200 Sendungen geöffnetKölner DHL-Mitarbeiter plündern wertvolle Pakete

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Der Postdiebstahl im großen Stil geschah in der Zustellbasis in Bilderstöckchen.

Der Postdiebstahl im großen Stil geschah in der Zustellbasis in Bilderstöckchen.

  • Es ist ein Kriminalfall sondergleichen: Verdächtige DHL-Mitarbeiter sollen mindestens 200 Päckchen und Pakete geöffnet, den Inhalt in vielen Fällen behalten, die Sendungen wieder zugeklebt und leer weiterverschickt haben.
  • Ihre Beute: Armbanduhren, Smartphones von Apple und Samsung, Damenhandtaschen von Louis Vuitton oder Gucci und vieles mehr.
  • Doch als Online-Kunden sich bei einem Versandhändler meldeten, weil leere Pakete ankamen, begann die Masche aufzufliegen.

Köln – Als Geschäftsführer eines preisgekrönten Online-Handels für Designklassiker hat Sven Vorderstrase eher selten mit der Polizei zu tun. Seit einem Jahr aber steckt der Kölner mit seinem Warenversand mitten in einem Aufsehen erregenden Kriminalfall – als Opfer eines mutmaßlichen Postdiebstahls, den es in Köln so noch nicht gegeben hat. Das markante Klebeband, mit dem Vorderstrase die Pakete seiner Kunden verschließt, könnte noch eine wichtige Rolle als Beweismittel spielen.

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen drei ehemalige Mitarbeiter der DHL-Zustellbasis am Parkgürtel in Bilderstöckchen. Die Polizei bestätigte das Verfahren auf Anfrage.

Die Verdächtigen sollen mindestens 200 Päckchen und Pakete geöffnet, den Inhalt in vielen Fällen behalten, die Sendungen wieder zugeklebt und leer weiterverschickt haben. „Inhaltsschmälerung von Paketsendungen“ heißt das im Juristendeutsch – die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Verdachts des gemeinschaftlichen und gewerbsmäßigen Diebstahls. Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten zwischen drei Monaten und zehn Jahren Haft.

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200 Taten in drei Wochen

Die Männer (32, 55, 56) sollen laut Polizei Waren im Gesamtwert von ungefähr 40.000 Euro aus den Paketen gestohlen haben – vor allem Armbanduhren, Smartphones von Apple und Samsung, Damenhandtaschen von Louis Vuitton oder Gucci sowie Münzsammlungen, Sport- und Freizeitschuhe namhafter Hersteller „und weitere hochwertige Konsumartikel“, wie Polizeisprecher Christoph Gilles auf Anfrage bestätigt.

Die 200 Taten, die die Polizei dem Trio offenbar nachweisen kann, sollen die teils langjährig beschäftigten DHL-Mitarbeiter innerhalb von drei Wochen im Juni 2018 begangen haben.

„Mich rief ein Kunde an, der eine Uhr bei uns bestellt, aber nur ein leeres Paket empfangen hatte“, berichtet Markanto-Chef Sven Vorderstrase. „Wir waren sehr überrascht, dass so etwas passieren konnte.“ Ein paar Tage später beschwerte sich dann der zweite Kunde. „Weil der eine in Nord- und der andere in Süddeutschland lebt, hatten wir schnell den Verdacht, dass die Täter irgendwo hier in Köln sitzen müssen“, erzählt Vorderstrase.

Zuerst habe man den neuen Paketboten verdächtigt – zu Unrecht, wie sich bald herausstellte. Der Online-Händler schaltete die Polizei und die DHL Security ein. Die Ermittler stellten fest, dass Markanto nicht der einzige Geschädigte war. Und ihnen fiel auf, dass die Pakete von oben unbeschädigt und von unten aufgeschlitzt und mit neuem Klebeband wieder verschlossen worden waren. Weil Markanto seine Sendungen mit einem eigenem, bedruckten Klebeband versiegelt, fiel die Manipulation sofort auf. Angeblich sollen fürs Wiederverschließen vielfach Klebestreifen verwendet worden sein, die bei DHL üblicherweise zum Einsatz kommen.

Die Polizei beobachtete die Täter

Die Polizei ermittelte verdeckt, identifizierte die drei Männer bald als Tatverdächtige und beobachtete sie. Die Beute sollen die Postmitarbeiter teilweise für sich behalten sowie im Freundes- und Bekanntenkreis verteilt haben. Schließlich durchsuchten die Ermittler die Wohnungen der Männer. Dabei sei „umfangreich“ Beweismaterial sichergestellt worden, berichtet Polizeisprecher Christoph Gilles. Die Ermittlungen dauerten fast ein ganzes Jahr.

Sven Vorderstrase zeigten die Polizisten Fotos der Durchsuchungen. Auf einem Bild, das das Wohnzimmer eines der Tatverdächtigen zeigt, erkannte der Händler eine seiner Lampen wieder, sie baumelte von der Decke. Offenbar hatte der Verdächtige Freude an schönen Leuchten, ansonsten aber wohl eher wenig Gespür für Inneneinrichtung. „Optisch passte die da überhaupt nicht rein“, sagt Vorderstrase.

Seinen betroffenen Kunden – insgesamt fünf – hat er die Ware über einen anderen Paketversand erneut zugeschickt. DHL habe ihm den finanziellen Schaden zwar irgendwann erstattet, der Weg dorthin sei aber kompliziert gewesen und hätte viele Nerven gekostet, sagt Vorderstrase. Obwohl der Ausgang des Strafverfahrens offen ist, hatte der Fall schon jetzt Konsequenzen für die Beschuldigten. „Alle drei arbeiten nicht mehr für DHL“, sagte eine Sprecherin.

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