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1. FC KölnDer Staatsanwalt des Fußballstadions

Lesezeit 3 Minuten
Staatsanwalt Joachim Roth und seine Tochter auf ihrem Stammplatz im Stadion.

Staatsanwalt Joachim Roth und seine Tochter auf ihrem Stammplatz im Stadion.

Köln – Wenn der 1. FC Köln am Samstag Bayern München zum letzten Heimspiel der Saison empfängt, werden dunkle Erinnerungen wach: Auf den Tag genau sechs Jahre wird es dann her sein, dass der FC nach einem 1:4 zum fünften Mal in die Zweite Bundesliga abgestiegen ist – auch damals hieß der Gegner Bayern München. Kurz vor dem Schlusspfiff zündeten Kölner Chaoten in der Südkurve Pyrotechnik. Dichter Rauch zog durchs Stadion, das Spiel wurde abgebrochen, die „Schwarze Wand von Müngersdorf“ machte bundesweit Schlagzeilen.

Wenig spricht dafür, dass sich die Szenen am Samstag wiederholen werden. Der sechste Abstieg ist bereits besiegelt, nach der Niederlage in Freiburg vorige Woche feierte die mitgereisten FC-Fans ihre Mannschaft trotzdem. Die Atmosphäre rund um den Club ist mit der von 2012 nicht zu vergleichen.

Einer hofft ganz besonders, dass alles friedlich bleibt: Joachim Roth, der neue Chef der Kölner Staatsanwaltschaft und einer der wenigen „Stadion-Staatsanwälte“ in der Bundesliga. „Ich liebe jedes Spiel, bei dem ich nicht dienstlich tätig werden muss“, sagt Roth, „ich stünde aber zur Verfügung.“

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Schnittstelle zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft

Als „Stadion-Staatsanwalt“ bildet er die Schnittstelle zwischen Polizei und Gericht. Er hilft der Polizei im Zweifel bei der rechtlichen Bewertung einer Situation oder bei der Klassifizierung einer Straftat. Im Ernstfall kann er die Durchsuchung eines Krawallmachers oder von dessen Wohnung anordnen, zum Beispiel wenn der Verdacht besteht, dass ein Fan dort Pyrotechnik hortet. Soll ein Beschuldigter einem Haftrichter vorgeführt werden, kann Roth mündlich und ohne Zeitverzug dessen vorläufige Festnahme anordnen.

FC-Fan ist der Leitende Oberstaatsanwalt seit frühester Kindheit. „Seit ich acht bin, besuche ich regelmäßig die Heimspiele.“ Seit ungefähr 30 Jahren hat Roth eine Dauerkarte. Inzwischen begleiten ihn seine Tochter und eine Cousine ins Rhein-Energie-Stadion. Die Karte zahlt Roth aus eigener Tasche. Vor dem Anpfiff schaut er bei der Befehlsstelle der Polizei vorbei, erkundigt sich, ob es besondere Vorkommnisse gibt. Dasselbe nach dem Schlusspfiff. Für die 90 Minuten dazwischen hat die Polizei seine Handynummer.

FC-Fan seit frühester Kindheit

Der „Stadion-Staatsanwalt“ wurde in Köln nach den Ausschreitungen auf der Jahnwiese beim Heimspiel gegen Mönchengladbach 2014 wieder eingeführt. Damals hätte die Polizei einen Staatsanwalt mit seinen Befugnissen vor Ort gut gebrauchen können, als es um die Feststellung von Personalien ging. In Aktion treten musste Roth seitdem erst ein Mal: Bei einem Spiel gegen Berlin hatte ein englischer Stadionbesucher einen Fan geschlagen. Um am selben Tag nach England zurückkehren zu dürfen, musste der Schläger einen Geldbetrag als Sicherheitsleistung hinterlegen. Roth musste über die Höhe befinden.

Wie auch immer es mit seinem Verein in der nächsten Saison weitergeht – der Leitende Oberstaatsanwalt will dem FC treu bleiben. „Meine Dauerkarte behalte ich auch in der Zweiten Liga“, sagt Roth. „Und ich würde sie auch in der Dritten Liga behalten.“ Wenngleich er fest davon ausgeht, dass sich diese Frage nie stellen wird.

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