das Pförtchen besteht heute aus originaler Steinsubstanz aus dem Mittelalter und dem 19. Jahrhundert. Die ursprüngliche Figurengruppe aus Maria mit Jesuskind und den Heiligen Drei Königen in dem Aufsatz darüber befindet sich jedoch seit Ende des Kriegs als Leihgabe im Museum Schnütgen. Bei den jetzigen Figuren handelt es sich um Abgüsse aus dem Jahr 1981. Öffentlich präsentiert wurden sie damals am 23. Juli, dem Kölner Festtag der „Übertragung der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln“ im Jahre 1164.

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