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20 Jahre Vorwärts SpohoEin etwas anderer Fußballverein

Lesezeit 4 Minuten
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Aufstieg in die Kreisliga B im Jahr 2000

Köln – Im Januar 1998 trafen sich vier Sportstudenten in einer Kneipe mit dem hübschen Namen Doping zu ein paar Frustgetränken. Michael Möhrlein, Sven Nitsche, Alexander Ewert und Frank Walter, fürs Sportstudium in Köln gestrandet, hatten sich einem Fußballverein angeschlossen, fremdelten aber mit den Trainingseinheiten, die sie an Sepp Herberger erinnerten, der geforderten Anwesenheitspflicht bei Spielen, der Vereinsmeierei.

„Lass uns selbst einen Verein gründen, mit Studenten“, sagte Frank. „Dann machen wir auch eine Frauenmannschaft!“, sagte Olivia Fritz, die mit am Tisch saß. Die Fünf bestellten darauf ein paar Kölsch. Im Sommer 1998 spielten die Frauen und Männer von Vorwärts Spoho in den untersten Kreisligen – und bekamen Lack.

Studententruppe wurde belächelt

„Spoho-Hurensöhne gehörte noch zu den netteren Beschimpfungen“, erinnert sich Volker Zirkel, der in der ersten Saison zur Mannschaft stieß und seit 15 Jahren Erster Vorsitzender ist. „Viele haben uns als Studententruppe bespöttelt.“ Für die Studis gab es auf die Socken – auch, weil da einer wie Mario Rieder, genannt der Kreuzer, in der Kreisliga C kickte.

Rieder hatte vorher in der Oberliga gespielt und wusste wie etliche seiner Mitspieler ein wenig mehr mit der Kugel anzufangen als der durchschnittliche Thekenfußballer in der Kreisliga C. „Da musst du einfach mal kreuzen“, wies Mario seine Stürmer an, die ihn mit offenem Mund anstarrten – es gab auch Kicker im Team, die vorher nie im Verein gespielt hatten. Mit Leistungsdruck wollten aber auch die ehemals ambitionierten Fußballer nichts mehr zu tun haben. Wichtiger war die dritte Halbzeit: Beim Fußballverband setzten sich die Mannschaften dafür ein, ihre Heimspiele freitagabends austragen zu dürfen - danach ging man ohnehin zusammen feiern.

Prinzip: Jeder spielt mal

Aufgestellt wurde bei Frauen wie Männern nie nach Leistung, sondern nach Trainingsanwesenheit und dem Prinzip: Jeder spielt mal. „Das ist so geblieben“, sagt Volker Zirkel, „bei uns herrscht nicht das Leistungsprinzip.“ Ausgenommen bei der Ersten Damenmannschaft, die dieses Jahr den Aufstieg in die Regionalliga geschafft hat, den Mittelrheinpokal gewann und nächste Saison im DFB-Pokal antritt. Allerdings gilt auch da: Niemand bekommt Geld, es werden keine Ablösen gezahlt.

Zur Saison 2010/11 gründete Vorwärts Spoho eine Jugendabteilung, heute hat der Verein 19 Kinder- und Jugendmannschaften, einige der über 500 Kinder sind die Zöglinge von Pionieren. Paare „in jeglicher Geschlechterkonstellation“ (O-Ton Zirkel) gibt es bei Vorwärts Spoho reichlich. Die Jugendarbeit gilt als exzellent – viele der Trainer machen ihre Fußballlehrer-Ausbildung an der Sporthochschule. Derzeit arbeiten neun Spieler der Männermannschaft als Trainer, Lea Wippermann von der Regionalliga-Mannschaft, die auch Zweite Vorsitzende ist, koordiniert die Mädchen.

Die gute Seele: „Der schöne Reini“

Viele der Mitgründer des Vereins sind geblieben – wie Reiner Schreven, früherer Spitzname „Der schöne Reini“, Spruch: „So jung, kommen wir nie mehr zusammen, Prost!“ Fast alle Kicker der ersten Stunde treffen sich noch jede Woche auf dem Bolzplatz und ein paar Bieren.

In einer der ersten Vereinspostillen ging es um einen Abstellraum für Zubehör und ein fehlendes Vereinsheim, vor Heimspielen zogen die Spieler die Kreidelinien mit Restalkohol im Blut selbst, so dass die Gegner wahlweise lachten oder zürnten. Bis heute fehlt es Vorwärts Spoho an Infrastruktur: Einer der zwei vorhandenen Ascheplätze der Sportanlage Nordfeld ist gesperrt. Da er auf Trümmerresten einer vor dem Ersten Weltkrieg errichteten preußischen Fortanlage aufgeschüttet wurde, sackt der Platz bei Starkregen immer wieder ab.

Kunstrasenplatz seit fünf Jahren in Planung

Alle Mannschaften trainieren jede Woche auf unterschiedlichen Plätzen. Das Vereinsheim ist wegen eines einsturzgefährdeten Dachs geschlossen. Alle Teams teilen sich einen Wohncontainer mit einer Dusche als Umkleide.

In Planung ist seit fast fünf Jahren ein Kunstrasenplatz, der einen der beiden Ascheplätze ersetzen soll. „Vision Nordfeld“ nennen die Verantwortlichen ihre Pläne, die sie professionell vorantreiben. Längst ist aus einer feierfreudigen Studentengruppe ein seriöser Verein geworden.

5:1-Sieg mit fünf Feldspielern

Geblieben ist das Prinzip, dass nicht immer jeder da sein muss und jeder mal spielt – und damit auch das Problem mit dem regelmäßigen Kommen. „Da sind die Studenten heute nicht anders als vor 20 Jahren“, sagt Zirkel.

„Aber die Blöße, zu acht oder zu neunt anzutreten, geben wir uns nicht mehr.“ Eine Geschichte ist da eh nicht zu toppen: In der zweiten Saison trafen sich nur neun Spieler, darunter zwei Torhüter, beim Pförtner, um auf die Anlage von Germania Nippes zu fahren. Am Ende standen nach Krämpfen und Verletzungen nur noch fünf Feldspieler auf dem Platz. Trotzdem gewann Vorwärts Spoho 5:1.

Jubiläumsturnier am Wochenende

Am Wochenende feiert der Kölner Studenten-Fußballverein sein 20-jähriges Bestehen im Sportpark Müngersdorf mit Jugend-, Mixedturnieren und WM-Gucken am Playa der Sporthochschule.

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