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„Zweifel an Wirtschaftlichkeit“WDR saniert in Köln teurer als andere Sender

Lesezeit 5 Minuten
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Das Filmhaus des WDR (rechts) während des Baus.

  • Von 130 auf 240 Millionen: Die Kosten für die Sanierung des WDR-Filmhauses in Köln haben sich über die Jahre gesteigert.
  • Eine Kommission kritisiert die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens.
  • Denn: Der WDR saniert deutlich teurer als andere Rundfunkanstalten.
  • Doch auch beim Deutschlandradio am Raderberggürtel gibt es Probleme, Schadstoffe plagen, der Sendebetrieb muss weiterlaufen.
  • Wie ist der Sanierungsstand bei Kölns Rundfunkhäusern? Ein Überblick.

Köln – Für insgesamt 428 Millionen Euro lassen die beiden öffentlich-rechtlichen Sender WDR und Deutschlandradio in Köln ihre Häuser sanieren. Es sind komplizierte Bauvorhaben – und die WDR-Filmhaus-Sanierung bleibt dabei heftig umstritten. 1) Das Filmhaus des WDR: Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF, siehe Info-Text) hat weiter Zweifel an der Wirtschaftlichkeit der Sanierung des WDR-Filmhauses an der Nord-Süd-Fahrt.

Das geht aus ihrem 23. Bericht hervor.

Die Kommission

Die Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) stellt laut eigener Aussage den Finanzbedarf von ARD, ZDF, Deutschlandradio und ARTE fest.

Sie schreibt: "Nach § 3 Abs. 1 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag prüft die Kommission, ob sich die Programmentscheidungen der Rundfunkanstalten im Rahmen des rechtlich umgrenzten Rundfunkauftrags halten und ob der aus ihnen abgeleitete Finanzbedarf zutreffend und im Einklang mit den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie unter Berücksichtigung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung und der Entwicklung der Haushalte der öffentlichen Hand ermittelt worden ist."

Die Kommission schlägt den Bundesländern auch eine mögliche Erhöhung  des Rundfunkbeitrags vor, aktuell liegt er bei monatlich 18,36 Euro.

Schon im Vorjahr hatte die KEF für 69,1 Millionen Euro zusätzliche Kosten des 240-Millionen-Euro-Projektes eine Sperre ausgesprochen – und bleibt auch dieses Jahr dabei. Der Grund: Die Anmeldung der Kosten sei regelwidrig. Zwar habe der WDR nun an der Aufarbeitung mitgearbeitet, aber bis zum 24. Bericht und einer verbindlichen Gesamtkostenermittlung ist das Geld gesperrt.

Die Kommission urteilte: „Ungeachtet dessen (der Mitarbeit des WDR in Sachen Aufklärung, Anmerkung der Redaktion) bestehen die Zweifel der Kommission an der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme fort. Die Kommission weist darauf hin, dass sie grundsätzlich nur die Kosten für anerkennungsfähig hält, die unter Einhaltung des Wirtschaftlichkeitsgebots notwendig sind.“

Allerdings läuft die Sanierung schon, ein Stopp samt Neubau an anderer Stelle dürfte kaum sinnvoll sein. Es sind Fakten geschaffen. Der WDR teilte mit: „Für den WDR ist die Sanierung nach wie vor die wirtschaftlichere Variante im Vergleich zu einem Neubau.“ Das habe man der KEF dargestellt.

Das Filmhaus an der Nord-Süd-Fahrt stammt von 1974, seit 2018 läuft die Sanierung. Schon 2019 teilte der WDR mit, dass die Kosten von 130 auf 240 Millionen Euro steigen. 2024 soll die Sanierung beendet sein, dabei bleibt es laut des Sprechers, auch die Kosten reichen "nach aktuellen Kenntnisstand" aus. 580 Menschen haben dort vor der Sanierung gearbeitet, unter anderem Magazine wie „Monitor“ produziert. Später sollen dort 700 Mitarbeiter crossmedial berichten.

Als Beleg für ihre Zweifel an der Wirtschaftlichkeit führt die KEF unter anderem die reinen Baukosten für das Gebäude im Verhältnis zur tatsächlichen Nutzungsfläche an. Sie betragen beim Filmhaus 199,4 Millionen Euro. Hinzu kommen gut 40 Millionen Euro für Ausstattung und Ausweichszenarien. Die Kommission vergleicht diese reinen Baukosten mit laut ihrer Aussage vergleichbaren ARD-Bauvorhaben und urteilt: „Mit 16.283 Euro je Quadratmeter Nutzungsfläche liegt das WDR-Filmhaus um circa 157 Prozent über dem Vergleichswert von 6342 Euro je Quadratmeter Nutzungsfläche.“ Die ebenfalls teure Kantinen-Erweiterung des Bayerischen Rundfunks ist in den Vergleichskosten nicht eingerechnet.

Die Kommission urteilte angesichts dieses Verhältnisses beim Filmhaus in Köln: „Die Kommission stellt fest, dass die Sanierung des WDR-Filmhauses erheblich über den Kosten vergleichbarer Neubauvorhaben liegt.“

Der WDR verweist auf die schwierige Vergleichbarkeit der Bauvorhaben, unter anderem wegen des unterschiedlichen Sanierungsbeginns oder der unterschiedlichen Lage. „So sind in Köln beispielsweise der geordnete Rückbau von Gebäudebestandteilen in dicht bebauter Umgebung und der schwierige Untergrund zu berücksichtigen.“

2) Funkhaus des Deutschlandradios: Bis 2034 will das Deutschlandradio sein 102 Meter hohes Funkhaus am Raderberggürtel für 188 Millionen Euro sanieren – es wird ein komplexes Vorhaben, und zwar aus mehreren Gründen. Erstens: In dem 1979 fertiggestellten Turm sind Schadstoffe verbaut, die laut eines Sprechers zwar aktuell keine Gefahr bedeuten, aber entfernt werden sollen. Zweitens: Der Sendebetrieb der beiden Programme Deutschlandfunk und Deutschlandfunk Nova muss störungsfrei weiterlaufen. Und drittens: Es handelt sich um ein sogenanntes Hänge-Hochhaus, dabei sind die Geschosse am Dach aufgehängt und nicht am Boden abgestützt.

Die Verantwortlichen hatten im Vorfeld auch einen Neubau in Köln geprüft, ihn aber verworfen, weil der Sender in kurzer Zeit viel Geld investieren hätte müssen. So streckt er die Kosten auf insgesamt 14 Jahre, die ersten 21,2 Millionen Euro sind bis Ende 2024 vorgesehen.

Ein Jahr vorher soll auch die Phase null mit den ersten Planungen abgeschlossen sein, danach folgen die Details und die Sanierung. Sie soll in Etappen ablaufen und der Sendebetrieb während der schwierigen Sanierung – Stichwort Schadstoffe – im Funkhaus stattfinden.

Sender wehrte sich gegen Sprengung

Ein Sprecher teilte mit: „Die Sicherstellung und Aufrechterhaltung des Programm- und Sendebetriebs wird im Rahmen der Projektinitiierung berücksichtigt.“ Der Sender hatte sich vehement gegen eine Sprengung der drei Türme der Deutschen Welle gewehrt, weil er seinen Sendebetrieb eingeschränkt sah.

Wie aufwendig, es sein kann, Schadstoffe zu entfernen, zeigt ebenfalls der Blick zur früheren Fläche der Deutschen Welle. Dort mussten die Schadstoffe Etage für Etage ausgebaut und sicher abtransportiert werden, bevor die Türme zurückgebaut werden konnten. Dort entsteht in den nächsten Jahren ein Quartier mit rund 700 Wohnungen.

Bleibt es bei 188 Millionen Euro?

Aktuell arbeiten im Funkhaus des Deutschlandradios 430 Festangestellte und 680 arbeitnehmerähnliche Beschäftigte, die aber nicht zeitgleich am Standort sind.

Das Deutschlandradio hat die Kosten auch bei der KEF angemeldet. Ob die 188 Millionen Euro ausreichen, ist aber unsicher. Der Sprecher sagte: „Die geplanten Gesamtkosten in Höhe von 188 Millionen Euro beinhalten bereits Risikozuschläge, Baukostensteigerungen und auch Kosten für die Schadstoffsanierung des Funkhauses. Allerdings stellen die aktuell steigenden Preise für Bauleistungen und auch die bekannten Lieferengpässe eine große Herausforderung für die Projektsteuerung dar und wir werden vor diesem Hintergrund Kalkulation und Zeitpläne kontinuierlich überprüfen und falls notwendig anpassen müssen.“

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