50 Jahre „Das Ding“So haben sich Clubszene und Studentenleben in Köln verändert

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An Nikolaus im Jahr 1968 eröffnete „Das Ding“. In der Mitte: der verstorbene Mitgründer Dieter Wedell.

An Nikolaus im Jahr 1968 eröffnete „Das Ding“. In der Mitte: der verstorbene Mitgründer Dieter Wedell.

  • „Das Ding“ feiert seinen 50. Geburtstag – am 6. Dezember 1968 wurde der Studentenclub in Köln erstmals eröffnet.
  • Ding-Chefin Claudia Wecker spricht im Interview über Veränderungen in der Clubszene, den Einfluss von Handys auf Clubs und den Longdrink-Hype.
  • Und sie verrät, wie der Geburtstag des Clubs gefeiert wird.

Köln – Es sollte ein Club von Studenten für Studenten werden, den Dieter Wedell und Harald Riemer während ihrer Studienzeit 1968 eröffneten. Ein Plan, der aufging und nun seit 50 Jahren funktioniert – nicht zuletzt wegen sehr günstigen Angeboten an Bier, Schnaps und Sekt.

„Das Ding“ überlebte das Rauchverbot und ist heute der älteste Studentenclub Europas. Wedell verstarb bereits im Jahr 1990, Riemer ist mit 80 Jahren noch heute stiller Teilhaber. Geleitet wird „Das Ding“ seit 29 Jahren von den Geschäftsführern Claudia Wecker und Bernd Hahne. Im Interview spricht Wecker über Veränderungen in der Clubszene, Einflüsse der Digitalisierung und den Flaschenbier-Hype.

Frau Wecker, eröffnet wurde der Club von Studenten für Studenten. Mittlerweile ist „Das Ding“ ein mittelständischer Betrieb. Was hat sich dadurch verändert?

Wir haben immer noch unseren Werbeslogan „Von Studenten für Studenten“, weil unser Personal weitestgehend aus Studenten besteht. Ebenso wie unsere Gäste. Und Bernd und ich haben beide studiert, als wir hier angefangen haben. Verändert hat sich eher etwas durch die verschiedenen Generationen. Zum Beispiel gab es in den 90ern diese Girlie-Zeit: die Leute hatten einen bestimmten Lifestyle, haben sich auf gewisse Weise gekleidet, eine besondere Art von Musik gehört und andere Getränke getrunken. Das wechselte aber meistens alle vier bis fünf Jahre. Wobei es mittlerweile viel schneller geht. Die Digitalisierung ist da ein Thema. Die Dinge sind schnelllebiger, wodurch wir auch schneller reagieren müssen. Vor ungefähr zwei Jahren hat sich etwa innerhalb einer Woche das komplette Trinkverhalten geändert. Das hatte ich bisher so noch nie erlebt.

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Inwiefern?

Mehr als zehn Jahre gab es einen Flaschenbier-Hype. Bier-Mix-Getränke liefen wie Hölle, immer auf dem gleichen Niveau. Aber irgendwann, zwischen September und Oktober, als die neue Studenten-Generation kam, war das plötzlich total out. Alle tranken auf einmal nur noch Longdrinks und Shots.

Gibt es einen Unterschied zwischen den Studenten damals und heute?

Ja, definitiv. Früher waren 16 bis 17 Semester fast Regelstudienzeiten. Mittlerweile sind die Studiengänge sehr verschult und die Studenten mit 24 Jahren fertig. Man merkt, dass es unter der Woche immer schwieriger wird, junge Leute dazu zu bewegen, in einen Club zu gehen. Klar, sie müssen früh raus am nächsten Morgen und um acht Uhr in der Uni sein. Da ist Netflix dann interessanter. Wir haben uns die Vorlesungen damals noch auf 12 Uhr gelegt, wenn wir Lust darauf hatten. Die heutigen Studenten haben dadurch deutlich weniger Zeit für Partys. Das Leben ist teilweise zu ernst geworden.

Wie wirkt sich das auf die Clubszene in Köln aus?

In den 90ern war es noch relativ einfach, einen Club zu betreiben. Man hat die Tür aufgemacht und Spaß verkauft. Heute muss man viel mehr tun, um Leute zum Spaß zu motivieren und vor allem dazu zu bringen, mal von ihrem Handy hochzuschauen. Die machen Fotos und Videos – Hauptsache, sie bekommen 70 Likes. Das tut mir manchmal wirklich leid, weil sie so die soziale Interaktion miteinander verpassen. Aber die Digitalisierung hat noch weitere Auswirkungen: Wir mussten früher in die Kneipe gehen, um Freunde zu treffen. Heute macht man Facebook oder Instagram auf und kann sehen, was die Freunde machen, mit ihnen chatten. Und man muss zum Teil auch nicht mehr rausgehen, um einen neuen Partner kennenzulernen. Aber dieses Thema beschäftigt alle Gastronomen.

Hintergrund und Feier

Claudia Wecker hat Archäologie und Germanistik in Köln studiert, als sie 1989 im Ding, Hohenstaufenring 30-32, anfing zu arbeiten. Und dort ist sie bis heute geblieben, ihr Studium hat sie nie beendet: „Archäologie ist immer noch meine Leidenschaft, aber ich habe es nie bereut“, so die 50-Jährige, die gemeinsam mit Bernd Hahne den Club leitet.

Der 50. Geburtstag am 6. Dezember wird natürlich im Rahmen einer Party gefeiert. Los geht es um 21 Uhr. Es wird einige Überraschungen geben. Zudem tritt Sänger Ben Randerath um 0 Uhr auf. (kle)

Sie haben dennoch den Pachtvertrag um zehn Jahre verlängert...

Ja, da hat unsere Hand bei der Unterschrift aber auch gezittert. Das ist eine echt lange Zeit. Wer weiß, vielleicht ist es in fünf Jahren so, dass man den Laden gar nicht mehr aufmacht, sondern jeder eine Virtual-Reality-Brille anhat und man die Party in die Studentenwohnung überträgt. Aber ich hoffe, wenn es so weit ist, dass wir auch das gemeistert bekommen.

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